Gerhard Schröder war die Nummer 388 bei der NSA
Als Gerhard Schröder Kanzler war, wurde er von der NSA ausspioniert. Die Geschichte einer gestörten Beziehung
Der Bundeskanzler war in seinem Element. Gerhard Schröder war am 21. Januar 2003 nach Goslar, die Heimatstadt des damaligen niedersächsischen Ministerpräsidenten Sigmar Gabriel, gekommen, um für diesen Wahlkampf zu machen. Und Schröder hatte ein Thema, mit dem er zu punkten glaubte – das Nein der rot-grünen Bundesregierung zu einer Beteiligung an einem Krieg gegen den Irak.
In Goslar wurde Schröder so deutlich wie noch nie zuvor. Unter dem Jubel seiner Anhänger legte er sein Verhalten im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen fest: „Rechnet nicht damit, dass Deutschland einer den Krieg legitimierenden Resolution zustimmt, rechnet nicht damit.“ Gleichzeitig bekräftigte er, dass sich Deutschland „unter meiner Führung“ an einer militärischen Intervention im Irak nicht beteiligen werde.
Schröder war die Nummer 388
Die Frage, die sich nun stellt, lautet: Wusste die damalige US-Regierung unter Präsident George W. Bush schon viel früher als die deutsche Öffentlichkeit, wie sich Schröder und die rot-grüne Regierung bezüglich einer Irak-Kriegs-Teilnahme positionieren? Informationen darüber scheint der US-Geheimdienst gehabt zu haben: Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung und des NDR hörte die NSA bereits ab spätestens 2002 Schröders Handy ab. Der Kanzler sei unter der Nummer 388 in die „National Sigint Requirement List“ aufgenommen worden, die festlege, welche Personen und Institutionen überwacht und abgehört werden.
Bislang hatte es unter Berufung auf Dokumente des Informanten Edward Snowden geheißen, dass das Handy von Angela Merkel seit 2002 abgehört wurde, neue Papiere würden nun aber belegen, der Auftrag des Abhörprogramms habe nicht der Person, sondern dem Amt des Bundeskanzlers gegolten.
Verhältnis von Bush und Schröder gespalten
Unter der Amtszeit Schröders hatte sich das deutsch-amerikanische Verhältnis deutlich verschlechtert, der US-Präsident und der Bundeskanzler misstrauten einander und standen sich schließlich in unverhohlener Abneigung gegenüber. Bush warf Schröder in seinen Memoiren vor, dieser habe ihm am 31. Januar 2002 im Weißen Haus die volle Unterstützung für die amerikanische Irak-Politik zugesagt und diese später aus reinen Wahlkampfgründen zurückgezogen. Schröder warf Bush vor, dieser sage „nicht die Wahrheit“. Deutschland hätte sich nur an einem Irak-Krieg beteiligt, falls der Irak tatsächlich ein „Schutzraum und Zufluchtsort für El-Kaida-Kämpfer“ sei, was nicht der Fall gewesen sei. Außerdem, so hieß es damals in Washington, habe Schröder mit seiner Allianz mit den französischen und russischen Staatschefs, Chirac und Putin, den Bruch der Nato riskiert. „Wir hatten Grund zur Annahme, dass (Schröder) nicht zum Erfolg der Allianz beitrug“, zitiert die Süddeutsche Zeitung einen US-Sicherheitsexperten.
Schröder selber warf der US-Regierung vor, mit ihrer Abhöraktion die Souveränität eines befreundeten Staates verletzt zu haben. Der Grünen-Geheimdienstexperte Christian Ströbele verwies zusätzlich darauf, dass nach seinen Informationen 2002/2003 nicht nur der Bundeskanzler, sondern „vermutlich auch andere aus der damaligen rot-grünen Bundesregierung abgehört worden sind“. Auch der Grünen-Außenminister Joschka Fischer sei „Zielperson des US-Geheimdienstes“ gewesen.
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