Gabriels Treffen mit israelischen Menschenrechtlern löst Wirbel aus
Bei seinem Israel-Besuch will sich Außenminister Gabriel mit regierungskritischen Vertretern der Zivilgesellschaft treffen. Ministerpräsident Netanjahu ist davon nicht begeistert.
Das israelische Fernsehen berichtete am Montagabend, Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erwäge eine Absage seines Gesprächs mit Gabriel am Dienstag. Der private Sender Channel 2 meldete, der Regierungschef habe seinen Gast aus Deutschland vor die Wahl gestellt, sich mit den Menschenrechtlern oder mit ihm zu treffen.
Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) hat bei seinem Besuch in Israel die Hoffnung geäußert, dass Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu an einem geplanten Treffen am Dienstag festhält. "Wir hören aus den israelischen Medien, dass der israelische Ministerpräsident Netanjahu, den ich übrigens schon sehr häufig getroffen habe, diesen Besuch absagen will, weil wir uns auch mit regierungskritischen Vertretern der israelischen Zivilgesellschaft treffen wollen", sagte Gabriel im ZDF-Morgenmagazin.
"Ich kann mir das fast nicht vorstellen, weil es außerordentlich bedauerlich wäre", sagte Gabriel weiter im ZDF-Morgenmagazin. "Es ist ganz normal, dass wir bei Auslandsbesuchen auch mit Vertretern der Zivilgesellschaft sprechen." Umgekehrt wäre es "undenkbar", ein Gespräch mit Netanjahu abzusagen, wenn er in Deutschland Regierungskritiker treffen würde.
Wirbel um Treffen Gabriels mit israelischen Menschenrechtlern
Der Außenminister hat seine Diskussionsrunde mit "Vertretern der Zivilgesellschaft" für den Nachmittag in Jerusalem geplant. Unter den Teilnehmern ist die Organisation Breaking the Silence (Das Schweigen brechen), die sich kritisch mit der israelischen Siedlungspolitik auseinandersetzt. Sie stützt sich dabei auf Aussagen von Soldaten und Reservisten über deren Dienst in den Palästinensergebieten. Die Berichte werden anonym veröffentlicht. Auch Betselem ist zu der Gesprächsrunde mit Gabriel eingeladen, eine seit fast 30 Jahren existierende Menschenrechtsorganisation, die ebenfalls Missstände in den palästinensischen Gebieten anprangert.
Man bekomme "in jedem Land der Erde keinen vernünftigen und umfassenden Eindruck, wenn man sich nur in Regierungsbüros trifft", sagte Gabriel in dem Gespräch mit dem ZDF. "Man muss mit Schriftstellern und Künstlern reden und mit Studierenden, und eben auch mit kritischen Organisationen." Die Organisationen, die er treffen wolle, seien solche, die sich "sehr kritisch mit der israelischen Politik im Verhältnis zu den Palästinensern auseinandersetzen". "Das ist ein tagesaktuelles Thema, zu dem wir uns eine Meinung bilden müssen. Deswegen fände ich es ganz normal, dass man mit denen redet."
Er könne sich "nicht vorstellen, dass wir so etwas nicht mehr tun, damit wir Regierungstermine bekommen", sagte der Außenminister. "Ich hoffe, dass es eher ein öffentliches Gerücht ist als Tatsache." Er werde am Dienstag auf jeden Fall den israelischen Staatspräsidenten Reuven Rivlin treffen. Das zeige, dass die deutsche Delegation in Israel "gut und freundschaftlich aufgenommen" werde. "Ich will jetzt auch kein Drama daraus machen, aber es wäre schon ein bemerkenswertes Ereignis", sagte Gabriel noch einmal mit Blick auf eine mögliche Absage Netanjahus.
Deutsch-israelische Beziehungen sind angespannt
Die deutsch-israelischen Beziehungen sind ohnehin schon angespannt. Die Bundesregierung hat das im Februar verabschiedete israelische Gesetz zur rückwirkenden Legalisierung von 4000 Siedlerwohnungen auf palästinensischem Privatland scharf kritisiert. Kurze Zeit später wurden die für Mai geplanten deutsch-israelischen Regierungskonsultationen verschoben - aus Termingründen, wie es hieß. In israelischen Medien wurde aber gemutmaßt, die Verschiebung sei auf die deutsche Verärgerung über das Siedlergesetz zurückzuführen.
Gabriel will nun bei seinem Antrittsbesuch vor allem für eine Wiederbelebung der Friedensgespräche zwischen Israelis und Palästinensern werben. Dazu will er sich in Ramallah auch mit dem palästinensischen Ministerpräsidenten Rami Hamdallah treffen. Präsident Mahmud Abbas ist verhindert. Gabriel plädiert für eine "aktive Rolle" Deutschlands bei den Friedensbemühungen, die seit Jahren auf Eis liegen. Zuletzt hatte sich der damals noch amtierende US-Außenminister John Kerry intensiv um eine Zwei-Staaten-Lösung bemüht. Die Gespräche zwischen Israelis und Palästinensern scheiterten 2014. Der Nahost-Kurs der neuen US-Regierung ist noch unklar. afp/dpa
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