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Tradition
22.02.2012

Ein leises Sterben

Wegen des veränderten Konsum- und Mobilitätsverhaltens der Menschen leiden in ländlichen Regionen vor allem die Wirtschaften. Einst prägten sie das Dorfbild. Inzwischen gibt es vielerorts keine mehr. Aber es gibt auch Hoffnung. Ein Ortsbesuch im Bräustüble Altenmünster

Altenmünster Das Fähnchen an der Verkaufsbude soll signalisieren, dass hier Genießer richtig sind: Eis, für jeden Geschmack etwas. Das Fähnchen flattert tapfer und wirkungslos. Die Temperaturen im Februar 2012 wollen nicht recht passen zu Vanille, Schoko, Stracciatella. Außerdem sieht jetzt niemand das Banner im Biergarten des „Bräustüble“, das Lust auf Sommer macht.

Der Sommer ist die Blütezeit des Biergartens, der zur Dorfwirtschaft in Altenmünster gehört. Nach einem anstrengenden Arbeitstag wartet dann die Belohnung unter Kastanienbäumen: eine kühle Halbe. Wer mehr will, kann gleich die Maß bestellen – und die Brotzeit dazu. Es geht zu wie in einem Bienenkorb. Bedienungen laufen auf und ab und werden zum Glück für den Arbeitgeber nicht nach Kilometergeld bezahlt. Eine Mischung aus Fetzen angeregter Gespräche, ab und an lautem Lachen und auch mal einem verbalen Wortgefecht verbinden sich zu einem Summen.

So war es die letzten Jahre immer im Bräustüble, das unübersehbar im Zentrum der Gemeinde im westlichen Landkreis Augsburg steht, fünf Fahrminuten von der Autobahn entfernt. Wird es dieses Jahr wieder so sein? „Unser Ziel ist es, bald einen neuen Pächter zu präsentieren“, sagt Bürgermeister Bernhard Walter. Die letzten Monate ging nichts. Das „Bräustüble“ ist zu. Seit dem 25. November 2011.

Um das Mittagsgeschäft kümmern sich Bäckereien

„Es ist ein leises Sterben“, sagt Wilfried Schober vom Bayerischen Gemeindetag über das Verschwinden der Dorfwirtschaften. Er hat es im vergangenen Jahr nach einer Familienradeltour selbst gemerkt, was es bedeutet, wenn durstige Radfahrer vor geschlossenen Türen stehen. „Mit letzter Kraft und heraushängender Zunge haben wir was gefunden“, erzählt er und übertreibt ein wenig dabei. Ernster wird Schober, als er ein „Versäumnis“ einräumt: Seit 14 Jahren habe es keine einzige Präsidiumssitzung gegeben, in der sich der Spitzenverband der bayerischen Gemeinden mit dem Wirtshaussterben beschäftigt hätte. Einen Anlass habe niemand gesehen. „Aber da müsste man was tun.“

Beim Bräustüble hat man was getan: Die Innenräume sind kräftig aufgemöbelt worden. Töpfe, Pfannen, Schneidebretter, Teller, Schüsseln stapeln sich im Gastraum und einem der beiden Nebenzimmer. Das alles hat mal Helga Demharter benutzt, die für die Stammgäste Ende November als Wirtin das letzte Mal aufgetischt hat – seither wird die Gaststätte nicht mehr betrieben. Dabei steht alles bereit. Die blankgeputzte Zapfanlage vermittelt den Eindruck, als ob sie sich am liebsten selbst in Betrieb nehmen würde.

„Vielfältige Gründe“ macht der Bayerische Hotel- und Gaststättenverband aus, warum es um die Wirtshäuser, „um die uns viele außerhalb der weißblauen Grenzen beneiden“, nicht zum Besten steht. Einen gewaltigen Einschnitt habe es bereits in den 70er Jahren gegeben, sagt Verbandssprecher Frank-Ulrich John, als die Vereinsgastronomie zur ernsthaften Konkurrenz wurde. Und um das Mittagsgeschäft kümmern sich schon lange Bäckereien und Metzgereien mit vergleichsweise günstigen Preisen. Die Dorfwirtschaft kann da oft nicht dagegenhalten. „Wir sehen mit Besorgnis, dass hier ein Stück Kultur verloren geht“, sagt John.

Rudolf Fendt trauert der Zeit nach, als die schwere Eingangstür des Bräustüble noch geöffnet werden konnte. „Woanders gibt es diese Atmosphäre halt nicht“, sagt der 58 Jahre alte Busfahrer, der den Mittwochnachmittag und den Sonntagabend mit rund einem Dutzend Gleichgesinnter in geselliger Runde verbracht hat. Einen Kalendereintrag mit akustischer Erinnerung im iPhone brauchte es dafür nicht. Das smarte Gerätchen hätten die meisten der Wirtshausgänger ohnehin nicht gekannt. Der Termin hatte einen festen Platz im Hinterkopf. Dort, wo die Gewohnheiten eingelagert werden. Vorbei. Vorerst.

In 500 Kommunen – und damit fast einem Viertel der Gemeinden im Freistaat – soll es keine Dorfwirtschaft mehr geben. Angeblich. Die Zahl tischt der Hotel- und Gaststättenverband auf, ohne zu wissen, woher sie stammt. Sprecher John glaubt, dem läge eine über 30 Jahre alte Untersuchung zugrunde. Und auch der „Verein zum Erhalt der bayerischen Wirtshauskultur“ operiert mit derselben Dimension, ohne die Quelle dafür nennen zu können. „Bereits heute gibt es in 500 Gemeinden kein Dorfwirtshaus mehr und auch in Städten ist dieser Erosionsprozess feststellbar“, heißt es in einer Mitteilung, in der auf die Aktion „Bayerischer Stammtischbruder“ aufmerksam gemacht wird. Der Verein will die Bedeutung des Stammtisches „als wichtigen sozialen Treffpunkt“ ins Blickfeld rücken.

Der Stammtisch im Bräustüble soll auch bald wieder belebt sein. In dieser Woche hat Bürgermeister Walter – wie in den Wochen zuvor – Gespräche mit Interessenten. Die sind zeitraubend, weil ein Pächter gefunden werden soll, der zur Wirtschaft passt. Seit Mai ist die Gemeinde Altenmünster auf der Suche nach einem Wirt. Sie sucht, weil ihr die Traditionsgaststätte gehört. Eine besondere Situation. Das Eigentum ist die Folge eines erbitterten Bierstreits, der vor rund zehn Jahren auf die Spitze getrieben wurde. Die Kommune pochte darauf, die Namensrechte für das „Altenmünster Brauerbier“ in der bauchigen Bügelflasche nicht zum Nulltarif herzugeben. Die Brauerei wollte ursprünglich nicht einlenken. Auf dem Gelände zwischen Brauereigebäude und Bräustüble wurden russische Trucks geparkt und damit ein verheerender Eindruck vermittelt. Das Zentrum war in einen Schandfleck verwandelt worden.

Doch der Gemeindechef will sich nicht mit der Vergangenheit aufhalten. Nach einer Einigung 2004 besitzt die Kommune die Wirtschaft. „Wir hatten die Möglichkeit, nichts zu tun, mit der Konsequenz, dass hier alles eines Tages plattgemacht wird. Oder wir konnten es selbst in die Hand nehmen“, sagt Walter.

Im Keller des Rathauses zeigt er Bilder, wie es früher war: der erste Bus vor dem Bräustüble. Eine Luftaufnahme in Schwarz-Weiß vor einem halben Jahrhundert, die das Ensemble im Herzen des Dorfes zeigt: Kirchturm, Brauerei, Bräustüble. Walter schätzt es, Altes zu bewahren und – wenn es geht – verloren Gegangenes in die Gegenwart zu holen. Nostalgie verklärt dabei aber nicht den Blick. „Die Wirtschaft, so wie sie war, wäre nicht überlebensfähig gewesen“, sagt der Bürgermeister voller Überzeugung.

Vor der Sanierung, dem An- und Umbau 2009 seien vielleicht 20 Prozent der 900 Quadratmeter großen Nutzfläche tatsächlich gastronomisch gebraucht worden. Der marode Saal war aus Sicherheitsgründen bereits seit vielen Jahren gesperrt. Die neue Dorfwirtschaft soll auf die Gäste einladend wirken. Ein zentraler Baustein sind die 18 geschaffenen Fremdenzimmer, die auch jetzt noch vermietet werden, auch ohne Gaststättenbetrieb. 1,8 Millionen Euro hat alles komplett gekostet – ein Drittel davon waren staatliche Zuschüsse.

Die Geschichte des Bräustübles ist ein bisschen wie Dornröschen in Altenmünster. Das Gebäude ist eine schlafende Schönheit, die nur noch wachgeküsst werden muss. Der Prinz ist in diesem Fall der Wirt. Ganz ohne märchenhafte Anleihe heißt das: Mit dem noch nicht gefundenen Pächter soll wieder neues Leben einkehren. „Damit können wir belegen, dass das Ganze richtig war“, sagt der Bürgermeister. Und die frühere Wirtin Helga Demharter betont: „Ein Dorf ohne Wirtschaft – das geht einfach nicht.“

Das Provisorium hielt vier Jahre, bis es nicht mehr ging

Demharter selbst sah sich dem verpflichtet. Vor allem aus diesem Grund habe sie bis vor drei Monaten die Wirtschaft geführt. Zuvor hatte die schlanke Frau im Bräustüble bedient. Ursprünglich wollte sie die Rolle der Chefin nur so lange übernehmen, bis ein richtiger Wirt gefunden ist. Das Provisorium hielt vier Jahre und zwei Monate, bis es nicht mehr ging.

Vielleicht nimmt die Wirtschaft in Altenmünster bald jene Entwicklung, die Professor Hans Hopfinger als beispielhaft anführen wird. Der Lehrstuhlinhaber für Kulturgeografie an der Universität Eichstätt arbeitet mit seinem Team an einer Studie über die Entwicklung der Dorfwirtschaften. „Wir wollen den Status quo feststellen und Gründe dafür herausarbeiten.“ Exemplarisch soll in einer Gemeinde das Wirtshaussterben gezeigt werden. In Bayerns Regionen werden Gastronomie- und Verwaltungsexperten zur Situation befragt. Außerdem wird sich die Untersuchung damit beschäftigen, mit welchen Maßnahmen der Exodus der Dorfgasthäuser verhindert werden kann. Nicht nur Unternehmensberater geben da Tipps, es sollen auch Beispiele aus der Praxis angeführt werden, sagt Hopfinger: Beispiele „von Wirtschaften auf dem Land, die es wegen des komplett veränderten Konsum- und Mobilitätsverhaltens der Menschen in kleinen Gemeinden eigentlich gar nicht mehr geben dürfte“.

Ergebnisse werden wohl im Sommer präsentiert. So lange soll es nicht mehr dauern bis zur Wiedereröffnung in Altenmünster. Das ist der Wunsch, der Plan. Und wenn die Witterung mitspielt, können sich in wenigen Monaten Gäste unter blühenden Kastanien im Biergarten treffen. Und das Eisfähnchen flattert dann nicht mehr vergeblich.

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