Guido Westerwelle hat Leukämie - Politiker sind bestürzt
Guido Westerwelle ist ein Mann, der lieber die Chancen sieht als die Risiken. Den Verlust der politischen Macht hat er gut verkraftet. Doch nun kämpft er gegen den Krebs.
Lange wissen kann er es noch nicht. Ein Redakteur der Welt, der Guido Westerwelle Anfang des Monats im Büro seiner Stiftung am Berliner Kurfürstendamm zum Interview traf, berichtete anschließend von einem braun gebrannten, vielleicht etwas schmaler gewordenen, aber bestens gelaunten Hausherren. „Anders als die meisten Journalisten meinen“, stichelte der sofort, „nimmt die Lebensqualität mit weniger Presse nicht ab, sondern zu.“
Westerwelle hat Leukämie: Genesungswünsche von Merkel
Die Nachricht, dass der frühere Außenminister und FDP-Chef an Leukämie erkrankt ist, reißt das politische Berlin am Freitag noch einmal aus der beginnenden Wochenendruhe. „Ich kenne Guido Westerwelle seit langen Jahren als einen großen Kämpfer“, sagte Kanzlerin Angela Merkel, die eine persönliche Freundschaft mit dem 52-Jährigen verbindet. „Jetzt in dieser für ihn so schwierigen Zeit wünsche ich ihm alle Kraft und Zuversicht, um wieder gesund zu werden“, sagte die CDU-Chefin.
„Von Herzen wünschen wir ihm, dass er seine Erkrankung bald und vollständig überwindet“, betont der FDP-Vorsitzende Christian Lindner. „Ich habe die Nachricht mit großer Bestürzung aufgenommen“, sagt Frank-Walter Steinmeier. Wie es seinem Vorgänger im Auswärtigen Amt geht, wo er sich behandeln lässt und mit welchen Heilungschancen, wissen bisher nur seine engsten Vertrauten. „Wir bitten, auch im Namen von Guido Westerwelle und seiner Familie, von Nachfragen abzusehen“, schreibt der Leiter des Stiftungsbüros, Alexander Vogel, in einer kurzen Erklärung im Internet. Nachfrage zwecklos. Nur so viel vielleicht noch: Das Ziel der Therapie, mit der Westerwelle den Blutkrebs bekämpfe, sei seine „vollständige gesundheitliche Genesung“.
Westerwelles neues Leben jenseits der Politik
Wie kaum ein anderer Politiker hatte der 52-Jährige nach dem historischen Debakel bei der Bundestagswahl den Weg in ein neues Leben, ein Leben jenseits der Politik gefunden. „In Deutschland bekommen Politiker erst eine Stiftung, wenn sie sterben“, witzelte er gelegentlich. „Das erschien mir zu spät.“ Mit seiner Westerwelle Foundation für internationale Verständigung will er gemeinsam mit dem schwerreichen Internetunternehmer Ralph Dommermuth das typisch deutsche Modell des Mittelstandes auch in anderen Ländern populär machen, indem er Stipendien vergibt, Unternehmensgründer fördert und Netzwerke knüpfen hilft.
Auch deshalb, hat Westerwelle vor kurzem gesagt, sei er nach dem Verlust seines Abgeordnetenmandates und seines Ministeramtes weder in ein schwarzes Loch gefallen noch habe er resozialisiert werden müssen. Nur ein paar Passwörter habe er neu anfordern müssen, weil er sie vergessen hatte.
Guido Westerwelle war viel unterwegs
Nigeria, Asien, die USA: Als Vorsitzender des Stiftungsvorstandes war Westerwelle in den vergangenen Wochen fast so viel unterwegs wie früher, als Außenminister. Er hielt Vorträge wie im April bei einer Feier zum 50. Geburtstag der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung in New York und wirkte auf die Teilnehmer solcher Veranstaltungen so gelöst und entspannt, wie er es als Spitzenpolitiker nie war.
Ein Satz, mit dem er gerade erst den Niedergang seiner Partei kommentiert hat, könnte nun auch Guido Westerwelle im Kampf gegen seine Krankheit Mut machen: „Jeder Tag bietet neue Chancen.“
Die Diskussion ist geschlossen.