Nach Wiederwahl Obamas: Kurs auf Zusammenarbeit
Das Angebot des wiedergewählten Präsidenten Barack Obama, gemeinsam für ein besseres Amerika zu arbeiten, wird von den Republikanern begrüßt.
Nach der Wiederwahl Barack Obamas als US-Präsident und der Bestätigung der Verhältnisse im Kongress gehen die Akteure in Washington vorsichtig aufeinander zu. Der Sprecher des von der Opposition beherrschten Repräsentantenhauses, John Boehner, signalisierte Verhandlungsbereitschaft: „Herr Präsident, dies ist Ihr Moment. Wir sind bereit, geführt zu werden, nicht als Demokraten oder Republikaner, sondern als Amerikaner“, sagte er. „Wir wollen, dass Sie Erfolg haben.“
In seiner Siegesansprache hatte Obama bereits erklärt, mit beiden Parteien zusammenarbeiten zu wollen. Vor allem über der Frage, wie die Schulden des Landes in den Griff zu bekommen sind, haben sich die Fronten in den vergangenen Jahren verhärtet.
Streit um höhere Steuern
Der Präsident und seine Demokraten bestehen darauf, als Teil einer Lösung Steuererleichterungen für Reiche auslaufen zu lassen; die Republikaner weigern sich, irgendeine Einkommensgruppe stärker zu belasten als bisher. Wenn die Parteien sich bis Jahresende nicht einigen, stürzt die Nation über das sogenannte Fiscal Cliff (Haushaltsklippe): Dann treten für 90 Prozent der Haushalte Steuererhöhungen in Kraft und das Bundesbudget wird in vielen Posten pauschal zusammengestrichen (siehe eigenen Bericht).
Anders als erhofft haben die Wähler am Dienstag die Machtverhältnisse nicht verändert. Nun sind die Politiker zu Kompromissen verdammt. Obamas Sieg sei kein Mandat für Steuererhöhungen, hatte Boehner zwar in einer ersten Reaktion Dienstagnacht klargestellt. Am Mittwoch klang er aber zumindest im Ton konzilianter: Die Partei sei bereit, neue Einkommensquellen zu erschließen, sagte er, nämlich „als Nebenprodukt einer wachsenden Wirtschaft, angetrieben von einem einfacheren, klareren, faireren Steuerschlüssel, mit weniger Schlupflöchern und niedrigeren Sätzen für alle“. Neben der Steuerfrage gibt es auch Streit um Einschnitte bei der staatlichen Rentenversicherung und der Krankenversicherung für Behinderte und Senioren.
Der unterlegene Präsidentschaftskandidat Mitt Romney verabschiedet sich am Mittwoch von zahlreichen seiner Großspender und Helfer. Letztere sehen sich harscher Kritik ausgesetzt: Die Washington Post zitierte unter dem Deckmantel der Anonymität wütende Angriffe auf ein Team, das viele als Trupp überforderter Amateure erlebt hätten.
Der unterlegene Romney gibt „Sandy“ die Schuld
Romney selbst ließ lediglich durchblicken, dass der Wirbelsturm „Sandy“ kurz vor der Wahl für ihn ein Nachteil gewesen sei. Im Gegensatz zu anderen Republikanern verzichtete er auf Kritik an seinem Parteifreund Chris Christie. Der Gouverneur des Bundesstaats New Jersey hatte den Präsidenten für dessen effiziente Hilfe gelobt.
In den kommenden Wochen muss der Präsident auch sein Kabinett umbilden. Außenministerin Hillary Clinton und Finanzminister Timothy Geithner wollen ausscheiden, auch Generalbundesanwalt Eric Holder wird Amtsmüdigkeit nachgesagt. Verteidigungsminister Leon Panetta ist im Rentenalter und gilt ebenfalls als Ablösekandidat. Es wird erwartet, dass der Präsident den Einschnitt nutzt, um seine Teams im Kabinett und im Weißen Haus neu aufzustellen.
Zum Topthema haben Obama, Vizepräsident Joe Biden und der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Harry Reid, die Einwanderungsreform erklärt. Sie soll den elf Millionen Immigranten, die illegal in den USA leben, einen Weg zur Staatsbürgerschaft eröffnen.
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