Reicht Hartz IV zum Leben? So neoliberal-kühl und abgehoben der designierte Gesundheitsminister Jens Spahn auch klingt: In der Sache hat er recht.
Je hitziger eine Debatte geführt wird, umso hilfreicher ist ein Blick auf die Fakten. Nehmen wir ein Ehepaar mit zwei Kindern, vier und zwölf Jahre alt, das auf Hartz IV angewiesen ist. Es erhält heute 1284 Euro im Monat und je nachdem, wo die Familie lebt, im Schnitt noch einmal 644 Euro für die Wohnung und die Heizung. Macht 1928 Euro, zusätzliche Leistungen wie die kostenlose Krankenversicherung, Schulbücher oder Zuschüsse für Klassenfahrten nicht mitgerechnet. Kommt ein drittes Kind dazu, werden aus 1928 Euro schon 2381 Euro. Bei einem Alleinstehenden sind es zwar nur vergleichsweise bescheidene 737 Euro, viele Friseusen aber verdienen heute nur unwesentlich mehr.
Große Sprünge können mit solchen Summen weder eine Friseuse noch die Familie in unserem Beispiel machen. Im Umkehrschluss allerdings bedeutet das nicht, dass die Regelsätze in Hartz IV zu niedrig sind oder die Armut in Deutschland gar rasant zunimmt. Im Gegenteil. Das nach seinem Erfinder, dem früheren VW-Vorstand Peter Hartz, benannte System, soll existenzielle Not ja gerade verhindern, indem es ein Mindestmaß an Einkommen und sozialer Teilhabe ermöglicht, finanziert von der Solidargemeinschaft der Steuerzahler und für jeden von uns da, der seinen Lebenunterhalt nach dem Verlust eines Arbeitsplatzes oder einem anderen Schicksalsschlag nicht mehr selbst bestreiten kann. Jens Spahn, der designierte Gesundheitsminister, hat deshalb recht: Hartz IV sichert jedem in Deutschland das, was er zum Leben benötigt.
Beste Sozialpolitik ist eine gute Beschäftigungspolitik
So neoliberal-kühl und abgehoben das aus dem Munde eines Sozialpolitikers mit fünfstelligem Monatseinkommen auch klingen mag: Der Staat lässt seine Bürger nicht im Stich. Die Berechnung der Regelsätze, die zum Jahreswechsel um 1,7 Prozent angehoben wurden, folgt klaren, nachvollziehbaren und vom Verfassungsgericht gebilligten Kriterien, indem sie sich an der Entwicklung der Preise und der Nettolöhne orientiert. Sie aus falsch verstandener Fürsorglichkeit über dieses Maß hinaus zu erhöhen, wäre kontraproduktiv.
Je großzügiger die staatliche Hilfe bemessen ist, umso geringer wird der Anreiz für ihre Bezieher, sich wieder eine Arbeit zu suchen. Anders als bei der ehemaligen Sozialhilfe sollen Arbeitslose sich bei Hartz IV ja nicht mehr bis zur Rente im Status quo einrichten, sondern zumindest mittelfristig wieder auf eigenen Beinen stehen. Dazu steckt die Bundesagentur für Arbeit Jahr für Jahr Milliarden in Förder- und Wiedereingliederungsprogramme für Langzeitarbeitslose oder zahlt Unternehmen, die sie einstellen, gleich einen Zuschuss zu den Lohnkosten. Die beste Sozialpolitik ist schließlich noch immer eine gute Beschäftigungspolitik.
Volkswirtschaft profitiert bis heute von Agenda 2010
Nicht jeder, der heute Hartz IV bezieht, wird deshalb morgen schon wieder sein eigenes Geld verdienen. Alleinerziehende Mütter etwa sind oft auf Jahre hinaus auf staatlichen Beistand angewiesen – und viele andere, denen es ähnlich geht, werden Jens Spahn jetzt für einen Politiker halten, der jede Bodenhaftung verloren hat. Unterm Strich jedoch ist das System nicht so schlecht und ungerecht, wie es von Sozialverbänden, der Linkspartei oder den Gewerkschaften gerne gemacht wird. In kaum einem anderen Land leistet der Sozialstaat heute mehr – weil ein beherzter Kanzler seinen Zusammenbruch gerade noch rechtzeitig verhindert hat.
Die Entscheidung, Arbeitslose nicht nur zu fördern, sondern sie auch zu fordern, war eines der zentralen Elemente von Gerhard Schröders Agenda 2010, von der unsere Volkswirtschaft bis heute profitiert. Sie erst hat Deutschland so stark gemacht, dass es sich eine Sozialpolitik leisten kann, um die uns viele andere Länder beneiden.
Die Diskussion ist geschlossen.
Wir hatten ausgeplünderte Landschaften des Helmut Kohl. Die Entwicklung der Jagd von Treuhand und Anderen war dieses Konstrukt Hartz IV.
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Es fasst den Begriff „Mindest“ als staatliches Ziel zusammen. Von MINDESTlohn, MINDESTstandards bis hin zu MINDESTrenten, die die selbstverständliche Folge von MINDESTeinkommen/löhnen sind. Dazu Zeitarbeit, verbunden wiederum mit den Unsäglichkeiten, die so oft beschrieben wurden, dass man sich als Bürger wundert, dass ein angeblich gestandener, zukunftsträchtiger Politiker hier ARMUT verneint.
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Nein, Hartz IV ist der Armutsstandard, der unter dem Kanzler der Bosse erdacht und umgesetzt wurde. An dem heute noch Alleinstehende mit Kindern, Rentnern und Menschen leiden, die der zu oft freien Willkür von Sacharbeitern ausgesetzt sind.
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Diese Diskussionen von Angela Merkels politischem Anfang beschreiben genau den politischen Hochmut, der nicht zur Kenntnis nimmt, dass die Folgen von Hartz IV KEINE Teilhabe an Gesellschaft möglich macht. Das aber ist die Zeit von gestern. Herr Spahn ein Gestriger, der sich den heutigen Aufgaben entzieht.
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Und Rudi Wais? Er rechnet uns vor. Und verschweigt, warum zu viele Eltern oder Alleinerziehende nicht in die Selbstverständlichkeit von Schulmitteln gelangen. Warum Prozesse geführt müssen wegen einer Klassenfahrt usw..
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Und es kommt der Spruch des Rudi Wais: Viele Friseusen verdienen heute nur unwesentlich mehr. Wum, das sitzt. Zeigt es doch, dass das Propagieren der untersten Standards immer noch akzeptiert ist. Schlimm, Herr Wais. Denn aus solchen Löhnen können NIE Renten entstehen, die Armut später verhindern.
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Wais‘ Satz „Hartz IV sichert jedem in Deutschland das, was er zum Leben benötigt“ ist infam und boshaft (natürlich in meinen Augen)und entspricht eben NICHT den Realitäten.
Die Tafeln sind der untrügliche Beweis dafür, dass sich unser Staat aus einer weiteren Aufgabe verabschiedet hat. Und NICHT willens ist, seine Pflichten zu erfüllen.
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Natürlich hat Spahn jegliche Bodenhaftung verloren. Und die Unterteilung des Rudi Wais, betreffend unsere Gesellschaft, mit Ausgrenzung des Beurteilungsvermögens, von Sozialverbänden, Linkspartei und Gewerkschaften, ist unglaublich. DAS ist aber künftig der Boden, auf dem Merkel IV ab morgen stehen wird.
"Hartz IV sichert jedem in Deutschland das, was er zum Leben benötigt"
Was ein Betroffener zum Glück garantiert nicht benötigt, ist eine Gazette wie die AZ, in der ihm erklärt wird, wie toll ihn Vater Staat alimentiert und die einen Widerling, wie diesen bestens versorgten Tarantino-Verschnitt und Rentner-Hasser Spahn hochjubelt.
Die Agenda 2010 war nachweislich ein Projekt Gerhard Schröders, dem deutschen Arbeitsmarkt billige Arbeitskräfte zur Verfügung zu stellen (um Deutschland auf Kosten von gering qualifizierten Arbeitskräften und das Konstrukt Zeitarbeit konkurrenzfähig im internationalen Wettbewerb zu machen - wofür wir von ebendieser Konkurrenz auch gerügt werden)
Es ist deshalb an Zynismus kaum zu überbieten, wenn Herr Wais feststellt, dass Hartz4 zwar nicht üppig sei, eine Friseuse aber kaum mehr verdienen würde.
Wie schön, dass der Sozialstaat seine Bürger dann nicht im Stich lässt. Da kann sich Herr Wais ja beruhigt zurücklehnen: alles in bester Ordnung.
Der Skandal ist nicht Hartz4 in der Höhe seiner Leistungen, sondern dass AN gezwungen werden, Niedriglöhne und Zeitarbeitsverträge zu akzeptieren. Und die daraus resultierenden Folgen für ihr Alter.
Sie haben durchaus recht.
Insbesondere der Zynismus von Herr Wais mit dem Vergleich von Niedriglohn und Hartz IV stößt übel auf.
Man sollte auch bei allen Beiträgen das Originalzitat erwähnen um die unglaubliche Hetze gegen Herrn Spahn offensichtlich zu machen.
"Hartz IV bedeutet nicht Armut, sondern ist die Antwort unserer Solidargemeinschaft auf Armut".
Es gibt keine Hetze gegen Spahn, sondern vernünftige Reaktionen auf wirklichkeitsfremde Äußerungen.
Es kommt grundsätzlich nicht gut an, wenn ein Politiker nicht in der Lage ist, sich mit der Sache auseinander zu setzen.
Hartz IV so wie Grundsicherung bedeutet letztlich auch einen Verlust von Würde, insbesondere dann wenn Kinder mit betroffen sind. Vernünftige Kleidung zu kaufen, um nicht in der Schule verspottet zu werden, bedeutet schließlich um trockenes Brot und abgelaufene Lebensmittel an der Tafel zu bitten.
Hartz IV so wie Grundsicherung bedeutet Armut und ein Verlust von Würde. Eine Solidargemeinschaft als Antwort auf Armut ist absolut nicht zu sehen. Dass oftmals prekäre Arbeitsverhältnisse, Krankheit oder Alleinerziehung zum Betteln an der Tafel führt, scheint offensichtlich bei einigen auf taube Ohren zu stoßen.