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Interview
14.10.2011

Dunkle Flecken beim Verfassungsschutz

Der Kölner Dienstsitz des Bundesamtes für Verfassungsschutz Anfang der 1990er Jahre.
Foto: BfV, Uni Bochum, dpa

Zwei Historiker erforschen die Geschichte des Bundesamtes. Sie gehen der Frage nach: Welchen Einfluss hatten Alt-Nazis auf den Inlandnachrichtendienst?

Nach Bundesnachrichtendienst und Bundeskriminalamt lässt auch der Inlandsgeheimdienst seine Vergangenheit erforschen. Die Bochumer Historiker Constantin Goschler und Michael Wala befassen sich in den nächsten drei Jahren mit der Geschichte des Bundesamtes für Verfassungsschutz von 1950 bis 1975.

Herr Goschler, Herr Wala, Sie untersuchen das Verhalten einer Elite.

Goschler: Wir werden uns in einem ersten Schritt die oberen Ränge im Bundesamt für Verfassungsschutz anschauen, die man als Elite bezeichnen könnte. Aber es ist auch interessant zu sehen: Wie rücken Leute in herausgehobene Positionen auf? Sinken die Scham-Schwellen?

Wie viele Verfassungsschützer hatten Bezüge zum Nationalsozialismus?

Goschler: Das können wir bislang noch nicht sagen, da es lediglich zeitgenössische Schätzungen gibt. Und Durchschnittszahlen sagen ja auch nichts darüber aus, ob vielleicht in einzelnen Abteilungen eine besonders hohe Konzentration solcher Leute herrschte. Letztlich hängt die Antwort ganz wesentlich davon ab, wie man einen NS-Bezug oder eine NS-Belastung definiert.

Was verstehen Sie unter „NS-Belastung“?

Goschler: Es ist klar, dass es einen beträchtlichen Anteil an Mitarbeitern gegeben hat, der im weitesten Sinne eine NS-Vergangenheit und daraus resultierend eine NS-Belastung hatte, etwa weil er bei der SS oder Gestapo (Geheime Staatspolizei, die Red.) war. Wir verstehen uns aber nicht als nachträgliche Entnazifizierungs-Kommission. Historiker sind nicht die obersten Richter der Geschichte. Nein, wir wollen untersuchen, warum einer in seiner jeweiligen Zeit als belastet oder nicht belastet gegolten hat. Unser Ziel ist es nicht, eine präzise Prozentzahl anzugeben. Das Irritierende ist doch: Wie kann es sein, dass Leute, die gewissermaßen Verfassungsfeinde par excellence waren, zu Verfassungsschützern werden?

Wie kann es sein?

Goschler: Die Frage, wer belastet war oder nicht, wurde von den Zeitgenossen weniger nach Zugehörigkeit zu einer NS-Organisation beantwortet, sondern nach dem Kriterium: Ist jemand anständig geblieben? Es gab so eine Art Sündenbock-Verfahren: Man war der Auffassung, dass es nur ein paar wenige besonders schlimm getrieben haben. Auf die wurde die Schuld abgeladen.

Hat sich das in den 60er Jahren geändert? Damals gab es eine interne Untersuchung, nachdem ein Verfassungsschutzmitarbeiter behauptet hatte, dass im Bundesamt Seilschaften ehemaliger SSler am Werke seien.

Goschler: Es gibt zumindest immer wieder Gerüchte über diese Seilschaften. Wir werden versuchen herauszufinden, was es damit auf sich hat. Aber Seilschaften fertigen keine Protokollnotizen an.

Wala: Ob sich in den 60ern etwas im Bundesamt geändert hat? Ich habe den Eindruck, dass sich damals die jüngeren Mitarbeiter ein bisschen mehr gegen die „alten Kameraden“ zur Wehr setzten.

Sie könnten auf die eine oder andere Überraschung stoßen.

Goschler: Ich glaube nicht, dass es eine dicke Überraschung geben wird. Es würde mich eher wundern, wenn wir Überraschungen vom Kaliber des Falls Rauff erleben würden.

Im Zuge der Aufarbeitung der Vergangenheit des Bundesnachrichtendienstes (BND) wurde bekannt, dass der frühere SS-Standartenführer Walther Rauff nach dem Krieg als Agent Informationen über Fidel Castros Kuba beschaffen sollte. Rauff hatte die „Gaswagen“, also mobile Gaskammern, entwickelt.

Wala: Die eigentlich interessante Frage, die sich viele bei Rauff kaum gestellt haben, ist: Wie bedeutend ist das, was er in Diensten des BND gemacht hat? Inwieweit hat es etwas verändert, dass man ihn engagiert hat? Ich sage: Nichts hat es verändert, denn er hat ja nichts wirklich Wichtiges geliefert. Er hat keinen Zugang zu Castro bekommen. Goschler: Denken Sie an einen Eisberg. An der Spitze sind Leute wie Rauff. Wir wollen in unserer Studie eher die Größe des Eisbergs unter der Wasseroberfläche ausleuchten.

In welchen Teilen des Bundesamtes für Verfassungsschutz arbeiteten die meisten NS-belasteten Mitarbeiter?

Wala: Ich denke in der Spionageabwehr. Dort sind die ehemaligen Gestapo-Leute zuvörderst engagiert worden – mit dem Argument: Wir brauchen deren Expertise. Andere Abteilungen waren möglicherweise nicht so stark durchsetzt.

Ausgerechnet die Spionageabwehr.

Wala: Ja, und da wird es sehr spannend. Denn diese Leute waren erpressbar durch ihre Vergangenheit. Möglicherweise stoßen wir hier auf brisantere Vorgänge. Mal abwarten. Goschler: Die Leute mit NS-Vergangenheit waren in einer prekären Situation. Die wussten, dass man etwas über sie wusste. Das konnte Formen der Überanpassung zur Folge haben. Am unwahrscheinlichsten ist, dass sie so weiter machten wie vorher im Dritten Reich.

Warum wurden sie eingestellt?

Goschler: Man hat sich gefragt: Wie hoch sind die politischen Kosten, solche Leute zu integrieren? Das ist abgewogen worden mit den Vorteilen, die man durch ihre Einstellung hatte: Sie waren fachkundig und in gewisser Weise auch willfährig.

Welche Strategien hatten die Bundesbürger, um sich selbst zu entlasten?

Goschler: Hatte man erst über seine Vergangenheit geredet, schwieg man sich in den 50er Jahren zunehmend über sie aus. Anfang der 60er begann das Schweigen aufzuhören mit den großen NS-Prozessen. Auf einmal bekamen normale Beamte etwas Diabolisches in der Wahrnehmung. Man sprach von „Schreibtischtätern“. Da konnte man nicht mehr sagen: Ich war im Dritten Reich doch nur ein braver Beamter.

Wie hoch schätzen Sie den Einfluss ein, den Hubert Schrübbers auf den Verfassungsschutz hatte? Er war von 1955 bis 1972 dessen Präsident. Als bekannt wurde, dass er im Dritten Reich als Staatsanwalt drakonische Strafen für Bagatelldelikte gefordert hatte, musste er zurücktreten.

Wala: Er befand sich in einer herausragenden Lenkungsposition. Ich möchte aber jetzt nicht spekulieren.

War der Verfassungsschutz auf dem rechten Auge blind?

Goschler: Das hängt mit dem Kalten Krieg zusammen. Ich würde vermuten, dass es eine gewisse Un-Balanciertheit gab, einfach aufgrund der weltpolitischen Konstellation. Die Kommunisten galten als viel gefährlicher, als fünfte Kolonne einer bedrohlichen Großmacht. Wala: Ich kann mir gut vorstellen, dass es das Bundesamt in einer frühen Phase nicht als vordringliche Aufgabe wahrgenommen hat, auf die Alt-Nazis zu achten, denn die griffen den Staat ja nicht an. Bei der KPD, den Kommunisten, war das anders. Die wollten offensichtlich eine andere Art von Staat haben.

Ihre Studie endet im Jahr 1975 mit dem Ende der Amtszeit von Hubert Schrübbers’ Nachfolger, der ebenfalls eine NS-Vergangenheit hatte.

Wala: Nach Günther Nollau gibt es keinen Präsidenten mehr, der in der NSDAP war. Goschler: Das Bundesamt hat uns das vorgegeben. Bis 1975 geben sie uns ihre Akten frei. Vielleicht handelt es sich um eine Art Schmerzgrenze. Nimmt man diesen Untersuchungszeitraum, so bestehen keine personellen Kontinuitäten mehr bis in die heutige Zeit.

Sie erhalten auch zu als geheim klassifizierten Akten Zugang.

Goschler: Wir dürfen alles sehen, aber wir müssen bestimmte Vorsichtsmaßnahmen beachten bei dem, was wir abdrucken. Dabei geht es um sensible Informationen und nicht darum, Skandale unter den Teppich zu kehren. Ein Geheimdienst, der nicht mehr an Geheimnisse glaubt, ist kein Geheimdienst mehr. Es gibt einen natürlichen Konflikt zwischen Geheimdienst und Wissenschaft. Wir haben allerdings viel Zeit darauf verwandt, diesen Konflikt nicht wegzuharmonisieren. Uns wurde ein Maximum an Unabhängigkeit garantiert.

Viele Akten werden vernichtet sein, die meisten Zeitzeugen sind tot. Kommt die Aufarbeitung der Verfassungsschutzgeschichte nicht zu spät?

Wala: Einige Namen von Zeitzeugen habe ich schon, aber Zeitzeugen sind auch gefährliche Quellen. Man muss hinterfragen, wie ihre Erinnerung die Vergangenheit neu konstruiert. Goschler: Was ist der Maßstab für zu spät? Zu spät, um die Geschichte noch zu beeinflussen? Unsere Studie kommt eben zu dem Zeitpunkt, an dem dieses Amt über seinen Schatten springen kann und in der Lage ist, auf den öffentlichen Druck, den bundesrepublikanische Institutionen gerade erleben, zu reagieren.

Das Bundesamt für Verfassungsschutz will aus seiner Geschichte lernen und Ihre Erkenntnisse für die Ausbildung von Nachwuchskräften einsetzen.

Wala: Lernen aus Geschichte – das ist immer ein schwieriges Feld.

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