Guttenberg ist endgültig entzaubert
Karl-Theodor zu Guttenberg scheint endgültig entzaubert, blickt man jedenfalls in die heutigen Pressestimmen.
Die Pressestimmen zum Fall Guttenberg(s):
"Braunschweiger Zeitung": "Das alles, mit Verlaub, ist noch nicht die Wahrheit. Falls Karl-Theodor zu Guttenberg die Doktorarbeit wirklich selbst schrieb, wogegen ihre Qualität spricht, dann hat die Uni Bayreuth der Inhalt nicht wirklich interessiert. Es ging um den großen Namen, Reputation, vielleicht mehr. Doktor gefällig? Dass einer wie zu Guttenberg es sich so leicht machte, wie man ihn gern machen ließ, hat ihn moralisch schwer beschädigt. Seine politische Karriere, man kann drauf wetten, hat es indes nur kurz unterbrochen."
"Frankfurter Rundschau": "Bis vor zwei Monaten war die Universität mächtig stolz auf Karl-Theodor zu Guttenberg. Jetzt geht sie auf größtmöglichen Abstand. Mit Recht fürchtet sie nach Guttenbergs akademischer Kernschmelze die Kontamination. Für den Ex-Minister wird es strafrechtlich nochmals enger. Wenn feststeht, dass er mit Absicht abgeschrieben hat, hat er auch das Urheberrecht vorsätzlich verletzt. Das öffentliche Interesse an diesem Fall zu verneinen, käme mehr denn je einer Rechtsbeugung gleich."
"Nordsee-Zeitung": "Der Mythos zu Guttenberg - der nüchtern betrachtet doch nicht mehr als die Geschichte eines smarten, bisweilen unkonventionellen Mannes aus gutem Hause war - ist spätestens seit gestern entzaubert. Er wird in Erinnerung bleiben als der Verteidigungsminister, der den Wehrdienst faktisch abgeschafft hat - das allerdings wird das einzige bleiben, was von "seiner" Bundeswehrreform übrig bleibt. Wie wohltuend unterscheidet sich doch der Nachfolger im Amt des Verteidigungsministeriums. Thomas de Maizière prüft erst, bevor er entscheidet und handelt. Das gilt für die Bundeswehrreform und auch den nun sachlichen Umgang mit der Affäre um die "Gorch Fock"."
"Der Tagesspiegel": "Leider hat der junge Mann aus gutem Hause nicht nur sich selbst beschädigt. Blamiert ist auch eine Wissenschaft, die Höchstnoten vergibt für mittelmäßige Leistungen. Blamiert hat sich die Politik, deren oberste Repräsentantin versucht hatte, den Politiker G. vom Wissenschaftler abzuspalten. Blamiert hat sich auch das Volk, vor dem Angela Merkel so viel Angst hatte, dass sie zum Taschenspielertrick griff. Viele haben in Guttenberg den Übermenschen sehen wollen, der den graumäusigen Bedenkenträgern und Steuergeldverschwendern im Parlament mal zeigt, wie Politik geht. Auch da war viel Blendwerk im Spiel. Dies nur als Merkposten für Politikverächter, die auf den nächsten Erlöser warten."
"Saarbrücker Zeitung": "Immer wieder hatte er beteuert, nicht vorsätzlich betrogen oder getäuscht zu haben, zugleich wollte er aber die Veröffentlichung der universitären Bewertung noch verhindern. Die Wahrheit hätte ihm mehr geholfen. Nun wird sich Guttenberg hoffentlich eingestehen, dass er am Ende über sich und sein Verhalten gestolpert ist und nicht über die Medien, den politischen Gegner oder sonst jemandem, der ihm Böses wollte. Guttenbergs politische Karriere ist beendet. An den Gedanken müssen sich nun auch seine vielen verbliebenen Fans gewöhnen."
"Stuttgarter Nachrichten": "Guttenberg hat getäuscht. Und noch immer werden viele sagen: Na und? Wem sei da ein Schaden entstanden? Und wem ein Nutzen? Lässlich nennen nicht wenige Guttenbergs Trickserei. Sie wittern weiter politische Motive hinter den Enthüllungen und halten den Rücktritt für übertrieben. Und wer will behaupten, sie lägen damit völlig schief? Fakt aber bleibt: Der frühere Verteidigungsminister hat zu lange gebraucht, um sich zu seinen Verfehlungen zu bekennen - und damit erkennen lassen, dass auch er seine vorsätzliche Täuschung für ein Kavaliersdelikt hält. Das aber endet selten gut. Nicht nur in der Politik."
"Leipziger Volkszeitung": "Unmissverständlich fällt das Urteil der Bayreuther Universität aus. Guttenberg hat einen schweren Verstoß begangen. Sich als Wissenschaftler heimlich aus fremden Quellen zu bedienen, ist kein Kavaliersdelikt. Letztendlich hatte er keine andere Wahl, als zurückzutreten. Die Affäre Guttenberg ist beendet. Doch das Phänomen bleibt rätselhaft. Der Mann, der der beliebteste Politiker Deutschlands war, setzte alles für seine öffentliche Inszenierung ein. Selbst sein Rücktritt geriet zum großen Schauspiel, das so manchen tief berührte und rückblickend nur noch grotesk wirkt. Warum hielt er so verbissen an seiner Verteidigungslinie fest, wohlwissend, dass der ganze Schwindel bald auffliegt?"
"Kölner Stadt-Anzeiger": "Wie es um Karl-Theodor zu Guttenberg steht, konnte man gestern an Details ablesen. So legte ein CSU-Bundestagsabgeordneter Wert auf die Feststellung, dass er mit dem ehemaligen Verteidigungsminister keineswegs per Du sei. Mit ihm verbinden sich keine Hoffnungen mehr. (.) Erschütternd bleibt seine Uneinsichtigkeit. Er hätte schon vor Monaten das Urteil über sich selbst sprechen - und auf Gnade hoffen können. Weil er dazu unfähig war, sprechen nun mit umso größerer Klarheit die anderen. So begab sich ein einst sehr stolzer Mann seines letzten schwachen Trumpfs." dpa/dapd
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