Die AfD und der lange Schatten des Ronald Schill
In Hamburg will die AfD in ein westdeutsches Länderparlament einziehen. Doch es rumort im Landesverband. Der Eintritt einiger Ex-Mitglieder der Schill-Partei sorgt für Wirbel.
Wenn in Hamburg der Name Ronald Schill fällt, wird der Politikbetrieb sofort hellhörig. Kein Wunder, denken die meisten doch mit Kopfschütteln an jene Jahre zurück, als die Turbulenzen rund um den damaligen Innensenator Ronald Schill ("Richter Gnadenlos") bundesweit für Aufsehen sorgten. Und so kann es der Spitze der Hamburger Alternative für Deutschland (AfD) nicht gefallen, dass zuletzt von einem wachsenden Einfluss durch Mitglieder der früheren rechtspopulistischen Schill-Partei die Rede war.
Damit haben zumindest gleich vier Mitglieder des AfD-Landesvorstands - darunter der bisherige Sprecher Oliver Scholl - ihren Rückzug aus dem neunköpfigen Gremium begründet. Der Landesvorsitzende Jörn Kruse hält diese Argumentation für "schlicht absurd". Sie komme auch in keinem der Rücktrittsschreiben vor, die er erhalten habe, sagt er. Drei der vier zurückgetretenen Vorstandsmitglieder hätten bei Abstimmungen für die Listenaufstellung zur Bürgerschaftswahl im Februar 2015 verloren. "Sie sind beleidigt und sauer."
Ähnlich hört es sich bei dem AfD-Europaabgeordneten Hans-Olaf Henkel an. Der frühere Industriepräsident hat auch kein Problem damit, dass der ehemalige Schill-Partei-Fraktionsvize Dirk Nockemann auf Listenplatz 3 für die Wahl am 15. Februar steht und den Bereich Innere Sicherheit abdecken soll. Die Schill-Partei sei keine Partei gewesen, "in der nur Rechtsaußen saßen", sagt Henkel. Zweifel an Nockemann will er auch mit dem Hinweis beiseite wischen, dass dieser 2003/2004 in einem von der CDU geführten Senat unter Bürgermeister Ole von Beust Innensenator war.
AfD: "Ganz sicher nicht rechtspopulistisch"
Doch die Personalie Nockemann dürfte Wasser auf die Mühlen all jener sein, die die AfD klar rechts verorten. Die Hamburger Grünen-Chefin Katharina Fegebank sprach gar von "Schill 2.0". Und so ist Kruse bemüht herauszustreichen, dass sein Verband mit der früheren Schill-Partei nichts zu tun habe. "Unsere Partei ist ganz sicher nicht rechtspopulistisch."
Von einem großen Einfluss ehemaliger Gefolgsleute des exzentrischen Juristen Schill, der zuletzt nur durch seine TV-Auftritte im "Promi Big Brother" auffiel, könne keine Rede sein. "Derzeit haben wir etwa 500 Mitglieder im Landesverband, davon sind etwa ein Dutzend ehemalige Schillianer. Die können von der Zahl her gar keinen Einfluss nehmen", sagt Kruse.
Und Nockemann? Auch dieser sei "keiner, der bei uns großen Einfluss hat". Doch der Verwaltungsbeamte dürfte im Wahlkampf eine wichtige Rolle einnehmen. Schließlich könnte er ein Themenfeld besetzen, das in der Hansestadt schon 2001 den Erfolg der Schill-Partei, die mit 19,4 Prozent in die Bürgerschaft einzog, ermöglicht hatte: die Innere Sicherheit. So verwundert es nicht, dass die AfD prompt mit der Forderung nach 500 weiteren Polizeistellen um Wähler werben will.
Alternative für Deutschland will in die Bürgerschaft
Nach den Spätsommer-Wahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg, wo der AfD-Erfolg die etablierten Parteien aufschreckte, peilt die Partei in Hamburg den erstmaligen Einzug in ein West-Parlament an. Und die Chancen dürften auch mit Blick auf das Dauerchaos in der Hamburger FDP nicht schlecht stehen. Dort trat nur sechs Wochen nach der früheren Parteichefin Sylvia Canel auch noch deren kommissarischer Nachfolger Dieter Lohberger zurück - ein gefundenes Fressen für die AfD, deren Landeschef Kruse sich als ehemaligen FDP-Wähler bezeichnet und bürgerliche Klientel ansprechen will.
"Wir wollen zeigen, dass wir nicht nur im Osten erfolgreich sein können", gibt Henkel als Losung aus. Nach Ansicht des zurückgetretenen Vorstandsmitglieds Scholl wird dies aber durch Nockemann und Co. erschwert: "Der Name Schill ist völlig verbrannt. Das gefährdet in Hamburg den Wahlerfolg." dpa
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