Kinder werden immer öfter Opfer von Gewalt
Immer öfter werden Kinder in Deutschland getötet, verletzt oder sexuell missbraucht. Die Zahlen der Kriminalstatistik sind alarmierend.
In Deutschland gibt es immer mehr Gewalt gegen Kinder – das belegt die Kriminalstatistik. Immer öfter werden Kinder getötet, verletzt oder sexuell missbraucht. Und hinter den bedrückenden Zahlen, sagt Rainer Becker, Vorsitzender der Deutschen Kinderhilfe, steht immer das Schicksal von Kindern, die einen Namen haben. So wurden im vergangenen Jahr 133 Kinder unter 14 Jahren Opfer von Tötungsdelikten: Mord, Totschlag oder Körperverletzung mit Todesfolge. Das sind drei mehr als im Vorjahr und sogar 25 mehr als 2014. In vielen Fällen kommen die Täter aus dem engeren Umfeld. Besonders gefährdet sind Kinder, wenn sich ihre Eltern trennen, Liebe in Hass umschlägt und um die Kinder gestritten wird.
Die Dunkelziffer der Gewalttaten gegen Kinder ist deutlich höher
4.237 Kinder wurden 2016 misshandelt, erlitten teils schwerste Verletzungen – das sind fast 290 Fälle mehr als im Vorjahr. 14.296 Kinder wurden Opfer sexueller Gewalt, ein Anstieg um rund 370. Experten rechnen mit einer deutlich höheren Dunkelziffer. Julia von Weiler vom Verein „Innocence in Danger“ spricht von bis zu einer Million Kindern, die von sexueller Gewalt betroffen seien. Durch die digitalen Medien habe sexuelle Gewalt zudem eine ganz neue Dimension gewonnen. Das Smartphone sei das „ultimative Tatmittel für Missbrauchstäter“. Soziale Netzwerke oder Online-Spiele böten den Tätern ideale Möglichkeiten, mit Kindern und Jugendlichen in Kontakt zu treten – mit dem Ziel, sie zu missbrauchen.
Das Darknet ist Umschlagplatz für Kinderpornografie
Dass im Netz ein massenhafter Austausch von kinderpornografischen Darstellungen stattfindet, hat zuletzt der Schlag gegen die Betreiber der Plattform „Elysium“ gezeigt. (Mehr dazu lesen Sie unter: Polizei sprengt Kinderporno-Ring) Obwohl der im Darknet, einem versteckten Bereich des Internets, verborgene Umschlagplatz für Kinderpornos erst ein halbes Jahr bestand, hatte er weltweit bereits fast 90.000 Mitglieder. Die Bilder und Videos, die dort kursierten, zeigen laut Staatsanwaltschaft schwersten sexuellen Missbrauch und Gewalthandlungen.
Einem Mitglied der Plattform wird vorgeworfen, seine eigenen fünf und sieben Jahre alten Kinder missbraucht und anderen zum Missbrauch vermittelt haben. Andreas May von der bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt angesiedelten und für ganz Deutschland zuständigen Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität hat das Verfahren gegen die Betreiber geführt. Ermittlungen gegen die Szene, die ihre digitalen Spuren mit höchstem Aufwand zu verwischen versuche, seien extrem aufwendig und vor allem personalintensiv. Auch auf der „digitalen Straße“ würden mehr Polizisten benötigt.
Kinderhilfe-Chef Becker fordert eine konsequentere Strafverfolgung von gegen Kinder gerichteten Delikten: „Es kann nicht sein, dass für Einbruch eine Mindeststrafe von einem Jahr Haft gilt, bei Kindesmissbrauch aber nur ein halbes Jahr. In Deutschland wird Eigentum besser geschützt als die körperliche und seelische Unversehrtheit von Kindern.“
Die Diskussion ist geschlossen.
Der Schutz von Eigentum hat in Deutschland tatsächlich Priorität. Und da die Basis unserer Gesetzgebung, die die Familien betrifft, auf das Römische Recht zurück reicht, ist es kein Wunder, wenn sich unser Land mit dem Schutz von Kindern vor ihren eigenen Eltern schwer tut. Und das obwohl die meisten Erwachsenen wollen, dass es Kindern gut geht. Im alten Rom galt das Familienoberhaupt, der "Vater der Familie" als Herrscher über das Leben der übrigen Familienangehörigen. Sie unterstanden ihm alle. Sowohl die eigene Ehefrau, als auch beider Kinder, sonstige Verwandte und die Sklaven. Der pater familias hatte sogar das Recht, seine Untergebenen zu töten. In unserem Land wird die Elternschaft und das Leben in der Familie idealisiert. Viele Kinder haben es gut bei ihren Müttern, Vätern und anderen Angehörigen. Für einige bildet sie aber auch eine regelrechte Falle. In der Hinsicht müssen wir weiterdenken, mutig voran schreiten und nach und nach die Bedingungen im Sinne des Kindeswohls verbessern. Beim Eltern-werden handelt es sich letztlich um eine primitive biologische Angelegenheit, die jedes Haustier genauso gut kann. Eltern-sein erfordert viel. Manchen Erwachsenen wird zu viel abverlangt. Dann muss die ganze Gesellschaft, vertreten durch den Staat einspringen. Kinder leben vertragen in der Hinsicht keine Experimente.
Angelika Oetken, Berlin-Köpenick, eine von 9 Millionen erwachsenen Menschen in Deutschland, die in ihrer Kindheit und/oder Jugend Opfer schweren sexuellen Missbrauchs wurden