Er warf einen Blick hinter die Mauern deutscher Moscheen
Fernsehjournalist Constantin Schreiber hörte sich acht Monate lang muslimische Gebete an. In ihren Predigten geißelten Imame Demokratie und deutsche Gesellschaft. Ein Thema fehlte.
Für die meisten Deutschen sind Moscheen völlig fremde Orte, bekannt höchstens vom Tag der offenen Tür, vielleicht von einer gemeinsamen Feier des Fastenbrechens. Oder aber aus Medienberichten, wenn es um Hassprediger geht, die zum „Heiligen Krieg“ gegen „Ungläubige“ und zum islamistischen Terror aufrufen. Doch was wird eigentlich in den vermeintlich „ganz normalen“ Moscheen gepredigt, von denen es Tausende in Deutschland gibt? Der Fernsehjournalist Constantin Schreiber hat einfach mal zugehört und über einen Zeitraum von acht Monaten hinweg Freitagspredigten in deutschen Moscheen besucht.
Broschüre in Moschee war der Anfang
Schreiber, der fließend Arabisch spricht, tauchte ein in eine fremde Welt mitten unter uns, in der Imame vor der Demokratie und vor Freundschaften mit Christen warnen und in der Weihnachten als die „größte aller Gefahren“ gilt. „Es kann uns nicht egal sein, was dort passiert“, sagt der 37-jährige Tagesschau-Mann, der als Integrationsexperte gilt und für seine deutsch-arabische Sendung „Marhaba – Ankommen in Deutschland“ beim Sender n-tv den Grimme-Preis erhalten hat. Aber auch als „Willkommensonkel“ geschmäht wurde.
Es war ein vermeintlicher Routine-Auftrag vor dem Wochenende, der den Anstoß für die Recherche gab, die zu dem Buch „Inside Islam. Was in Deutschlands Moscheen gepredigt wird“ geführt hat. Es wurde am Dienstag in Berlin vorgestellt. Schreiber sollte noch Bilder von einer Freitagspredigt in einer Berliner Moschee liefern. Beim Anruf zeigten sich die Verantwortlichen der pakistanisch geprägten Gemeinde aufgeschlossen und erlaubten den Dreh. Während der Imam den Gast herzlich begrüßte und eine launige Predigt über Frieden und Toleranz hielt, fiel Schreiber eine Broschüre in die Hand, in der Sätze standen wie „Die Demokratie ist eine westliche Krankheit“. Der Autor: ein verurteilter französischer Holocaust-Leugner.
Als der Vorbeter Schreiber mit der Broschüre sah, versuchte er sie ihm wegzunehmen, behauptete, irgendjemand müsse sie dort abgelegt haben. Noch in der Moschee wurde er von einem Besucher, der sich selbst als „Islamist“ bezeichnete, gefragt, warum er ein „Mordwerkzeug“ an einem Kettchen um den Hals trage – ein kleines Kreuz.
Erdogan-Anweisungen für Ditib-Moscheen
Und Schreiber fragte sich: „Worüber wird dann erst geredet, wenn wir nicht dabei sind? Welche Schriften liegen dann aus?“ Und er beschloss, dem auf den Grund zu gehen. Schreiber sagt, seine Auswahl der Moscheen sei nicht repräsentativ. Von vornherein hatte er Moscheen ausgelassen, die als salafistisch gelten. Die meisten der Gebetsräume, die Schreiber besucht hat, befinden sich in Berlin. Aber auch in Hamburg, Karlsruhe, Leipzig und Magdeburg hat sich der Journalist Predigten angehört – insgesamt 13 Mal. Ganz offen hat er die Moscheen betreten, niemand hinderte ihn daran, stets hat er sich anschließend vorgestellt. Er hat mit den Imamen gesprochen, sofern sie dazu bereit waren, und die Predigten Wissenschaftlern vorgelegt.
Es handelte sich durchweg um Ansprachen, die Schreiber als extrem konservativ und wenig integrativ empfand. Zwei rote Fäden haben sich nach seiner Einschätzung durch alle Freitagsgebete gezogen: Zum einen predigten die Imame, dass die Welt nicht religiös genug sei. Und zum anderen warnten sie laut Schreiber vor dem Leben in Deutschland, teils subtil, teils mit offener Hetze.
Auch die angebotenen Lesematerialien seien teilweise höchst problematisch. In einer Broschüre, die in einer Moschee in Berlin-Wilmersdorf auslag, hieß es, dass die Scharia, die islamische Rechtsordnung, über den deutschen Gesetzen stehe. In derselben Schrift wird offen gegen Christen und das Christentum gehetzt. Bei Predigten in türkisch geprägten Moscheegemeinden sei es durchweg sehr politisch zugegangen. Die Moscheen des Verbandes Ditib, der der staatlichen türkischen Religionsbehörde untersteht, bekommen laut Schreiber Anweisungen aus Ankara, die den Inhalt der Predigten vorschreiben und die Positionen des türkischen Präsidenten Erdogan verteidigen.
Imame predigen oft gegen Integration
Arabische Predigten seien dagegen oft sehr theologisch, spirituell, geradezu „religiös abgedreht“. Die islamistisch motivierten Terroranschläge in Deutschland und Frankreich, die während der Zeit der Recherche geschahen und zahlreiche Menschenleben kosteten, kamen kaum zur Sprache. Nur in einer Moschee habe der Imam „eindringlich, aber auch sehr allgemein“ daran erinnert, dass das Töten von Menschen laut Koran verboten ist.
Ein positives Beispiel, eine Predigt, die Weltoffenheit ausstrahlt oder eine Brücke zum Leben in Deutschland schlägt, sei nicht dabeigewesen, sagt der Autor. Aufgefallen sei auch die Abwesenheit von Frauen. Sie kamen nicht als Thema vor und waren auch in den Moscheen nicht sichtbar zugegen. Mit einer einzigen Ausnahme, sagt Constantin Schreiber. In einem der Gebetsräume sah er zum ersten Mal in Deutschland eine Frau, die eine Burka trug. Sein Fazit: Die Predigten waren „mehrheitlich gegen die Integration von Muslimen in die deutsche Gesellschaft gerichtet“.
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