Frauen beim Bund haben es schwer
Soldaten-Studie zeichnet trauriges Truppenbild
Berlin Als am 2. Januar 2001 die ersten 244 Soldatinnen der Bundeswehr ihren Dienst an der Waffe antraten, war der Optimismus groß. Der damalige Generalinspekteur Harald Kujat zeigte sich sicher, dass es keine größeren Probleme bei ihrer Integration in die Streitkräfte geben werde. „Ich glaube, dass die Truppe neugierig ist auf Frauen“, sagte er. Es werde eine positive Wirkung auf die gesamte Truppe ausgehen. Doch ganz so unproblematisch lief es nicht: Aus der Neugier auf die Frauen in Kampfmontur ist bei vielen männlichen Kameraden Skepsis geworden, wie aus einer Studie des Sozialwissenschaftzentrums der Bundeswehr hervorgeht: Sie stellt einen beunruhigenden Trend fest.
Denn 57 Prozent der Männer in der Bundeswehr meinen, die Truppe habe sich durch die Aufnahme von Frauen zum Schlechteren verändert. 36 Prozent meinen, die Bundeswehr verliere an Kampfkraft, und jeder zweite männliche Soldat vertritt die Auffassung, Frauen seien ungeeignet für körperlich fordernde Funktionen. Jeder Vierte meint, Frauen sollten nur als Sanitäter und Musiker aufgenommen werden, und 15 Prozent wollen gar keine Frauen mehr in der Truppe – schon gar nicht als militärische Vorgesetzte, wie 22 Prozent zu Protokoll gaben.
Jede zweite Soldatin berichtet über sexuelle Belästigungen
Die Frauen beim Bund haben nicht nur unter derartigem Chauvinismus zu leiden, es geht auch um sexuelle Belästigung in den Kasernen: 55 Prozent der Frauen wurden der Studie zufolge schon mindestens einmal sexuell belästigt. 47 Prozent berichteten über verbale Belästigungen, 24 Prozent über „unerwünschte sexuell bestimmte körperliche Berührungen“. Drei Prozent gaben an, Opfer sexuellen Missbrauchs geworden zu sein. Für die Studie wurden 3058 Frauen und 1771 Männer befragt.
Auch der berufliche Aufstieg nach ganz oben ist schwierig: Beispielsweise gibt es bei der Marine unter den Kommandeuren nur zwei Frauen auf Minenjagdbooten. Unter den 205 Generälen der Bundeswehr ist nur eine Generalstabsärztin. Aber auch insgesamt liegt der Frauenanteil bei der Bundeswehr weit hinter den ursprünglichen Erwartungen.
Von den rund 186000 Soldaten sind nur 10,1 Prozent Frauen. Die Zielmarke liegt bislang bei 15 Prozent. Die Studie kommt Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen bei ihrer Offensive für eine familienfreundliche Bundeswehr entgegen. Die Daten zeigten, „dass die Bundeswehr mit der gestarteten Attraktivitätsoffensive auf dem richtigen Weg ist und wir an vielen Punkten anzusetzen haben“, sagt die CDU-Politikerin. Zunächst einmal herrscht im Ministerium aber eine gewisse Ratlosigkeit, was zu tun ist, um der Skepsis gegenüber Frauen in der Bundeswehr entgegenzuwirken. Der zuständige Abteilungsleiter, Vizeadmiral Heinrich Lange, wollte sich zunächst nicht zu konkreten Maßnahmen äußern. „Wir sind daran interessiert, ein ungeschminktes Bild in dieser Frage zu haben“, sagte er in vielleicht etwas deplatzierter Wortwahl. Michael Fischer, dpa
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