Körpersprache-Experte: "Er wirkt traurig, sie wie Marie Antoinette"
Was hat Wulff bei seinem Rücktritt gedacht? Körpersprache-Experte Günter Hübner analysiert ihn und sieht Betroffenheit. Nicht so bei seiner Frau Bettina.
"Er wirkt betreten und traurig." Zu diesem Ergebnis kommt Körpersprache-Experte Günter Hübner, als er Ex-Bundespräsident Christian Wulff bei seiner Rücktrittserklärung analysiert. Viel härter fällt das Urteil von Hübner über Bettina Wulff aus. Die frühere First Lady verrate sich durch ihr selbstbestimmtes Auftreten und verhalte sich dem Experten nach völlig unangemessen: "Sie sonnt sich genussvoll im Blitzlicht."
Die Haltung sagt mehr als die gesprochenen Worte
Es waren nur vier Minuten. Doch in dieser kurzen Zeit waren dutzende Kameras auf Christian Wulff gerichtet. Jede Regung in seinem Gesicht und jede Geste seines Körpers hielten sie genau fest. Die Rücktrittserklärung war genau durchgeplant - und dennoch hatte auch der im Umgang mit den Medien erfahrene Wulff nicht alles im Griff. Seine Haltung und auch die seiner Frau sagten mehr als die Worte selbst.
Günter Hübner hat sich die Erklärung genau angesehen. Der Experte für Körpersprache kann vieles in Gestik und Mimik lesen, während andere nur die gesprochenen Worte hören. Der gebürtige Dillinger analysiert Persönlichkeiten aus Medien, Politik und Wirtschaft. Dabei kommentiert und „entschlüsselt“ er die nonverbalen Botschaften ihrer Statements. Seine Analyse des Wulff-Rücktritts:
"Der Körper verrät den Menschen", sagt der Experte für Körpersprache. Der Auftritt von Wulff signalisiere klar, dass er sich nicht mehr halten könne und Halt suche - und das nicht nur im übertragen Sinn: "Christian Wulff steht nicht fest vor seinem Pult, man merkt, dass er keinen Halt mehr hat." Bei seinen Worten "Ich trete deshalb heute vom Amt des Bundespräsidenten zurück" halte er sich mit der linken Hand fest am Pult, man sehe, wie er schwankt. "Er kann sich im Amt nicht mehr halten, obwohl er seinem Körper das Festhalten empfiehlt", erkennt Günter Hübner: "Er ist keine Eiche im Wald mehr, die Standfestigkeit hat er verloren."
Christian Wulff wirkt betroffen und traurig
Der gesenkte Kopf des zurückgetretenen Bundespräsidenten zeige Demut, ist sich der 45-jährige Experte sicher. Hübner hat bereits die Körpersprache zahlreicher Politiker untersucht, darunter auch die der Kandidaten bei den Kanzlerduellen in den Jahren 2002, 2005 und 2009. Der Körpersprache-Trainer erkennt, wenn sein Gegenüber die Unwahrheit spricht oder unsicher ist - durch mimische Nuancen und kleine Gesten, die für ungeübte Augen kaum wahrnehmbar sind.
Christian Wulff machte bei seiner Ansprache auf den Körpersprache-Trainer einen betroffen und traurigen Eindruck. Ob der Politiker dabei Reue und Scham empfindet, könne man allerdings nicht sagen. Das sei allein an Gestik und Mimik nicht abzulesen. Allerdings ist sich Günter Hübner sicher, dass sich die Gedanken von Christian Wulff vor allem auf das Jetzt und nicht auf die Zukunft beziehen. "An die Zukunft kann man mit gesenktem Kopf nicht denken, dazu muss man geradeaus blicken."
Bettina Wulff genießt die Aufmerksamkeit in vollen Zügen
Im Gegensatz zu Wulff tat das seine Frau Bettina. Mit geraden Schultern und festem Blick stand sie während der Ansprache neben ihrem Mann auf dem Podest - und lächelte dabei. "Sie macht nicht den Eindruck, als sei sie stark betroffen", sagt Hübner offen. "Man sieht ganz klar, dass für Bettina Wulff das Demonstrieren von Demut bei ihrem Auftritt nicht die oberste Prioriät hat."
Vielmehr sei es ihr wichtig, die mediale Aufmerksamkeit in vollen Zügen zu genießen. "Es wirkt beinahe so, als müsse sie sich anstrengen, nicht offen zu lachen und das Publikum zu grüßen", sagt Günter Hübner überspitzt.
"Fast schon dreist"
Das betont selbstbewusste Auftreten und das süffisante Lächeln der früheren First Lady wirken auf Hübner nach eigenen Worten "fast schon dreist" und der Situation nicht angemessen. "Sie wirkt beinahe wie Marie Antoinette vor der französischen Revolution."
Denkt die PR-Beraterin an die goldene Marketing-Regel, dass auch schlechte PR gute PR ist? Bettina Wulff positionierte sich bei der Erklärung in Schloss Bellevue nicht hinter ihrem Gatten, sondern neben, beinahe sogar vor ihm. Auch nach der Ansprache wandte sich Bettina Wulff betont langsam von den Kamera-Objektiven ab und schritt in Richtung Ausgang. Der abgetretene Bundespräsident dagegen eilte mit gesenktem Kopf davon.
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