Möglicher Flugzeug-Abschuss: Lufthansa und Air France reagieren spät
Seit Monaten wird in der Ostukraine gekämpft. Hätten die Fluggesellschaften nicht darauf reagieren und ihre Flugrouten ändern müssen?
Der Absturz der malaysischen Passagiermaschine über der Ostukraine hat große Fluglinien wie die Lufthansa, Air France und Delta auf den Plan gerufen. Die Gesellschaften erklärten nach dem Unglück vom Donnerstag, den ostukrainischen Luftraum "bis auf Weiteres" zu meiden. Viele Fluggesellschaften leiteten allerdings bereits vor Monaten Flüge an dem Gebiet vorbei. Die Pilotenvereinigung Cockpit warnte derweil vor vorschnellen generellen Verboten.
Einer Lufthansa-Sprecherin zufolge waren noch am Donnerstagabend vier Flüge von den Umleitungen betroffen, bei denen es "geringe Verspätungen" gegeben habe. Die Vermeidung des Gebiets gelte nun "bis auf Weiteres". Die französische Air France und die US-Gesellschaft Delta äußerten sich ähnlich. Die spanische Billiglinie Vueling erklärte, auch für den Freitag geplante Flüge nach Kiew würden gestrichen. Die "Sicherheit der Fluggäste" habe "oberste Priorität".
Vor allem Flüge nach Südostasien führen über ukrainisches Gebiet. Schon mit Beginn der Krise um die ukrainische Halbinsel Krim Anfang März hatten allerdings zahlreiche Fluglinien ihre Routen aus Sicherheitsgründen angepasst, darunter die koreanischen Airlines Korean Air und Asiana sowie die australische Fluglinie Qantas.
Die taiwanische Linie China Airlines zog Anfang April nach. Die Routen von Airberlin führen zwar nicht über die Ostukraine, Flüge über andere Landesteile stoppte die Airline aber auch bereits seit Beginn der Krim-Krise.
Malaysischer Regierungschef: Internationale Behörden stuften Route als sicher ein
Die Verantwortung, ob Flüge einer Linie umgeleitet werden, solange der Luftraum nicht gesperrt ist, liegt allein bei der jeweiligen Airline. Auf die Frage, weshalb die Lufthansa erst am Donnerstag reagierte, verwies die Unternehmenssprecherin darauf, dass es eine Sperrung des Luftraums der Region bis dahin nicht gegeben habe. Der malaysische Regierungschef Najib Razak erklärte dazu ebenfalls, die zuständigen internationalen Behörden hätten die Route als "sicher" eingestuft. Stunden zuvor hätten außerdem noch Maschinen diverser anderer Linien die Routen genutzt.
Tatsächlich hatten die ukrainischen Behörden den Luftraum über der Region erst am Donnerstagabend nach dem Absturz gesperrt. Die europäische Luftraumaufsicht Eurocontrol erklärte daraufhin, sie werde keine Flugrouten über das Gebiet mehr genehmigen. Zuvor waren neben Lufthansa und Air France auch Fluglinien wie Air India, Thai Airways und Vietnam Airlines noch über das Gebiet geflogen.
Jörg Handwerg von Cockpit sagte AFP, die Sicherheitslage würde "heute wahrscheinlich anders bewertet" werden. Die Verantwortung dafür liege bei den Fluglinien. Für eine generelle Änderungen der Routen sei ein "valides Argument" nötig, da dadurch "deutliche Umwege" mit "finanziellen Konsequenzen" verursacht würden. Würde jedes Land ausgespart, "in dem jemand mit einer Kalaschnikow schießt, können wir den Flugbetrieb außerhalb von Europa fast einstellen".
Auch die Flughöhe von MH17 galt bislang als sicher genug
Experten bewerten die Entscheidung mancher Linien, bis zuletzt über die Ostukraine zu fliegen, unterschiedlich. Der Luftfahrtsicherheitsexperte Geoff Dell von der australischen Universität Queensland sagte dem TV-Sender Sky News, gefährliche Orte müssten "vermieden werden". Es dürfe auf Kosten der Passagiere, der Crew und der Maschine "kein Risiko" eingegangen werden.
Malaysia Airlines erklärte, das Flugzeug sei in einer Höhe von fast 10.700 Metern unterwegs gewesen. Beim Eintritt in den ukrainischen Luftraum hätten die Piloten die Anweisung erhalten, die Flughöhe um etwa 600 Meter zu reduzieren. Eine solche Höhe werde im Regelfalls als sicher eingestuft, sagte Gerry Soejatman vom Fluganbieter Whitesky Aviation in Indonesien. Letztlich habe jede Fluglinie ihren eigenen Umgang mit solchen Risiken. Der Vorfall werde aber vermutlich zu einer Neubewertung der möglichen Gefahren führen. afp
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