OB-Wahl verschoben: Köln hat das Zeug zum Karnevalsschlager
Die Kölner Kommunalpolitik macht mal wieder bundesweit Schlagzeilen. Nach der falsch ausgezählten Wahl sorgen jetzt Stimmzettel für Ärger. Die OB-Wahl muss verschoben werden.
„Über keine Stadt der Welt“, schwärmt Henriette Reker, „gibt es mehr Lieder.“ Da hat die parteilose Oberbürgermeisterkandidatin, die von CDU, FDP und Grünen unterstützt wird, absolut recht. Aber wirklich Neues erfährt man aus diesem Liedgut meistens nicht. Eigentlich war schon immer jedem klar, dass die Stadt an einem nicht ganz unbedeutenden Fluss liegt („Mir sin Kölsche us Kölle am Rhing“, erzählen die Paveier) und dass sie über ein nur schwer zu verrückendes sakrales Bauwerk verfügt („Mer losse d’r Dom in Kölle“, singen die Bläck Fööss).
Um diese Monotonie zu beenden, steht die Verwaltung der Millionenstadt in der Pflicht, übers Jahr neue Themen für die Büttenredner und Sänger der Karnevals-Prunksitzungen zu generieren. In diesem Jahr entwickelt sie dabei besonders viel Fleiß. Erst kam heraus, dass bei der Auszählung der Kommunalwahl geschlampt worden war – und zwar so gründlich, dass sich bei der Nachzählung eine Umkehrung der Mehrheitsverhältnisse ergab. Und jetzt hat die Verwaltung bei den Stimmzetteln für die Oberbürgermeisterwahl am 13. September getrickst. Mit Folgen: Die Wahl in Köln muss verschoben werden. Da kann der ewige Konkurrent Düsseldorf nicht mehr mithalten und auch sonst keine Kommune in Nordrhein-Westfalen. Ein Alleinstellungsmerkmal für die Vielbesungene. „Viva Colonia“ (Es lebe Köln), um mit den Höhnern zu sprechen.
Wahltermin in Köln verschoben
Doch Henriette Reker müsste eigentlich die Lust am Lied vergehen. Denn sie sollte die Leidtragende der von der Stadtverwaltung angezettelten Intrige sein. Auf den Stimmzetteln, die bereits an 53000 Brief- und Direktwähler ausgegeben waren, stand die Parteizugehörigkeit mehr als doppelt so groß wie der Name. Hinter dem Sozialdemokraten Jochen Ott, der seinen Parteigenossen Jürgen Roters im OB-Amt beerben will, prangte also fett und groß „SPD“ – ähnlich wie bei Kandidaten anderer Parteien. Das machte die Zeile, in der die parteilose Henriette stand, noch unauffälliger. Für wen wollten die (SPD-nahen?) Mitarbeiter der Stadtverwaltung da wohl Aufmerksamkeit erzeugen?
Die Bezirksregierung als Aufsichtsbehörde schritt ein. Alle Wähler, auch die Brief- und Direktwähler, die bereits ihre Stimme abgegeben haben, müssten neue Stimmzettel bekommen, entschied sie. Die Stadtverwaltung fühlte sich überfordert, der Wahltermin wurde verschoben.
Henriette Reker, die 58-jährige Beigeordnete für Soziales, Integration und Umwelt, ist als gebürtige Kölnerin aber weiter stolz auf ihre Stadt, „deren Dom mehr Touristen anzieht als das Brandenburger Tor“. Da hätten wir einen Vorschlag: Berlin sieht sich als „arm, aber sexy“. Für Köln könnte die Parole lauten: „sexy und trickreich“. Wer macht einen Karnevalsschlager daraus?
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