Erinnerungen an eine Reise nach Vietnam
Philipp Rösler hat bei mir Erinnerungen an meine Zeit als junger Reporter geweckt. Nicht wegen seiner liberalen Botschaft, sondern wegen seines Geburtslandes. Es sind Erinnerungen an einen Reporterausflug nach Saigon während des Vietnam-Krieges. Kriegsberichterstatter war ich nicht. Ich war kaum länger als 24 Stunden dort und erlebte Raketenbeschuss nur als fernes Geräusch. Aber es gab Augenblicke, die ich nie vergessen werde.
Einer davon hat indirekt mit dem neuen FDP-Chef zu tun, obwohl diese Geschichte ein paar Jahre vor seiner Geburt in Khanh Hung stattfand. Ich begleitete einen von Terre des Hommes organisierten Flug, der kriegsversehrte Kinder aus Vietnam nach Deutschland holte. Hier konnten sie ärztlich versorgt und – unausgesprochen, weil politisch heikel – vor dem Krieg in Sicherheit gebracht werden.
Die Tränen der Mütter beim Abschied
Und nun stelle man sich die Abschiedsszenen auf dem Flughafen von Saigon vor. Die Mütter und Väter, die ihre Kleinen einer Gruppe völlig fremder Europäer anvertrauten. Sicher, tief im Innern waren sie froh, dass den Kindern geholfen wurde. Viel stärker aber war in diesem Moment das bittere Wissen, dass sie ihre Töchterchen und ihre Buben für sehr, sehr lange Zeit nicht wiedersehen würden. Vielleicht gar nicht mehr: Ein Ende des Krieges war nicht in Sicht. Und ob die Zurückgebliebenen überleben würden, war ungewiss.
Ich werde die Mütter nie vergessen, die sich bis zum Abflug unter Tränen und Klagen an ihre Kleinen klammerten, denen nur am anderen Ende der Welt geholfen werden konnte. Viele kehrten später gesundet in ein friedliches und glücklicheres Vietnam zurück. Viele blieben dann doch als Kriegswaisen in Deutschland, andere kamen als adoptierte Waisenkinder hierher. Eine Geschichte, die Lebenshintergrund vieler Philipp Röslers ist.
Ich habe noch eine unvergessene Erinnerung, die nichts mit Philipp Rösler zu tun hat: Auf dem Flughafen von Saigon wimmelte es von US-Soldaten mit Sturmgepäck, die darauf warteten, in den Dschungelkampf verfrachtet zu werden. Es waren Gesichter wie meines, etwa mein Alter, nicht wenige von ihnen dem Tod geweiht. Und ich dachte voller Unbehagen: Wäre ich nicht in Bayern, sondern in Texas geboren worden, dann wäre ich vielleicht jetzt einer dieser armen Kerle.
Damals marschierten deutsche Soldaten nur auf sicherem Gelände. Inzwischen sind auch sie an Kriegseinsätze gewöhnt. Es hat sich viel verändert. Ein in Vietnam geborener Niedersachse an der Spitze einer deutschen Partei gehört zu den schönsten Veränderungen.
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