Die Europäische Union war nie perfekt. Warum es trotzdem richtig ist, dass die CSU ihre Begeisterung für das Projekt wiederentdeckt.
Sonderlich viel ist noch nicht zu spüren von jener Erneuerung, die die CSU nach ihrem Wahldämpfer angekündigt hatte. Die gründliche Aufarbeitung der Stimmenverluste scheuen viele Verantwortliche schon deshalb, weil sie dann ja auch eigene Fehler aufbereiten müssten.
Die CSU klingt fast so begeistert wie einst Helmut Kohl
Dass "Weiter so" aber auf Dauer nicht reichen wird, wissen kluge Parteistrategen natürlich. Deswegen wird wenigstens mit Blick auf Europa ein Umdenken nicht nur versprochen, sondern auch verwirklicht. Wenn die CSU-Spitze in diesen Tagen von Europa redet, klingt das fast so begeistert wie ein Helmut Kohl in seinen besten Jahren.
Das ist auch gut so, denn obwohl natürlich keineswegs alles perfekt ist in Europa, ist die Europäische Union derzeit die beste – und wirtschaftlich sinnvollste – aller Welten. Für Deutschland und für den Wirtschaftsstandort Bayern.
Geht es nur darum, Manfred Weber zu helfen?
Manche in der CSU mögen nur deshalb so reden, weil sie die Ambitionen ihres Parteifreunds Manfred Weber auf den Kommissions-Chefsessel befördern wollen. Ganz egal welches Motiv: Ein Fortschritt ist in jedem Fall, dass eine der letzten Volksparteien Europas einer Versuchung nicht nachgeben will: bei einer Europawahl Wahlkampf gegen Europa zu führen.
Die Diskussion ist geschlossen.
"Die Europäische Union war nie perfekt". Ich traue Manfred Weber zu, die nötigen Reformen voran zu treiben. Die EU muss endlich demokratischer, bürgernäher und realistischer werden. Die Völker Europas sind nicht zu weiteren Souveränitätsverlusten bereit. Nationale Interessen werden immer Vorrang haben. Die EU sollte sich auf das konzentrieren, was sie gut kann: Kultur, Handel, Austausch. Ein Europa über den Köpfen der Menschen hinweg, zerstört die Europäische Union und damit den Frieden.
Bereits im Jahr 2018 entdeckt die CSU Europa! Toll! Jetzt fehlt nur noch, dass Hubert Aiwanger auch antritt. Dann können beide Parteien eine neue Fraktion im EP gründen "die Provinziellen". Da finden dann auch viele polnische, ungarische, österreichische, etc. Kandidaten eine parlamentarische Heimat.
Sollte der etwas farblose Weber doch nicht Juncker-Nachfolger werden, dürfte es bei den Orban-Spezl'n mit der Europa-Euphorie bald ein Ende haben.
Gegen den Wendehals und Selfmade-Softie Söder, der erst vor ein paar Wochen das Ende des Multilateralismus ausrief, erscheint Seehofer langsam als ein Muster an Zuverlässigkeit und Beständigkeit.
Woran ist sie denn festzumachen, diese angebliche Begeisterung für Europa?
Ich erinnere an die bayerischen Unsäglichkeiten in dieser Richtung. Einer mehrmaligen tiefen Verbrüderung mit denen, die der EU den Garaus machen wollen. Bewusst und provokativ.
Da hilft die Erinnerung an den Ehrlosen Helmut Kohl nicht.
Hier und da eine gewisse Wortakrobatik: das reicht nicht.