FDP ganz ohne Guido: Christian Lindner will es ab heute richten
Der FDP-Bundesparteitag heute könnte zum Tag des 34-jährigen Christian Lindner werden. Und was macht nun Guido Westerwelle? Es gibt Spekulationen.
Die FDP – eine Ein-Mann-Partei? Hermann Otto Solms, bis vor kurzem noch Vizepräsident des Bundestages, kann daran nichts Schlimmes finden. „Die CDU ist eine Ein-Frau-Partei“, sagt er. „Das hat ihr bisher nicht geschadet.“
Der eine Mann, der es jetzt richten soll, ist 34 Jahre jung und einer der 92 Abgeordneten in neun Landtagen, die den Liberalen noch geblieben sind: Christian Lindner, im Hauptberuf Fraktionschef in Nordrhein-Westfalen und seit dem Debakel bei der Bundestagswahl so etwas wie die letzte Hoffnung der Freien Demokraten.
Christian Lindner will zum Vorsitzenden der FDP gewählt werden
Heute will er in Berlin zum neuen Vorsitzenden gewählt werden und seine Partei von da an so im Gespräch halten, dass sie in der außerparlamentarischen Opposition nicht ganz in Vergessenheit gerät. Auf ein, zwei verlorene Landtagswahlen mehr oder weniger kommt es ihr dabei nicht mehr an. „Entscheidend“, sagt der Altvordere Solms, der heute zum Schatzmeister gewählt werden soll, „ist die Rückkehr in den Bundestag 2017.“
Von der alten Parteispitze kandidieren lediglich Lindner und der Kieler Fraktionschef Wolfgang Kubicki noch einmal. Alle anderen, vom Spitzenkandidaten Rainer Brüderle über den Vorsitzenden Philipp Rösler bis zu Generalsekretär Patrick Döring, ziehen sich zurück, häufig noch mit ungewissem Ziel.
Guido Westerwelle: Spekulationen um seine Zukunft
In der Politik bleiben wird zunächst nur Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger – sie soll auf Vorschlag der alten Bundesregierung Generalsekretärin des Europarates werden. Was Entwicklungsminister Dirk Niebel, Gesundheitsminister Daniel Bahr und Rösler planen, ist ebenso unklar wie die Zukunft von Guido Westerwelle. Spekulationen, er könnte Spitzenkandidat für die Europawahl werden, hat der Außenminister im kleinen Kreis dementiert. Er wolle sich, hat er dort gesagt, ganz aus der Politik verabschieden. In einem Interview mit der Bunten verriet er lediglich, dass er sich freue, mehr Zeit mit seinem Freund verbringen zu können: „Die vielen Fernreisen, die endlosen Flugstunden und die permanente Zeitverschiebung, die uns trennte, fallen künftig weg.“
Auch Christian Lindner hat zwei Gegenkandidaten
Wer künftig im Olymp der Partei, dem Präsidium, sitzen wird – das wusste bis gestern auch in der FDP noch niemand so genau. Als gesetzt gilt neben Lindner und Kubicki die scheidende hessische Kultusministerin Nicola Beer, die Generalsekretärin werden soll. Um einen der übrigen fünf Plätze bemühen sich der Euro-Skeptiker Frank Schäffler, der neue Vorsitzende der Südwest-FDP, Michael Theurer, der Niedersachse Stefan Birkner, Thüringens Landesvorsitzender Stefan Barth, sein rheinland-pfälzischer Kollege Volker Wissing, die Hamburger Fraktionschefin Katja Suding und die Düsseldorfer Kommunalpolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann.
Auch Lindner selbst bekommt zwei Gegenkandidaten, einen weitgehend unbekannten Physiker aus Berlin und einen Bauern aus Hessen, der dem Schäffler-Lager zugerechnet wird. Aus Bayern bewerben sich die Europa-Abgeordnete Nadja Hirsch und die ehemaligen Bundestagsabgeordneten Jimmy Schulz und Horst Meierhofer um einen Platz in der erweiterten Parteiführung, dem Bundesvorstand.
Welchen schweren Weg die neue FDP-Spitze vor sich hat, zeigt punktgenau zu ihrem Start der neue Deutschlandtrend der ARD. 59 Prozent der Deutschen würden es bedauern, wenn die Liberalen in der deutschen Politik keine Rolle mehr spielen – aber nur drei Prozent würden sie im Moment auch wählen.
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