Flüchtlingswelle bringt die Region in Not
Mit der Unterbringung von Flüchtlingen in der Augsburger Turnhalle musste in Schwaben erstmals der Notfallplan aktiviert werden. Einige Änderungen sollen Entlastung bringen.
Die Kommunen in Bayern tun sich offenbar immer schwerer, Asylbewerber unterzubringen. Erstmals musste in Schwaben am Wochenende der „Notfallplan“ für die Erstaufnahme aktiviert werden.
Rund 140 Flüchtlinge wurden in einer Augsburger Schulturnhalle untergebracht. „Das war so nicht planbar. Wir haben die Nachricht vom Sozialministerium sehr kurzfristig erhalten“, sagte Josef Gediga, Vizepräsident der Regierung von Schwaben.
Die Kapazitäten der anderen Einrichtungen, die in der Region für die Erstaufnahme bereitstehen (Sonthofen 300 Plätze, Donauwörth 100 Plätze, Augsburg an drei Standorten mit insgesamt 300 Plätzen) seien zu diesem Zeitpunkt erschöpft gewesen. Die insgesamt 700 Erstaufnahmeplätze sollen in Schwaben in wenigen Wochen auf 1500 mehr als verdoppelt werden.
Hotel in Wertingen wird zur Erstaufnahme für Flüchtlinge
Ein erster Schritt wird heute getan, wenn in Wertingen in einem umgebauten Hotel Flüchtlinge zur Erstaufnahme einziehen. Eigentlich war das Gebäude, in dem 80 Personen unterkommen können, als Gemeinschaftsunterkunft vorgesehen – und damit als Anschlussunterbringung für Asylbewerber nach ihrer Registrierung und der gesundheitlichen Untersuchung.
Damit Kommunen den „Notfall“ besser bei der Erstaufnahme planen können, tüftelte Regierungspräsident Karl Michael Scheufele gestern an einem Konzept. Vermutlich sind fortan alle schwäbischen Kreise und kreisfreien Städte reihum mit der Aufgabe betraut, benannte Notunterkünfte für die Erstaufnahme zur Verfügung zu stellen. Dabei solle die Last gleichmäßig verteilt werden. Wer wann an der Reihe ist, war gestern noch nicht bekannt.
Asyl: Kritik am bundesweiten Verteilungssystem "Easy"
Im Juli sind in Deutschland 79000 Asylbewerber angekommen – davon allein in Bayern 30000, das sind rund 38 Prozent. Nach einem auf die Bundesländer bezogenen Verteilungsschlüssel muss der Freistaat deutlich weniger Menschen aufnehmen – etwa 15 Prozent.
Viele verlassen also nach der Erstaufnahme Bayern und finden in einem anderen Bundesland zumindest eine vorübergehende neue Heimat. Doch die beliebten „Balkan- und Brenner-Routen“ der Schleuser führen zunächst in die Gegend um Passau und Rosenheim. Bayerns Sozialministerin Emilia Müller verlangt daher vom Bund, dass er sich strukturell an den Unterbringungskosten beteiligt.
Dass der Freistaat unfreiwillig zum Flaschenhals bei der Unterbringung von Asylbewerbern wird, kritisiert Müller scharf. Die Schuld sieht sie beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und dem bundesweiten Verteilungssystem „Easy“. Das werde von 20 Uhr bis 6 Uhr morgens abgeschaltet. Niemand kann in diesen zehn Stunden registriert und in andere Bundesländer weitergeleitet werden. „Das nehmen wir nicht länger hin“, sagte die Ministerin gegenüber unserer Zeitung.
„Im Online-Zeitalter, in dem man praktisch rund um die Uhr im Internet einkaufen kann, darf die Abschaltung eines Datensystems nicht die faire Verteilung von Asylbewerbern lahmlegen.“ Erneut forderte Müller den Bund auf, „Easy“ an „sieben Tagen in der Woche, 24 Stunden am Tag zu betreiben“.
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