Verkehrsexperte: Bei Verstößen hilft oft nur eine Geldbuße
Zu Beginn des Verkehrsgerichtstags fordert Arnold Plickert von der Gewerkschaft der Polizei eine „deutliche Erhöhung“ der Bußgelder. Tempo 80 auf Landstraßen hält er für denkbar.
Herr Plickert, Sie bezeichneten kürzlich die Bußgelder bei Verkehrsverstößen in Deutschland als zu niedrig. Was bringen denn höhere Strafen?
Arnold Plickert: Mir geht es vor allem um die abschreckende Wirkung. Die Erfahrung aus anderen Ländern zeigt das. Die Geldbußen in Deutschland sind schon extrem billig. Wer in Deutschland mit Handy am Steuer erwischt wird, zahlt 100 Euro. In Großbritannien kommt man schon auf 230 Euro. Oft hilft bei Verkehrsverstößen leider nur noch der Griff ins Portemonnaie.
Sollte man also pauschal die Bußgelder für alle Verkehrsverstöße anheben?
Plickert: Nein. Die Maßnahmen sollen dem Bürger ja nicht das Gefühl geben: „Hier werde ich abgezockt.“ Ein großes Problem ist übrigens das Thema Ablenkung.
Was genau meinen Sie damit?
Plickert: Wir stellen die Tendenz fest, dass vermehrt Unfälle wegen Ablenkung durch Handys oder Laptops passieren. Dagegen müssen wir stärker vorgehen. Meine Kollegen nehmen immer wieder schlimme Unfälle auf, bei denen auf den ersten Blick nicht klar ist, warum da überhaupt etwas passieren konnte: Auffahrunfälle auf geraden Strecken, von der Fahrbahn abgekommene, oder in den Gegenverkehr geratene Fahrzeuge. Oft genug finden wir dann heraus, dass die Ursache eben eine Kurznachricht war, die unbedingt während der Fahrt abgesetzt werden musste.
Und wie stehen Sie zu Fahrverboten? Sind die Strafen da in Deutschland auch zu niedrig angesetzt?
Plickert: Fahrverbote haben wir schon genug in Deutschland. Darin sehe ich aber ein sinnvolles Mittel zur Abschreckung. Manchmal gibt es Menschen, denen eine Geldstrafe überhaupt nicht wehtut. Umso mehr schmerzt es sie aber, wenn sie im privaten oder beruflichen Bereich durch ein Fahrverbot eingeschränkt sind.
Neben Geldbußen oder Fahrverboten gibt es die Möglichkeit, über Geschwindigkeitsbegrenzungen auf das Fahrverhalten einzuwirken. Kürzlich forderte der Präsident des deutschen Verkehrssicherheitsrats, Tempo 80 auf Landstraßen einzuführen.
Plickert: Die meisten tödlichen Unfälle in Deutschland passieren auf Landstraßen. Zunächst einmal kann die Situation durch bauliche Maßnahmen wie Leitplanken oder durch eine dritte Fahrspur verbessert werden. Aber auch die Einführung eines allgemeinen Tempolimits von 80 Stundenkilometern halte ich für denkbar. Der Vorschlag des Deutschen Verkehrssicherheitsrates zielt darauf ab, besonders die gefahrträchtigen Überholvorgänge auf Landstraßen zu reduzieren, indem für Lkw und Pkw die gleiche Höchstgeschwindigkeit auf Landstraßen vorgeschrieben wird. Funktionieren kann das aber nur, wenn bei einer Einführung flächendeckend geprüft wird, an welchen Stellen das Straßennetz es auch tatsächlich zulässt, dass Lkw dann schneller fahren dürfen. Sie dürfen momentan außerorts ja nur maximal 60 Stundenkilometer fahren.
All das spielt auch auf dem Deutschen Verkehrsgerichtstag eine Rolle, der heute in Goslar beginnt. Was erwarten Sie sich von der Veranstaltung?
Plickert: Die Vergangenheit hat gezeigt, dass der Verkehrsgerichtstag mit Experten aus ganz verschiedenen Bereichen, vom Mediziner bis zum Richter, sehr breit aufgestellt ist. Was dort besprochen wird, ist durchaus richtungsweisend und führte auch schon zu Gesetzesänderungen. Wir erwarten, dass sich der Verkehrsgerichtstag für eine deutliche Erhöhung der Bußgelder bei besonders gefahrträchtigen Verstößen ausspricht: Dazu gehören Geschwindigkeitsübertretungen, aber auch Verstöße wie etwa die Überladung von Fahrzeugen, insbesondere im Schwerlastverkehr.
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