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Interview
08.06.2017

"Die meisten Prostituierten sind keine Opfer", sagt diese Domina

Johanna Weber ist Sprecherin des Berufsverbandes für erotische und sexuelle Dienstleistungen e.V. Und Domina.
Foto: Johanna Weber

Johanna Weber ist Sprecherin des Berufsverbandes für erotische und sexuelle Dienstleistungen e.V. - und Domina. Dem Prostituiertenschutzgesetz kann sie nichts Positives abgewinnen.

Das Prostituiertenschutzgesetz , das am 1. Juli in Kraft tritt, wurde im vergangenen Jahr beschlossen. Was hat sich seitdem verändert?

Johanna Weber: Unser Berufsverband verzeichnet seitdem einen Mitgliederzuwachs. Zugleich spüren wir eine große Verunsicherung unter den Kolleginnen und Kollegen. Vor allem die Frauen haben förmlich Panik vor der Zwangsregistrierung als Prostituierte, die mit dem Prostituiertenschutzgesetz einhergeht. Wenn wir als Verband uns gegen diese Registrierung aussprechen, dann denken viele Menschen, dass wir uns vor dem Steuerzahlen drücken wollen. Aber darum geht es nicht, denn der Großteil von uns ist beim Finanzamt gemeldet - allerdings nicht als Prostituierte. Aufgrund der hohen Stigmatisierung unserer Tätigkeit ist es rechtlich erlaubt, dass wir eine andere Berufsbezeichnung angeben bei der Steuer. Rein aus dem Bauch heraus würde ich schätzen, dass 98 Prozent der Kolleginnen und Kollegen eine alternative Tätigkeit bei der Steuererklärung angeben.

In Ihrem Verband finden sich auch Bordellbetreiber. Wie passt das zusammen, Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einem Verband? Gerade in Ihrem Arbeitsumfeld könnte man da extreme Interessengegensätze vermuten.

Weber: Das ist dem typischen Schubladendenken geschuldet. Hier der böse, ausbeuterische Bordellbetreiber, dort die unterdrückte Prostituierte. Fakt ist, die meisten Prostituierten sind keine Opfer und die meisten Bordellbetreiber sind weiblich. Unser Verband steht jedem aktiven oder ehemaligen in der Sexarbeit Tätigen offen. Manche von uns haben lange selber gearbeitet und dann ein kleines Bordell, ein Studio oder einen Massagesalon aufgemacht. Wir haben keine einzige Inhaberin eines "Großbordells" oder "Saunaclubs" unter unseren Mitgliedern. Es sind nur solche Betriebe dabei, die so klein sind, dass die Inhaberinnen selber mitarbeiten müssen. Bei uns vermischen sich daher Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Dies auch, weil die Stigmatisierung unserer gesamten Branche so heftig ist, dass uns Sexarbeitenden die Bordellbetreiberinnen sehr nah sind, weil sie dieselbe gesellschaftliche Ablehnung erfahren.

Wie wird sich Ihrer Meinung nach das Prostituiertenschutzgesetz auf den Arbeitsalltag und die Privatsphäre der Sexdienstleister auswirken?

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Weber: Wir befürchten, dass das Gesetz viele Prostituierte in die Illegalität treiben wird. Denn ohne Registrierung machen sie sich spätestens mit dem Ende der Übergangsfrist am 31. Dezember 2017 strafbar. Viele Kolleginnen werden sich nicht registrieren. Zu groß ist die Angst vor dem Schandmal und den Folgen des Outings. Wer garantiert uns, dass die abgegebenen Daten nicht gegen uns verwendet werden? Beispielsweise in zivil- oder strafrechtlichen Prozessen. Mütter, die im Bordell arbeiten, haben Angst, das Sorgerecht ihrer Kinder zu verlieren. Unsere Daten könnten auch verloren gehen oder gehacked werden – damit macht man sich erpressbar. Prostitution ist leider immer noch kein "normaler" Beruf, daher ist das Doppelleben unser wichtigster Schutz. Viele machen diesen Job auch nur nebenbei oder vorübergehend. Ein Wechsel in ein anderes Berufsfeld könnte für uns unmöglich sein. Erst die Anonymität garantiert uns, ein normales Leben in dieser Gesellschaft führen zu können. Da Bordellbetreiber dazu verpflichtet sind, die Registrierung zu kontrollieren und nachzuweisen, werden mehr Sexdienstleister ihre Dienste in ungeschützten Räumen anbieten. Sei es in einem Auto, dem Haus des Kunden oder der freien Natur. Bordelle sind kein Hort des Bösen und der extremen Ausbeutung, sondern sie bieten auch Schutz und eine geregelte Auftragslage. Beispielsweise sind viele Sexdienstleistende alleinerziehend. Geregelte Arbeitszeiten in einem Bordell kommen ihnen entgegen.

Und die Privatsphäre?

Weber: Mit Inkrafttreten des neuen Gesetzes darf die Polizei jederzeit – auch ohne Durchsuchungsbefehl – die Privatwohnungen der Sexdienstleistenden betreten. Normalerweise gibt es ein Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung. Das wird in unserem Fall mit Füßen getreten.  Mit dem neuen Gesetz kann die Polizei sich Zugang zu jeder Privatwohnung verschaffen, bei der sie vermutet, die Bewohnerin könnte dort der Sexarbeit nachgehen. In der Praxis wird es zwar nicht oft vorkommen, die Polizei ist personell sowieso schon überstrapaziert. Dennoch verletzt das Gesetz ein Grundrecht aller in Deutschland lebenden Menschen. Das wird uns plötzlich verwehrt. Anstatt, dass uns das Gesetz schützt, grenzt es uns noch mehr aus. Genau an diesem Punkt setzen wir mit unserer Klage am Verfassungsgericht an.

Was hat es mit dem Ausweis auf sich?

Weber: Der Ausweis heißt natürlich nicht Prostituierten-Ausweis, aber im Grunde ist es einer. Zunächst muss jede in der Sexarbeit tätige Person zu einer Gesundheitsberatung. Mit dem Nachweis darüber kann dann die Registrierung als Prostituierte vorgenommen werden. Wo dies erfolgen soll, ist interessanterweise noch bei kaum einem Bundesland klar. Man bedenke, dass die Anmeldung ab Anfang nächsten Monats beginnen soll. Wie dieser Ausweis aussehen wird, ist auch noch nicht komplett geklärt. Sicher ist, der Ausweis muss ein Foto und einen Namen enthalten. Der Name kann auch der jeweilige Künstlername sein, was fast ein Witz ist, denn durch das Bild bin ich ja eh zu erkennen. Da die meisten Sexarbeitenden den Ausweis aber immer mit sich führen müssen, kommt dies einem Zwangsouting gleich und hat sicher nichts mit Schutz zu tun.

Glauben Sie an den Erfolg Ihrer Verfassungsbeschwerde?

Weber: Natürlich. Es wird ein langer Gang werden, aber wir wollen zumindest einzelne Punkte ändern oder streichen. Am wichtigsten sind uns die Punkte, die sich auf unsere Privatsphäre und unseren Arbeitsalltag auswirken.

Haben Sie konkrete Vorschläge, was am Gesetz geändert werden sollte?

Weber: Das Schlimmste ist die Registrierungspflicht. Die Gesetzesmacher haben unseren Berufsverband zwar in der Vorbereitung des Gesetzes gefragt, aber beherzigt wurden unsere wirklich sachlichen und pragmatischen Vorschläge nicht. Der Austausch erschien wie eine Alibi-Anhörung. Bedenklich finden wir auch die Auflagen für Bordelle. Wir haben nichts gegen vernünftige Regelungen, aber diese müssen auch zur Branche passen. Die geplanten Vorgaben führen eher zur Verschlechterungen unserer Arbeitsbedingungen, denn zu irgendeiner Optimierung. Außerdem werden sie zu Massenschließungen von kleinen und mittelständischen Bordellen führen. Diese befinden sich zumeist in Wohngebieten, wo sie nach der neuen Gesetzgebung nicht mehr sein dürfen. Somit fallen viele gute Arbeitsplätze weg, und die Vielfalt nimmt ab. Wir werden vermutlich gezwungen, in den wenigen verbleibenden Großbordellen zu den dort üblichen Regeln zu arbeiten.

Wie sehen Sie Zwangsprostitution und Menschenhandel in Ihrer Branche? Bekämpft das Gesetz zumindest diese Auswüchse?

Weber: Nach Angaben des Bundeskriminalamtes gab es im vergangenen Jahr 364 abgeschlossene Ermittlungsverfahren zu Menschenhandel zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung in Deutschland. Geht man davon aus, dass es Hunderttausende von Sexarbeitenden gibt, ist die Opferzahl marginal. Die Tendenz ist von Jahr zu Jahr sogar sinkend. Natürlich gibt es eine Dunkelziffer. Aber das größte Problem sind nicht die eindeutigen Straftatbestände, sondern die vielen Kolleginnen und Kollegen, die sich aus verschiedenen Gründen für die Sexarbeit entschieden haben, aber viel lieber etwas Anderes machen würden. Für sie gibt jedoch viel zu wenige oder gar keine Alternativen. So bleiben sie in der Sexarbeit stecken. Dort muss angesetzt werden. Dies kann geschehen durch Verbesserung der Arbeitsbedingungen, durch mehr Anerkennung, durch höhere Preise oder durch Schaffung von alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten für Migrantinnen und Migranten. Genau in diesen Bereichen haben die Politiker nicht mehr als Lippenbekenntnisse parat. Das Strafgesetzbuch kann hier genauso wenig helfen wie die Moralkeule. Für viele Menschen ist es unvorstellbar, dass es Prostituierte gibt, die mit der Arbeit zufrieden sind oder diese sogar gerne machen. Ich selber habe zum Beispiel kein Problem damit, Nähe und Intimität zuzulassen. Im Gegenteil, ich bin gerne den Menschen auch körperlich nah. Ich kann mich super gut abgrenzen. Und genau diese persönliche Grenzziehung ist etwas, was eine Sexarbeiterin können oder lernen muss. Im Grunde sollte jeder Mensch das können.

Letzte Frage: Sehen Sie etwas Positives am Prostituiertenschutzgesetz?

Weber: Nein.

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