Der Präsident als bösartiger Narziss im Weißen Haus
Ein neues Buch über Donald Trump zieht seine Wucht aus seiner Sachlichkeit
Washington Es ist wie ein langer Faktencheck, der gerade wegen seiner Unaufgeregtheit so irritiert. „Trump im Amt“, das neue Buch des US-Investigativ-Journalisten David Cay Johnston, erschien am Dienstag auf Deutsch. Es bietet eine sehr gute Gesamtschau der wichtigsten Skandale, der Klagen und Vorwürfe, Halbheiten und Merkwürdigkeiten, Fehltritte und Pleiten, die Trump begleiten. „Trump verhält sich, wie ich es vorausgesagt habe“, sagt Johnston. „Zunehmend erratisch, faul – manchmal arbeitet er nur fünf Stunden – und offen rassistisch.“
Johnston, 69, hat die Fakten für sein Buch sämtlich belegt. Das Reißerische von „Fire and Fury“, das seit Tagen über die USA hinaus hohe Wellen schlägt, liegt dem Werk fern. „Trump im Amt“ ist bei weitem nicht so boulevardesk wie das Buch von Michael Wolff. So geballt zusammengestellt, macht es die schiere Existenz der Präsidentschaft Trump schwer nachvollziehbar. Johnston zeichnet Trump ohne Mitleid: „Ein Trickbetrüger und bösartiger Narziss mit der emotionalen Reife eines Dreizehnjährigen.“ Der seine Schulden nicht bezahle, Leute übers Ohr haue, windige Geschäfte liebe, Verbindungen zur Mafia habe. Eine gestörte Persönlichkeit, aufmerksamkeits- und rachsüchtig, ungetrübt von jeglicher Kenntnis von Politik oder Welt.
Alle bisherigen Präsidenten der USA habe geeint, dass sie zumindest auf irgendeine Weise das Wohl der USA im Blick gehabt hätten, schreibt Johnston. „In der Präsidentschaft Trump geht es jedoch einzig und allein um Donald Trump. Punkt. Ende.“ Trump habe in Windeseile eine Kleptokratie eingeführt, deren einziges Ziel die Gewinnmaximierung sei. Dabei kenne sich Trump in Finanzökonomie überhaupt nicht aus. Als Belege persönlicher Bereicherung dienen Johnston unter anderem Gelder aus Trumps Golfklubs und Bauten oder die Verflechtung von Politik und Geschäft im Hotel „Trump International“ in Washington.
Johnstons Schilderungen sind mitunter fast quälend akribisch. Im gesamten Staatsapparat sieht er „politische Termiten“ von Trump installiert, um hinderliche Regulierungen abzubauen. Der Pulitzerpreisträger schildert den Abbau ganzer Abteilungen in Ministerien, die Trump politisch nicht mehr genehm waren. Dabei geht es etwa um Arbeitsplatzsicherheit, um Gesundheits- und Umweltschutz, um tiefe Eingriffe in das Justiz- oder das Bildungssystem oder die Demontage der Wissenschaften. Eine Kapitelüberschrift lautet „Geld vor Geist“. Im Land der Nobelpreisträger.
Frage: Warum gibt es gegen solchen Umbau vonseiten der Republikaner so wenig Widerstand? Antwort: „Trump ist der Kopf einer Gang. Und diese Milliardärsbande hat klargemacht, dass sie jeden republikanischen Abgeordneten zerstören wird, der sich ihr in den Weg stellt.“ Johnston sieht das Fortbestehen der republikanischen Partei existenziell bedroht. Die USA seien zu einer Kakistokratie verkommen, einer Herrschaft der Schlechtesten einer Gesellschaft. Das Land stehe nun entweder vor dem Untergang der zweiten Republik oder vor dem Beginn einer neuen Bewegung: mehr Gleichheit, weniger Kriegstreiberei, mehr soziales Verantwortungsgefühl. „Trumps Präsidentschaft hat viele in der Mitte aufgeweckt, ebenso Liberale und Progressive“, sagt Johnston, darauf gründe er etwas Optimismus.
Den Medien wirft Johnston vor, sie zitierten Trump nie ganz, immer nur in Auszügen, weil der Rest so wirr sei. Damit täten sie Trump einen Gefallen, habe die amerikanische Öffentlichkeit doch so keine Ahnung von dem oft zusammenhanglosen Gefasel ihres Präsidenten.
Außenpolitisch fällt Johnstons Urteil wenig besser aus. Trump helfe diktatorischen, autokratischen Regierungen wie in China, Ägypten, Russland, Saudi-Arabien, den Philippinen und der Türkei. „Er hat wiederholt gesagt, dass er Krieg mag und dass er Atomwaffen ,natürlich‘ einsetzen werde. Wenn der Einsatz einer taktischen Atomwaffe seine Präsidentschaft retten würde – Trump würde das im Handumdrehen tun“, sagt Johnston.
Der Autor zieht auch über den Zustand der USA eine schonungslose Bilanz: „Amerikas Demokratie ist schon sehr viel länger in Gefahr.“ Dass Millionen für einen „von Fakten unbeleckten Trickbetrüger“ gestimmt hätten, sage mehr über Amerika aus als über Trump. Der sei nicht die politische Krankheit, die die USA befallen habe, sondern ihr Symptom. Martin Bialecki, dpa
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