Merkel und Schulz machen kleine Schritte auf dem Weg zur GroKo
Angela Merkel und Martin Schulz wollen in Sondierungen für eine neue Große Koalition gehen. Die SPD hält sich dabei alle Optionen offen.
Angela Merkel, gewandet in Tannengrün, wirkt so entspannt, als hätte es die aufreibenden und letztlich erfolglosen Verhandlungen über eine Jamaika-Koalition nie gegeben. Eine Woche nach dem Abbruch der Gespräche zwischen Union, FDP und Grünen gibt sie sich betont gelassen – und zeigt sich bereit für den nächsten Anlauf zur Regierungsbildung. Der freilich noch schwieriger werden könnte als der gescheiterte Jamaika-Versuch. Mangels Alternativen soll jetzt eben mit der bislang demonstrativ unwilligen SPD sondiert werden, so beschließt es der CDU-Bundesvorstand.
Im Berliner Konrad-Adenauer-Haus kündigt Parteichefin Merkel anschließend an, die Gespräche über eine mögliche Fortsetzung der Großen Koalition würden „ernsthaft, engagiert und redlich“ geführt – so, wie es auch in den Jamaika-Sondierungen der Fall gewesen sei. Im In- und Ausland werde schließlich ein handlungsfähiges Deutschland mit einer stabilen Regierung erwartet. Die Spitzen von CDU und CSU seien bereit, Verantwortung zu übernehmen „und sehen sich als Stabilitätsanker“, so die Bundeskanzlerin. Konkrete inhaltliche Bedingungen oder Forderungen der Union an die SPD will Merkel nicht nennen – gesprochen werde auf der Grundlage des Parteiprogramms. Allerdings sei klar, dass eine Regierungsbildung auch Kompromisse erfordere.
Martin Schulz: "Keine Option ist vom Tisch"
Kurze Zeit später im gut vier Kilometer entfernten Willy-Brandt-Haus, der SPD-Zentrale, stellt ein müde wirkender Martin Schulz sich der Presse. Auch hinter ihm liegen schwierige Sondierungen – mit sich selbst. Noch vor Wochenfrist hatte der Parteichef eine Fortführung der Großen Koalition kategorisch ausgeschlossen, wie schon am Wahlabend. Nun, nach einem eindringlichen Appell von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier an die staatspolitische Verantwortung der SPD, schlägt Schulz andere Töne an. Eine Zusammenarbeit mit der Union schließt er nicht mehr aus, will sich aber nicht darauf festlegen, wie diese aussehen solle.
„Keine Option ist vom Tisch“, sagt Schulz. Das heißt: Neben einer neuen Großen Koalition will die SPD auch über eine mögliche von ihr tolerierte Minderheitsregierung sprechen. Schulz warnt davor, die anstehenden Gespräche nicht zu intensiv mit Forderungen und „roten Linien“ zu belasten – sonst werde es schwierig. Schließlich sei es die „Kraftmeierei in den Medien“, die manche Teilnehmer der Jamaika-Runde an den Tag gelegt hätten, die zum Scheitern der Sondierungen geführt hätte. Doch wie zuvor schon Merkel macht Schulz klar, dass auch die SPD die Gespräche auf der Grundlage ihres Parteiprogramms führen werde.
Schulz sieht es nicht als Problem, dass er eine Große Koalition zuvor ausgeschlossen hatte
Zuvor hatten etliche SPD-Spitzenpolitiker schon laut ihre Bedingungen für eine Beteiligung an einer Regierung mit der Union verkündet: Etwa die Einführung einer Bürgerversicherung, das Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit und dass Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus künftig wieder ihre Familien nachholen dürfen. Schulz verspricht nur, dass die SPD am Ende ihre Mitglieder entscheiden lassen werde – „egal, was dabei herauskommt“. Also über eine Tolerierung einer Minderheitsregierung ebenso wie über eine neue Große Koalition. Dass er und der gesamte SPD-Vorstand eine Fortsetzung des schwarz-roten Bündnisses noch vor wenigen Tagen komplett ausgeschlossen hatte, sieht Schulz nicht als Problem. „Im Lichte der Ereignisse werden alle ihre Beschlüsse weiterentwickeln müssen“, sagt er. Sogar der griechische Premier Alexis Tsipras, berichtet Schulz, habe ihn und die SPD per SMS zur Regierungsbildung ermuntert, schließlich gehe es um die Zukunft Europas.
Schon am Donnerstag beginnt der Prozess, an dessen Ende eine Fortsetzung der GroKo stehen könnte. Dann werden Merkel, Schulz und CSU-Chef Horst Seehofer bei Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zusammenkommen, um gemeinsam über eine mögliche Regierungsbildung zu beraten. Sollte es dabei nicht zu „tierischem Stress zwischen allen Beteiligten“ kommen, so Schulz, seien weitere Gespräche „sehr wahrscheinlich“.
Wir wollen wissen, was Sie denken: Die Augsburger Allgemeine arbeitet daher mit dem Umfrageinstitut Civey zusammen. Was es mit den Umfragen auf sich hat und warum Sie sich registrieren sollten, lesen Sie hier.
Die Diskussion ist geschlossen.