Herr Bartsch und seine linke Tour
Der Fraktionschef der Linken in spe soll Akten über die eigenen Leute angelegt haben. Er wäre nicht der Erste, wenn er über eine solche "Dossier-Affäre" stolpert.
Man sagt ja: Wissen ist Macht. Das scheint sich Dietmar Bartsch auch gedacht zu haben. Der Mann, der bekanntlich Chef der Linken-Fraktion im Bundestag werden will, soll jedenfalls allerhand Informationen über seine Kollegen gesammelt haben. Wenn es stimmt, was die Welt berichtet, dann hat Bartsch die Mitglieder des Parteivorstands in verschiedene Kategorien eingeteilt. Da gab es zum Beispiel die „Z-Leute“. Mit denen droht ihm zumindest schon mal kein Ärger. Denn das „Z" steht in der Geheimsprache des Abgeordneten B. offensichtlich für „zuverlässig“.
Schwieriger wird es schon mit den „U-Herrschaften“. Denn die gelten als „unabhängig“. Auf gut Deutsch: Man kann nie so genau wissen, wie sie sich verhalten, wenn es mal hart auf hart kommt. Wenn zum Beispiel eine Auseinandersetzung mit der „L-Fraktion“ ansteht. Laut Welt steht der Buchstabe „L“ für „Lafodödel“. Gemeint sind also Gefolgsleute des früheren Parteichefs Oskar Lafontaine, kurz „Lafo“. Nun könnte man natürlich sagen: Der Bartsch hat Humor. Schließlich nennt er in seinen Dossiers den Parteivorsitzenden Bernd Riexinger gerne mal spöttisch „Ratzinger“. Man könnte aber auch sagen: So etwas macht man nicht. Die Mehrheit in der Linkspartei findet die Geheimakte Bartsch wohl wenig amüsant. Und natürlich steht die Frage im Raum: Wozu das Ganze? Und wer steckt noch dahinter?
Ist Bartsch' Aufstieg in die Fraktionsspitze der Linkspartei jetzt gefährdet?
Der Tagesspiegel berichtet, Noch-Fraktionschef Gregor Gysi selbst habe den Auftrag gegeben, die Loyalität der Kollegen zu überprüfen. Und das „L“ habe gar nichts mit Lafontaine zu tun, sondern stehe ganz banal für „Links“ – was in einer Partei, die sich „Die Linke“ nennt, ja nicht zwingend eine Beleidigung sein muss. Andererseits: Bartsch selbst gehört zum moderaten, eher unideologischen Flügel. Und so sind die „L-Kameraden“ wohl nicht unbedingt seine treuesten Mitstreiter.
Irgendwie erinnert die Sache an die legendäre „Dossier-Affäre“ um Monika Hohlmeier. Die Strauß-Tochter hatte einst im Streit mit renitenten Parteifreunden einen Plastikordner präsentiert – verbunden mit der ganz und gar unfreundschaftlichen Aussage: „Gegen jeden von euch gibt es was.“ Konnte man durchaus als Drohung verstehen, ja. Die CSU-Politikern musste jedenfalls seinerzeit zurücktreten. Das wird Dietmar Bartsch nicht gerne hören. Schließlich steht er doch gerade vor einem echten Karrieresprung. Sollte er tatsächlich – als Doppelspitze mit Sahra Wagenknecht (eindeutig „L“) – an die Spitze der Fraktion gewählt werden, ist er Oppositionsführer im Deutschen Bundestag.
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