Immer mehr Kurden fliehen vor der Terrormiliz Islamischer Staat
Die Lage um die Stadt Kobane in Syrien spitzt sich zu. Berlin beruft eine Konferenz ein.
Nach dem Vormarsch der Terrormiliz Islamischer Staat im Norden Syriens droht eine immer größer werdende Flüchtlingskatastrophe am Rande Europas und der Nato. Mehr als 130.000 Menschen flohen zwischen Freitag und Montag in die benachbarte Türkei, teilte der türkische Vizepremier Numan Kurtulmus mit. Die türkischen Behörden schlossen angesichts des Ansturms am Montag vorübergehend die Grenze. Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen sprach von einer Fluchtbewegung in bisher unbekannter Dimension.
Beobachter fürchten, dass allein die Kämpfe in der Nähe der nordsyrischen Stadt Ain al-Arab, die von den Kurden Kobane genannt wird, eine halbe Million weiterere Menschen in die Flucht treiben könnte. Auch westlich der umkämpften Stadt überquerten Menschen in panischer Angst vor den IS-Extremisten die Grenze zur Türkei.
Ansturm auf Überlandbusse in Richtung Türkei
Viele Flüchtlinge fanden bei Verwandten oder Bekannten in der Türkei eine neue Bleibe. Andere machten sich sofort auf den Weg Richtung Westen. Busunternehmer berichteten von einem Ansturm auf die Überlandbusse Richtung Istanbul oder Ankara. Für tausende weitere Syrer werden neue Zeltlager aus dem Boden gestampft oder bestehende Gebäude wie Moscheen oder Kulturzentren zu Auffangzentren umfunktioniert.
Gleichzeitig drängten einige syrische und türkische Kurden in die entgegengesetzte Richtung: Sie wollten nach Syrien hinein, um sich dort dem Kampf gegen den IS anzuschließen. Die kurdische Rebellengruppe PKK rief alle Kurden zur Mobilmachung gegen die Dschihadisten im Norden Syriens auf.
Allianz mit Syriens Präsidenten Assad kommt nicht infrage
Angesichts der Massenflucht unternimmt Deutschland einen neuen Vorstoß zur Lösung im Syrien-Konflikt. Auf Einladung von Außenminister Steinmeier (SPD) soll am 28. Oktober in Berlin darüber beraten werden, wie die Nachbarstaaten des Bürgerkriegslandes unterstützt werden können, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes. Zu der Konferenz sollen Vertreter der betroffenen Staaten eingeladen werden, vor allem aus Jordanien, dem Libanon und der Türkei. Eine Allianz mit Syriens Präsidenten Assad, um die Terroristen zu bekämpfen, komme aber nicht infrage, betonte die Sprecherin. „Wir warnen vor der naiven Logik: Der Feind meines Feindes ist mein Freund.“
Mehr Sozialarbeiter in bayerischen Erstaufnahmeeinrichtungen
Zugleich will Berlin europäische Staaten in die Pflicht nehmen, die von dem großen Flüchtlingsandrang noch kaum betroffen sind. Ein Sprecher des Innenministeriums kritisierte, dass „überhaupt nur zehn von 28 EU-Staaten Flüchtlinge in nennenswertem Umfang aufnehmen“. Er regte an, Asylbewerber nach ihrer Registrierung in einem EU-Staat vorübergehend in anderen Staaten unterzubringen.
Die Bayerische Staatsregierung beschloss am Montag den Ausbau der Flüchtlingsbetreuung durch zusätzliche Sozialarbeiter in den Erstaufnahmeeinrichtungen.
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