Hass erreicht den Fußball: Spieler von Maccabi Haifa verprügelt
Bei einem Test zwischen dem OSC Lille und Maccabi Haifa stürmen Männer den Platz und attackieren Spieler des israelischen Profiklubs. Tatort: das österreichische Bischofshofen.
Drei Minuten sind noch zu spielen. Die Mannschaft von Maccabi Haifa hatte keinen guten Tag. Im Testspiel gegen den OSC Lille im österreichischen Bischofshofen liegt der israelische Erstligist mit 0:2 zurück. Die Sache scheint gelaufen. Dann passiert etwas Unglaubliches. Eine Gruppe von etwa 20 jungen Männern, die schon vorher auf der Tribüne Stimmung gegen die Israelis gemacht hatte, stürmt den Platz. Die Angreifer wedeln mit türkischen und palästinensischen Fahnen, sie treten auf die perplexen Spieler in den grünen Trikots ein. Es kommt zu Kampfszenen.
Außenminister Sebastian Kurz: "Null Toleranz gegenüber Gewalt"
Polizisten haben Mühe, die Situation unter Kontrolle zu bekommen. Der Schiedsrichter bricht das Spiel ab. Doch der Zwischenfall ist damit nicht erledigt. In Wien sieht sich Bundeskanzler Werner Faymann zu einer Reaktion genötigt: „Österreich steht für ein friedliches Miteinander aller Religionen. Das soll auch in Zukunft so sein“, sagt der Sozialdemokrat. Auch sein Außenminister Sebastian Kurz meldet sich eilig zu Wort: „Die Täter müssen zur Rechenschaft gezogen werden, denn in Österreich darf es gegenüber religiös oder antisemitisch motivierter Gewalt absolut null Toleranz geben.“
Testspiele von Maccabi Haifi mit verschärften Sicherheitsvorkehrungen
Die Regierung in Wien weiß natürlich um den Sprengstoff, der in der Erstürmung des Fußballplatzes in der österreichischen Provinz liegt. Die Anfeindungen gegen Juden in Europa häufen sich, seit Israel täglich Raketen Richtung Gaza schießt. Ein weiteres Testspiel von Maccabi Haifa in Tirol soll nun unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen stattfinden. In Wörgl treten die Israelis am Samstag gegen den Bundesliga-Aufsteiger SC Paderborn an.
Noch heftigere Reaktionen provoziert der Nahost-Konflikt in Frankreich. Dort leben sechs Millionen Muslime und 600 000 Juden – jeweils mehr als überall sonst in Europa. „Krieg dort unten, Pulverfass hier“, titelte die Zeitung Libération. Bei propalästinensischen Kundgebungen am Wochenende in Paris und im Vorort Sarcelles wurden Synagogen angegriffen, ein jüdischer Lebensmittelladen und eine israelische Fahne gingen in Flammen auf. Wütende Menschen riefen „Tod den Juden“. Premierminister Manuel Valls ist alarmiert: „Es herrscht ein Antisemitismus in einer neuen Form, der sich im Internet, in den Netzwerken, den sozialen Brennpunkten und bei einer orientierungslosen Jugend ohne Geschichtsbewusstsein verbreitet“, warnte er.
Zentralrat der Juden respektiert freie Meinungsäußerung
Auch in Deutschland hatte es zum Teil aggressive Kundgebungen gegen Israel gegeben. „Das Sicherheitsgefühl der Juden hat sich durch die Demos einmal mehr verschlechtert“, sagte der Rektor der Hochschule für Jüdische Studien Heidelberg, Johannes Heil. Der Vizepräsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, bemühte sich im Gespräch mit unserer Zeitung um Deeskalation: „Selbstverständlich gibt es eine freie Meinungsäußerung und man kann beide Seiten kritisieren.“ Man müsse aber zwischen dem Judentum und dem Staat Israel unterscheiden.
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