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Türkei
30.07.2015

Die Türkei nach dem IS-Attentat: Mord, Vergeltung, Eskalation

Die Opfer von Suruc: 32 linke und kurdische Studenten starben am 20. Juli durch das Selbstmord-Attentat eines türkischen IS-Anhängers.
Foto: John Thys, afp

Nach dem Attentat eines IS-Kämpfers in der Türkei ist der Friedensprozess mit den Kurden schlagartig abgebrochen. Steckt hinter Gewalt und Gegengewalt ein eiskaltes Machtkalkül?

Ziya Sarpkaya ahnt nichts von der Gefahr, die ihm droht. Der 27-jährige türkische Soldat nutzt einen freien Vormittag für Besorgungen. Zur Bank wolle er, sagt Sarpkaya am Handy seinem Vater. Der junge Türke ist in Semdinli stationiert, einer kurdischen Stadt im Dreiländereck von Türkei, Iran und Irak im äußersten Südostanatolien.

Lange war es in Semdinli einigermaßen ruhig, doch seit dem Tod von 32 linken und kurdischen Aktivisten beim Anschlag von Suruc vergangene Woche wachsen die Spannungen im Land wieder. Sarpkaya denkt sich offenbar nichts dabei. Am Dienstag dieser Woche, kurz vor Mittag, geht er in Zivil zum Markt und dann zur Bank, wie ein ganz normaler Bürger in einem ganz normalen Land.

Sarpkayas Vater hört am Handy mit, wie sein Sohn am Geldautomaten mit einem Unbekannten spricht. Dann fällt ein Schuss, die Verbindung bricht ab. Der Unbekannte hat seinem Sohn in den Kopf geschossen. Wenig später stirbt der junge Sarpkaya im Krankenhaus.

Die Türkei schaltet zurück auf die Werkseinstellung

Eine friedliche, stabile und wohlhabende Türkei schien im letzten Jahrzehnt zum Greifen gerückt nahe zu sein, nach Jahren und Jahrzehnten der Gewalt zwischen Türken und Kurden hofften die Menschen auf eine glückliche Zukunft. Doch innerhalb weniger Tage macht die Türkei nun ihre mühsam erkämpften Fortschritte bei Demokratisierung und gesellschaftlichem Ausgleich wieder zunichte – unvermittelt schaltet das Land wieder zurück auf die Werkseinstellung: Gewalt, Druck und Angst. Und die Türken fragen sich: War alles nur ein Traum?

Die Regierung schickt Kampfflugzeuge gegen Kurden, die Kurdische Arbeiterpartei (PKK) ermordet Soldaten und Zivilisten, in den Städten müssen die Menschen mit der ständigen Angst vor Anschlägen leben, Politiker rufen nach Parteiverboten und strafrechtlicher Verfolgung gewählter Volksvertreter: Fast über Nacht findet sich die Türkei in der Atmosphäre der gewalttätigen 1990er Jahre wieder, als der Krieg zwischen der Armee und der PKK seinen blutigen Höhepunkt erlebte und als es jeden Tag neue Todesopfer zu beklagen gab. Es ist, als hätte es die EU-Reformen, die politische Öffnung, den demokratischen Aufbruch und die Versuche zur friedlichen Beilegung des Kurdenkonflikts nie gegeben.

„Der Traum ist ausgeträumt“, sagt Meral Cildir. „Alle sind jetzt aufgewacht.“ Die stellvertretende Vorsitzende des türkischen Menschenrechtsverbandes IHD blickt aus ihrem Istanbuler Büro auf eine Gasse, in der sich Möwen und Straßenkatzen um den Inhalt von Müllsäcken streiten. An der Tür kleben alte Plakate mit Aufrufen zu Demonstrationen, im Büro füllen Ordner mit Prozessakten, Briefen von Häftlingen und Pressemitteilungen die Regale.

Der IHD ist die angesehenste Menschenrechtsorganisation im Land und setzt sich vor allem für die Kurden ein. Cildir, 57, stammt selbst aus dem südostanatolischen Urfa und hat kurdische, armenische und tscherkessische Vorfahren. Sie hat den Militärputsch von 1980 erlebt und den Tod ihrer Schwester, die damals erschossen wurde. Die Schuldigen wurden nie gefunden.

Mit dem 20. Juli, dem Tag des Bombenanschlags auf eine Versammlung kurdischer Studenten im südosttürkischen Suruc, die der vom IS zerstörten Stadt Kobane in Syrien helfen wollten, hat eine neue schlimme Zeit begonnen in der Türkei, sagt Cildir. „Wir befürchten, dass alles noch schlimmer wird als in den 1990er Jahren.“

Nach dem Attentat von Suruc hatte sich die PKK zu den Morden an zwei Polizisten bekannt, denen sie eine Zusammenarbeit mit der Terrormiliz IS unterstellte. Auch der Mordanschlag auf den Soldaten Sarpkaya in Semdinli trägt die klare Handschrift der PKK. Nicht nur die Gewalt der PKK erinnert an dunkle Zeiten, sondern auch die Reaktion des Staates. In Semdinli rattern nach dem Mord an Sarpkaya die gepanzerten Fahrzeuge durch die Straßen, während Militärhubschrauber im Tiefflug über die Stadt donnern.

Kampfjets bombardieren seit der vergangenen Woche immer wieder Stellungen der PKK. „Es ist unmöglich, einen Friedensprozess mit denjenigen fortzusetzen, die die nationale Einheit bedrohen“, hatte Staatschef Recep Tayyip Erdogan erklärt. In Diyarbakir, der inoffiziellen Kurdenhauptstadt der Türkei, sehen die Menschen täglich, wie die F-16-Flugzeuge der türkischen Luftwaffe zu den Einsätzen aufsteigen. Rund 200 PKK-Mitglieder sollen bisher getötet worden sein.

Das türkische Fernsehen zeigt Bilder weinender Mütter

Alle wissen zwar, dass die Kurdenrebellen damit nicht kleinzukriegen sein werden, schließlich hat das auch in mehr als 30 Jahren Krieg nicht funktioniert. Doch nach Jahrzehnten des Kurdenkonflikts und auch nach mehr als zwei Jahren Waffenruhe bleibt tödliche Gewalt auf beiden Seiten die reflexartige Reaktion Nummer eins. Der türkische Staat und die PKK machen einfach dort weiter, wo sie beim Beginn des Waffenstillstandes im Jahr 2013 aufgehört haben.

Und so laufen im türkischen Fernsehen wieder die Bilder weinender Mütter, die ihre bei der Armee dienenden Söhne verloren haben. Bei den Beisetzungen kündigen Politiker vor den fahnenbedeckten Särgen eine Fortsetzung der Militäraktionen an. Selbst die Wörter, mit denen Regierung und Medien die Auseinandersetzungen beschreiben, sind dieselben wie die in den schlimmen alten Zeiten. Getötete Soldaten sind „Märtyrer“, die PKK-Mitglieder sind „Verräter“ und „Mitglieder der separatistischen Terrororganisation“.

Viele in der Türkei glauben, Erdogan begreife den Terroranschlag des IS von Suruc vergangene Woche als Chance, um nicht nur gegen die Islamisten, sondern vor allem gegen die Kurden vorgehen zu können. Der Präsident hat demnach die neue Konfrontation bewusst geschürt, um auf diese Weise die Wahlschlappe seiner Partei AKP vom Juni auszubügeln.

Bei der Wahl hatte die AKP ihre Mehrheit im Parlament nach mehr als zwölf Jahren an der Macht verloren. Nun strebt Erdogan nach Meinung von Kritikern rasche Neuwahlen an und will bis dahin die legale Kurdenpartei HDP politisch sturmreif schießen: Wenn die HDP, die im Juni 13 Prozent der Stimmen erhielt, unter zehn Prozent rutscht und aus dem Parlament ausscheiden muss, schnellt die Zahl der Sitze für die AKP nach oben. Wenn der Plan funktioniert, kann Erdogan dann vielleicht doch noch das von ihm propagierte Präsidialsystem in der Türkei einführen. Gegen Oppositionsführer Selahattin Demirtas und seine Stellvertreterin von der HDP ermittelt bereits die Justiz.

Offenbart sich eine eisenharte Tradition des türkischen Staates?

Ist die Rückkehr zu den Methoden, der Rhetorik und den Frontstellungen der neunziger Jahre also nur eiskalte politische Kalkulation? Einige glauben, dass sich hier mehr als nur Erdogans Ehrgeiz offenbart: nämlich eine eisenharte Tradition des türkischen Staates im Umgang mit Dissens.

Über einen Stapel von Hilfeersuchen aus dem Gefängnis gebeugt, seufzt Meral Cildir. Sie teilt diese Einschätzung: Mit seinem Auftreten seit dem 20. Juli stelle sich Erdogan in die Tradition des türkischen Staates, der seine „rassistisch-nationalistische Position“ niemals wirklich aufgegeben habe. Und die Kurden würden weiter als Bedrohung und Terroristen gesehen.

Dennoch. Obwohl das Land in längst überwunden geglaubte Zeiten zurückzufallen droht, bleibt Cildir zuversichtlich, was die Zukunft angeht. Die Türkei ist nicht mehr dasselbe Land wie in den 1990ern. Die Türken sehen den Staat nicht mehr als unfehlbare Obrigkeit, es gibt jetzt viel mehr Menschen, Vereine und Organisationen, die weiter für Demokratie und Menschenrechte kämpfen. „Heute weht ein anderer Wind“, sagt sie. Der Friedensprozess habe zwar einen Rückschlag erlitten, sei aber noch nicht irreparabel beschädigt. „Deshalb gebe ich die Hoffnung nicht auf.“

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