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  3. Friedberg: Mädchen (2) stirbt bei Unfall - wo Retter an ihre Grenzen stoßen

Friedberg
14.10.2014

Mädchen (2) stirbt bei Unfall - wo Retter an ihre Grenzen stoßen

Samstag, 11. Oktober, später Vormittag: Rettungskräfte am Unfallort bei Merching im Landkreis Aichach-Friedberg.
4 Bilder
Samstag, 11. Oktober, später Vormittag: Rettungskräfte am Unfallort bei Merching im Landkreis Aichach-Friedberg.
Foto: Bernhard Weizenegger

Ein zweijähriges Mädchen ist bei einem Unfall gestorben. Rettungskräfte haben lange um das Leben des Kindes gekämpft. Nun versuchen sie in den Arbeitsalltag zurückzukehren.

Als alles vorbei war, als ihm bewusst wurde, wie kaputt er sich fühlte, griff Dennis Wölfle zum Handy, wählte die Nummer seiner Freundin und sagte: „Du, ich brauche jetzt eine Umarmung.“ Gegen halb drei am Nachmittag fuhr er nach Hause, duschte und schraubte Küchenschränke an die Wand. Um irgendwas zu tun. Wenn schon die Gedanken nicht weg wollten von der Wiese neben der Staatsstraße, den Tränen der Kollegen, dem kleinen leblosen Körper am Boden.

„Es ist mein erstes totes Kind“, sagt Wölfle nun in der Gemeinschaftsküche der nagelneuen Rettungswache in Friedberg bei Augsburg. Drei Tage sind da seit dem Unfall vergangen. Wer ihn so vor seinem Kaffeebecher sitzen sieht, den kräftigen Kerl in Jeans und T-Shirt, denkt: Wenn einer das packt, dann er. 31 Jahre, hauptberuflicher Rettungsassistent beim Bayerischen Roten Kreuz, erfahren im Umgang mit Verkehrsunfällen.

Diesmal fehlte nicht viel, und selbst er hätte losgeheult

Einer mit spezieller Ausbildung. Er ist so etwas wie ein interner Stressmanager, Ansprechpartner für die Kollegen nach psychologisch belastenden Einsätzen. Einer, der wissen muss, wie man mit Tod, Trauer, diesem ganzen Mist umgeht. Neuerdings steht Wölfle zudem ehrenamtlich, außerhalb seiner eigentlichen Dienstzeit, als Einsatzleiter bereit, wenn Rettungsteams koordiniert werden müssen.

Diesmal fehlte nicht viel, und selbst er hätte losgeheult. Sein erstes totes Kind.

Dieser Morgen des 11. Oktober, ein Samstag, begann so: Dennis Wölfle hatte als Einsatzleiter Bereitschaft. Kurz nach halb elf klingelte zuhause in Friedberg sein Handy. Die Rettungsleitstelle meldete: schwerer Verkehrsunfall bei Merching, gut 15 Kilometer Richtung Süden. Mehrere Verletzte, darunter ein Kleinkind, das wiederbelebt werden musste. Ein Kind. „In diesem Moment wissen Sie: Das wird jetzt etwas ganz Spezielles.“ Mehrere Rettungswagen waren angefordert, zwei Notärzte, der ADAC-Hubschrauber Christoph 40 vom Augsburger Klinikum. Wölfle sollte den Rettungsdienst organisieren.

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"Man funktioniert praktisch immer"

Auf dem Weg zur Unfallstelle ertappte er sich dabei, wie ungeduldig er auf andere Verkehrsteilnehmer reagierte, weil die trotz Blaulicht und Sirene nicht schnell genug Platz machten. So kannte er sich gar nicht. Der Ablauf ist klar, zigfach trainiert, das ist sein Job. „Gerade junge Kollegen haben vor solchen Einsätzen Bedenken, ob sie alles richtig machen werden. Aber die Erfahrung zeigt: Man funktioniert praktisch immer. Die Probleme kommen erst, wenn alles vorbei ist.“

Kurz vor elf, Staatsstraße 2052 zwischen Steindorf und Merching, Straßensperre. Wölfle überblickte die Lage. Eine 26-jährige Frau aus dem Kreis Landsberg war mit ihrem Opel Corsa in einer Linkskurve aufs Bankett gekommen, ins Schleudern geraten und mit einem entgegenkommenden Fahrzeug zusammengestoßen. Es war ihr Geburtstag. Mit im Auto saß ein zweijähriges Mädchen. Die Frau war seine Tante. Sie war ansprechbar, aber schwer verletzt. Auch die Unfallgegnerin, eine 32 Jahre alte Frau, erlitt Blessuren. Beide kamen ins Krankenhaus.

Das Mädchen war durch den Aufprall etwa 30 Meter aus dem Auto geschleudert worden. Wölfle sah, wie zwei seiner BRK-Kollegen versuchten, das Kind wiederzubeleben. Erst sie allein, dann zusammen mit einem Notarzt und einem Sanitäter der Hubschrauber-Besatzung.

45 Minuten lang.

Als alles vorbei war, blickte Wölfle in die Gesichter seiner Kollegen. „Da sieht man dann, wie sich so ein Ereignis auf die Festplatte brennt.“ Wie die Routine verblasst.

In den vergangenen Jahren ist für solche Fälle vielerorts in Bayern ein psychologisches Hilfsnetzwerk entstanden. Angehörigen und Ersthelfern beispielsweise steht das Kriseninterventionsteam zur Seite. Ehrenamtliche, psychologisch speziell geschulte Leute. Bis die in Merching vor Ort waren, hatte sich die Feuerwehr um die Eltern des Kindes gekümmert, die natürlich informiert worden waren. „Eine Extremsituation für alle“, sagt Ben Bockemühl, 35, Kreisbrandrat für Aichach-Friedberg. „Aber die Kollegen werden schon in der Grundausbildung darauf vorbereitet.“

Auch darauf, wie man selbst damit umgeht. Das Klischee von den harten Jungs, von Berufen, in denen Gefühle etwas für Weicheier sind, werde mehr und mehr aufgebrochen, sagen Führungskräfte. Und wo das noch nicht der Fall ist, sei das unbedingt wünschenswert.

Die etwa 45 Leute der Feuerwehren Mering und Merching arbeiteten den Einsatz unmittelbar danach auf ihren Wachen auf. „Das ist Routine in so einem Fall“, sagt Bockemühl. Bei Bedarf wären externe Berater parat gestanden. „Man sieht da, wie wichtig Prävention ist“, sagt der Kreisbrandrat. „Dass die Leute darauf vorbereitet sind, in den folgenden zwei, drei Nächten womöglich nicht gut zu schlafen.“

Wieder ein totes Kind

Als alles vorbei war, legte Dennis Wölfle die Einsatzleitung für einen Moment beiseite. Es galt zu trösten. Die eigenen Leute, die weinende Fahrerin des Notarztes. Die Hubschrauber-Besatzung wurde schnell abberufen. Später musste sie noch einmal zu einem Verkehrsunfall. Diesmal nach Schongau, diesmal mit zwei Toten. Darunter wieder ein Kind. Es hatte an diesem Tag Geburtstag. Wie die Tante des Mädchens beim Unglück in Merching.

Noch vor Ort organisierte Wölfle ein Ersatzteam für die beiden Rot-Kreuz-Kollegen, die versucht hatten, das Mädchen wiederzubeleben. So etwas läuft nach Absprache. Will das Duo raus aus der Schicht, springen Kollegen ein. Wenn nicht, können sie weiterarbeiten. Beide wollten raus. Kurz nach Zwölf waren sie zurück auf der Wache. Nun war Wölfle der psychologische Berater – und Betroffener zugleich. „Nachbesprechung“ nennt sich das so lapidar, was im Grunde ein erstes Ordnen des Gefühlschaos ist. Soweit das geht. Knapp eine Stunde nahmen sie sich dafür Zeit.

Dennis Wölfle trat noch in der selben Nacht seinen Dienst als Rettungsassistent an. Montags war die Truppe wieder komplett. Wiederum 24 Stunden später ist Wölfle bereit zu reden. Die Kollegen wollen lieber nicht. Er bittet um Verständnis. Sie seien doch zu aufgewühlt.

Es ist genau der Tag, an dem Patrick Rott weiche Knie bekommt. Als die Erinnerungen ihn überrollen. Plötzlich hat er ein ungutes Gefühl dabei, in den Rettungswagen zu steigen. Mit seinen Worten: „Da hat es mich komplett geflasht.“ Rott ist einer der beiden BRK-Einsatzkräfte, die um das Leben der Zweijährigen kämpften. Und der nach reiflicher Überlegung nun doch seine Geschichte erzählen will.

Tränen? „Das ist mir noch nie passiert.“

Inzwischen ist Freitag. Seit dem Unfall ist fast eine Woche vergangen. Diesmal: ein Büro auf der Friedberger Wache, geschlossene Tür, unter vier Augen. Rott, 36, Rettungsassistent seit 2001, stellvertretender Wachleiter, ein großer schlanker Mann, öffnet sein Innenleben. Erzählt, wie es ihm „eiskalt den Rücken“ runterlief, als er auf der Anfahrt zum Unfallort von dem Kleinkind erfuhr. Er, der zweifache Familienvater. Wie er die Ersthelfer antraf, die schon mit der Reanimation begonnen hatten, „man muss den Hut vor ihnen ziehen“. Wie er „funktionierte“, seinen Job machte, versuchte, alles auszublenden. Und wie ihm trotzdem mittendrin die Tränen übers Gesicht liefen. „Das ist mir noch nie passiert.“

Schon einmal, das ist Jahre her, hatte er vergeblich versucht, ein Kind wiederzubeleben. Er war jung, damals vielleicht noch abgeklärter. Vor allem: „Ich hatte selbst noch keine Kinder.“ Vermutlich, so sieht er das, geht ihm deshalb der jetzige Fall dermaßen an die Nieren.

45 Minuten verzweifelter Kampf um ein Leben

45 Minuten verzweifelter Kampf um ein Leben, das noch gar nicht richtig begonnen hatte. Wie war das, als alles vorbei war? Rott überlegt. Er sucht nach den richtigen Worten. Dann sagt er: „In diesem kurzen Moment ist die Zeit stehen geblieben und die Welt zusammengebrochen.“ Und dann: „Ich habe meine Kinder dort gesehen.“

Zusammen mit seinem Kollegen versorgte er die Wunden der Kleinen, reinigte sie, deckte sie zu. Dann wurde ihm klar, dass er diesen Ort jetzt nicht verlassen konnte. Er blieb an ihrer Seite, mitten im Acker, allein. Er begann, mit dem Kind zu reden. „Ich habe ihr schöne Dinge erzählt, was mir in den Sinn kam.“ Er streichelte ihr die Wange.

Die Notarzt-Fahrerin brachte Rott die Kapuze einer Jacke, die im Acker gelegen war. Sie gehörte dem Kind. Vorsichtig zog er dem Mädchen die Kapuze über den Kopf. „Es war ja kalt da draußen.“ Erst als die Eltern Abschied von ihrem Kind nahmen, zog sich Rott zurück.

Als alles vorbei war, war nichts vorbei

Als alles vorbei war, war nichts vorbei. Das spürte er schon bei der Nachbesprechung auf der Wache. „Es flossen sehr viele Tränen.“ Er ist mit sich im reinen, das schon. „Der Einsatz lief gut ab. Ich habe keine Schuldgefühle, wir haben alles versucht.“ Aber: „Ich brauche Zeit.“ Übers Wochenende ist er krankgeschrieben. Er weiß jetzt schon: „Ich werde diesen Einsatz mein Leben lang nicht vergessen.“

Ein Gutachter muss nun die Unfallursache klären. Bei Feuerwehren und Rettungsdiensten zieht der Alltag wieder ein. Am Sonntag, also vor zwei Tagen, setzen sich Wölfle und die beiden Rot-Kreuz-Kollegen aus Friedberg für ein paar Stunden noch einmal zusammen. Diesmal sind auch die Hubschrauberbesatzung und die Fahrerin des Notarztes dabei. „Strukturiertes Aufarbeiten“ nennt Wölfle das neutral. „Da werden die Kollegen zu einer großen Familie“, sagt Rott.

Am Tag des Unfalls ging Patrick Rott abends noch Einkaufen. Um irgendwas zu tun. Nach ein paar Minuten flüchtete er aus dem Supermarkt und fuhr wieder nach Hause zu seiner Familie. Der Tag darauf sollte nur ihr gehören.

Dennis Wölfle, Einsatzleiter, Gesprächspartner und Rettungsassistent, unterhielt sich lange mit seiner Freundin. Sie ist Krankenschwester. Irgendwann sagte er zu ihr: „Ich glaube, dieser Einsatz hat mich fünf Jahre meines Lebens gekostet.“

Polizisten haben täglich mit Gewalt und Unglücksfällen zu tun. Seit dem Tod eines Kollegen bei Donauwörth stellt sich die Frage: Tut die Polizei genug für die Seele der Beamten? Lesen Sie hier unsere Reportage zum Thema.

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