Neue bayerische Bescheidenheit bei den Länderfinanzen
Gemessen an den ursprünglichen Forderungen hat CSU-Chef Seehofer in Berlin bei der Reform des Länderfinanzausgleichs einen bescheidenen Erfolg erzielt. Zufrieden ist er trotzdem.
Die Staatsregierung wird von 2020 an voraussichtlich gut 1,3 Milliarden Euro weniger Geld für den alljährlichen Finanzausgleich an den Rest der Republik überweisen müssen. Das ist das Ergebnis des Kompromisses, den die Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer ausgehandelt haben. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) sprach am Freitag in München von einer "historischen Stunde", weil sich Ministerpräsidenten von Union, SPD, Grünen und Linken nach jahrelangem Streit einig wurden.
Gemessen an den heutigen Zahlungen Bayerns bedeutet die künftige Regelung keine echte Reduzierung der Belastung, sondern lediglich eine Dämpfung des rasanten Anstiegs. Der eigentliche Länderfinanzausgleich wird abgeschafft und durch ein neues Ausgleichssystem bei der Umsatzsteuer ersetzt.
Ohne den Kompromiss müsste die Staatsregierung 2019 voraussichtlich 8,4 Milliarden Euro berappen, um finanzschwächere Länder über Wasser zu halten. Dank des Kompromisses wird die Belastung Bayerns zu Beginn des nächsten Jahrzehnts mit gut sieben Milliarden Euro etwas geringer ausfallen. Zustimmen muss aber noch der Bund.
Im Vergleich zu 2014 gibt es immer noch einen Anstieg der bayerischen Zahlungen
Der Haken: Im Vergleich zu 2014 würde das immer noch einen Anstieg der bayerischen Zahlungen um mehr als zwei Milliarden Euro bedeuten. Ursprünglich hatte Seehofer nicht eine bloße Dämpfung des Anstiegs, sondern eine kräftige Reduzierung der bayerischen Beiträge gefordert.
Deswegen hatte die Staatsregierung die Idee, das Hauptempfängerland Berlin ganz aus dem Finanzausgleich herauszunehmen und die Kosten dem Bund zuzuschieben. Das konnte Seehofer nicht durchsetzen. Von einer echten Reduzierung der bayerischen Belastung kann nun keine Rede sein. Seehofer findet bei der Pressekonferenz am Tag danach dann auch eine originelle Formulierung, warum er sich ins Unvermeidliche fügt: "Mir steht nicht die Wunschwelt zur Verfügung."
Und Seehofer nutzt die Gelegenheit, um Finanzminister Markus Söder einen Tritt vors Schienbein zu verpassen. Der hatte 2014 eine Halbierung der bayerischen Zahlungen verlangt. Man hätte auch eine Entlastung von zwei Milliarden Euro fordern können, sagt Seehofer in Gegenwart des neben ihm stehenden Finanzministers - "und am Ende werden Sie um null Euro entlastet." Soll bedeuten: Wer zu laut schreit, geht am Ende ganz leer aus.
Doch Söder bekundet ebenfalls seine Zufriedenheit: Bis zum Jahr 2030 bedeute der Kompromiss eine Entlastung Bayerns um 12 Milliarden Euro, sagt er. Obwohl Seehofer und Söder die ursprünglichen Ziele nicht erreichten, haben sie trotzdem Grund zu maßvoller Zufriedenheit.
Die größten Gewinner sind zwar Bremen und das Saarland, die einen eigenen "Belastungsausgleich" für ihre Schuldenberge heraushandeln konnten. Doch zumindest im Vergleich der westdeutschen Flächenländer schneidet Bayern sehr gut ab. Pro Bürger muss Bayern künftig 105 Euro weniger zahlen, in den anderen Flächenländern liegt die Entlastung lediglich zwischen 90 und 100 Euro.
Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen sträubten sich gegen den Kompromiss
Dem Vernehmen nach sträubten sich am Donnerstag zuletzt noch Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen gegen den Kompromiss. Der Düsseldorfer Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) soll die Entlastung Bayerns zu üppig ausgefallen sein.
Die Opposition im Landtag wirft Seehofer nun mangelnde Durchsetzungskraft vor. Die jetzt für das Jahr 2019 in Aussicht gestellte Entlastung Bayerns um 1,3 Milliarden Euro bedeute eine Reduzierung von nicht einmal 20 Prozent, sagte der SPD-Haushaltsexperte Volkmar Halbleib am Freitag. Finanzminister Markus Söder (CSU) habe 2014 noch eine Halbierung in Aussicht gestellt. "Ziel deutlich verfehlt", kritisierte Halbleib.
Die Grünen begrüßen den Kompromiss als solchen, werfen aber Seehofer vor, mit seinen Drohungen und der bayerischen Verfassungsklage gegen den Finanzausgleich nichts erreicht zu haben. "Die länderübergreifende Einigung zeigt, wie absurd das Säbelrasseln der CSU und die einsame Klage Bayerns waren", kritisierte Finanzexpertin Claudia Stamm. Die Klage aber will Seehofer erst zurückziehen, wenn der Kompromiss in Gesetzesform gegossen ist. Von Carsten Hoefer, dpa/lby
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