Haft nach Oben-Ohne-Protest: Deutsche Femen-Aktivistin "schockiert"
Weil drei Femen-Aktivistinnen mit nacktem Oberkörper protestierten, drohen ihnen nun mehrmonatige Haftstrafen. Damit hätten die jungen Frauen nicht gerechnet.
Für ihre barbusige Protestaktion hätten die drei in Tunesien inhaftierten Femen-Aktivistinnen offenbar keine juristischen Konsequenzen erwartet.
Markus Löning (FDP), der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, erklärte, die deutsche Feministin Josephine Markmann habe ihm bei seinem einstündigen Besuch im Gefängnis am Montag gesagt, sie sei völlig "schockiert" über das Vorgehen der tunesischen Behörden gewesen.
Löning: "Sie haben alle nicht damit gerechnet, dass sie verhaftet werden und im Gefängnis landen"
"Oben Ohne" in Tunis protestiert: Josephine Markmann in Haft
Allerdings habe die 19-Jährige sich "über die Zustände im Gefängnis oder ihre Behandlung dort in keiner Weise beschwert, im Gegenteil", sagte Löning. Insgesamt habe sie "gefasst" auf ihn gewirkt und nochmals bekräftigt, dass die Protestaktion vor dem Justizpalast in Tunis als reine Solidaritätsgeste gedacht gewesen sei und niemanden kränken sollte.
Die Hamburger Studentin und ihre zwei französischen Mitstreiterinnen hatten am 29. Mai mit nackten Oberkörpern gegen die Inhaftierung einer tunesischen Femen-Aktivistin protestiert, wofür sie mit jeweils viermonatigen Gefängnisstrafen belegt wurden.
Femen-Aktivistin Josephine Markmann: 20. Geburtstag im Gefängnis
"Über die Höhe der Strafe war ich doch etwas erschrocken", sagte Löning, "das widerspricht unserem Rechtsempfinden". Er persönlich hätte sich eine straffreie Abschiebung der Aktivistinnen gewünscht, hege aber noch "Hoffnung, dass das Urteil in der zweiten Instanz abgemildert wird". Laut dem Menschenrechtsbeauftragten wird Markmann, die ihren 20. Geburtstag am Wochenende hinter Gittern verbringen dürfte, weiter konsularisch betreut und hält über die deutschen Behörden Kontakt zu ihrer Familie und ihrem Anwalt.
Die französische Regierung bedauerte die Entscheidung des Gerichts. "Wir hatten auf Milde gehofft und können die Härte des Urteils nur bedauern", erklärte das französische Außenministerium in einer Mitteilung. Auch die Sprecherin der Regierung in Paris, Najat Vallaud-Belkacem, bedauerte die Entscheidung des Gerichts. Die beiden Französinnen würden in Tunesien "konsularischen Schutz" bekommen, fügte sie hinzu.
Tunesien: Reformprozess "nicht an der Causa Femen messen"
Zugleich warnte Löning davor, den Reformprozess in Tunesien allein an der Causa Femen zu messen. "Man muss anerkennen, dass sich die Tunesier nach Jahrzehnten der Diktatur mühevoll den Weg in die Demokratie erarbeiten", sagte der FDP-Politiker mit Verweis auf die Freiheit der politischen Debatte in dem islamischen Staat. "Den Blick darauf sollten wir uns nicht durch einen Vorfall verstellen lassen, der uns natürlich nicht gefällt."
Die Menschenrechtslage in Tunesien steht derzeit auch wegen der Bestrafung eines Rappers in der Kritik, der wegen Beleidigung der Polizei zu zwei Jahren Haft verurteilt wurde. Fünf Unterstützer des Mannes mussten am Montag bei der Kriminalpolizei vorsprechen. Ein weiterer Rapper blieb dem Termin fern, eine französisch-tunesische Journalistin hatte das Land schon vorher verlassen. (AZ/afp)
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