Kein Maulkorb für Ministerin: Schwesig darf NPD kritisieren
Die NPD ist mit ihrer Klage gegen die Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig in Karlsruhe gescheitert. Die Ministerien hatte sich kritisch zu der rechtsextremen Partei geäußert.
Dürfen sich Bundesminister im Wahlkampf abfällig über die NPD äußern? Bundesfamilienminsterin Manuela Schwesig (SPD) hatte m Landtagswahlkampf in Thüringen gesagt, dass es "Ziel Nummer eins" sein müsse, dass die NPD nicht in den Landtag kommt. Die rechtsextreme Partei hatte daraufhin gegen die Politikerin geklagt. Nun entschied das Bundesverfassungsgericht: Bundesminister dürfen das - aber nur, wenn sie es außerhalb ihrer amtlichen Funktion tun.
Im Juni war bereits eine Klage der NPD gegen Bundespräsident Gauck gescheitert
Die NPD hatte ihre Klage als politischen "Torpedobezeichnet - nun wurde sie erneut zum Rohrkrepierer. (Az. 2 BvE 2/14) Im Juni war bereits eine erste Klage der NPD gegen Bundespräsident Joachim Gauck gescheitert, der Anhänger der Partei als "Spinner" bezeichnet hatte. Nun scheiterte auch das Verfahren gegen Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig.
Nach den Kriterien des Gerichts kommt es für die Zulässigkeit solch kritischer Äußerungen darauf an, in welcher Rolle Politiker sprechen: Äußern sie sich als Bundesminister und damit als "Staatsorgan", sind sie zu parteipolitischer Neutralität verpflichtet. Kritisieren sie andere Parteien nicht in ihrer "amtlichen Funktion" sondern als Parteipolitiker, dürfen sie aber durchaus "Partei ergreifen" und im politischen Meinungskampf vor Wahlen Stellung für oder gegen eine Partei beziehen.
Den Verfassungshütern zufolge könnten Minister wegen all der personellen, medialen und finanziellen staatlichen Macht, die sie haben, erheblich auf die öffentliche Meinung einwirken und damit den Wettbewerb politischer Parteien verzerren. Doch dies verbiete ihnen das Grundgesetz: Wahlen seien nur dann demokratisch, wenn die Chancengleichheit der Parteien gewahrt werde und Wähler in einem "freien, offenen Prozess" ihre Meinung bilden können. Deshalb hätten "Vertreter des Staates als solche allen zu dienen" und dürften vor Wahlen die Willensbildung des Volkes nicht beeinflussen, um damit ihre "Herrschaftsmacht zu erhalten", heißt es im Urteil.
Manuela Schwesig begrüßt das Urteil
Ob sich ein Bundesminister nicht als Staatsorgan, sondern als Parteipolitiker äußert, kann dem Gericht zufolge im Einzelfall an verschiedenen Kriterien erkannt werden. So dürfe er seine Äußerungen nicht "mit der Autorität des Regierungsamtes untermauern" und könne sie auch nicht in Form von Pressemeldungen mit Staatssymbolen oder Hoheitszeichen veröffentlichen. Bei Interviews oder Talkrunden müsse ein Minister darauf achten, ob er bei den Fragen jeweils als Regierungsmitglied, Parteipolitiker oder Privatperson angesprochen wird. Im ersten Fall müsse er das Neutralitätsgebot beachten, könne aber ansonsten durchaus am politischen Meinungskampf teilhaben.
Und der Bundespräsident? Gauck ist im Staatsgefüge vergleichsweise machtlos und hat wegen seiner mehr repräsentativen Sonderrolle laut Gericht die größte Redefreiheit. Der Bundespräsident stehe weder mit Parteien in direktem Wettbewerb um politischen Einfluss, noch habe er die Mittel der Bundesregierung oder ihrer Vertreter, um mit einer "ausgreifenden Informationspolitik" auf die Meinungsbildung des Volkes einzuwirken, befand das Gericht. Gauck bleibe deshalb nur die Macht des Wortes und er entscheide selbst, wie er seine Aufgaben mit Leben erfüllt.
Schwesig begrüßte das Urteil. Es mache deutlich, dass es "unser Recht ist, unsere Demokratie zu verteidigen gegen diejenigen, die sie abschaffen wollen", erklärte die Ministerin. Auch die Grünen-Fraktion im Bundestag freute sich: Nun sei klar, dass eine Ministerin ihre "Urteilsfähigkeit und Menschenrechtsorientierung nicht an der Garderobe des Ministeriums abgeben" muss. afp
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