Die SPD will Sarrazin ausschließen
Zwei Versuche sind bereits gescheitert
Es ist ein Glaubenskampf der besonderen Art, zwei Mal schon biss sich die SPD die Zähne aus an Thilo Sarrazin. Seit 1973 SPD-Mitglied sieht er nicht ein, dass er gegen Grundsätze der Partei verstoße, wenn er aus seiner Sicht nur die Augen für dramatische Überfremdungsentwicklungen in Deutschland zu öffnen versuche. „Hätte die SPD seit 2010 mehr auf mich gehört, dann gäbe es heute keine AfD im Deutschen Bundestag“, sagte er letztens auf der Frankfurter Buchmesse. Dort stellte er sein neues Buch vor: „Feindliche Übernahme. Wie der Islam den Fortschritt behindert und die Gesellschaft bedroht.“
Kurz vor dem Weihnachtsfest liefert ihm die SPD-Spitze noch einmal ungewollt Werbung für das Werk. Denn am Montag hat der Parteivorstand nun Anlauf Nummer drei gestartet, um den früheren Spitzenbeamten, Staatssekretär, Berliner Finanzsenator und Bundesbankvorstand aus der Partei zu werfen. „Im August haben wir uns entschieden, die Äußerungen von Thilo Sarrazin erneut prüfen zu lassen“, betont Generalsekretär Lars Klingbeil.
Ein nun vorliegender Bericht einer Untersuchungskommission komme zu dem Schluss, „dass Sarrazin Thesen propagiert, die mit den Grundsätzen der SPD unvereinbar sind und der Partei schweren Schaden zufügen“. Der Vorstand habe beschlossen, ein erneutes Parteiordnungsverfahren zu starten. „Unser Ziel ist es, Thilo Sarrazin aus der SPD auszuschließen.“ Allerdings sind die Regeln dafür sehr streng. Die heutige SPD-Chefin Andrea Nahles war bereits als Generalsekretärin an den ersten beiden gescheiterten Ausschlussverfahren beteiligt. Nach dem bisher letzten Versuch infolge seines Buchs „Deutschland schafft sich ab“ hatte Sarrazin in einer Erklärung versichert, sich nicht parteischädigend zu verhalten. Diese Erklärung dürfte in dem neuen, mehrmonatigen Verfahren eine Rolle spielen. Sarrazin argumentiert, nur entstandene Zustände zu beschreiben, nicht aber rassistisch zu argumentieren. Eine der zentralen These ist, dass Deutschland eine schleichende Spaltung der Gesellschaft durch die starke Zunahme von Einwanderern muslimischen Glaubens drohen könnte.
Die Parteistatuten sehen vor, dass ein Ausschluss erfolgen kann, wenn das Mitglied „erheblich gegen die Grundsätze oder die Ordnung der Partei verstoßen hat“. Sarrazins neues Buch „Feindliche Übernahme“ über den Islam wurde geprüft, zudem wurden Auftritte wie bei AfD-nahen Veranstaltungen unter die Lupe genommen. Sein bisheriger Verleger hatte sich geweigert, das neue Buch zu veröffentlichen, da es ein Bild des Islams zeichne, das „einer Geißel der Menschheit gleichkommt“.
Sarrazin selbst ist sich keiner Schuld bewusst. „Ich weiß, dass ich in meinem neuen Buch „Feindliche Übernahme“ keine sozialdemokratischen Grundsätze verletzt habe“, sagte er der Passauer Neuen Presse. Er arbeite mit Fakten, auf deren Basis er seine Argumentation aufbaue. Er sei seit 45 Jahren SPD-Mitglied und seine politischen Grundeinstellungen hätten sich „in diesen 45 Jahren nicht verändert“. Von dem Beschluss des Vorstandes habe er aus den Medien erfahren. (dpa)
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