Pressestimmen zur Wahl: "Österreich ist ein gespaltenes Land"
Die Wahl des Bundespräsidenten in Österreich ist ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Die internationalen Pressestimmen sind besorgt über den Erfolg der Rechtspopulisten.
Wahl in Österreich: Wird Norbert Hofer von der rechtspopulistischen FPÖ oder sein Konkurrent Alexander Van der Bellen von den Grünen Bundespräsident? Das Ergebnis ist so knapp, dass erst am Montag die Stimmen der Briefwähler entscheiden. Die internationalen Pressestimmen kommentieren vor allem den Erfolg der Rechtspopulisten.
"Spätestens jetzt muss auch dem letzten politischen Schlafwandler in Österreich, Deutschland und Europa klargeworden sein, dass der Rechtspopulismus nicht wie ein lästiger Schnupfen irgendwann von selbst wieder verschwinden wird. Der Erfolg Hofers belegt, dass weder Ignorieren noch Einbinden und schon gar nicht die politische Umarmung als Strategie gegen den rechten Rand taugen." Nürnberger Nachrichten
"Österreich droht nicht noch einmal zum schwarzen Schaf der EU zu werden, sondern - viel schlimmer - es droht zum Leitwolf einer Bewegung zu werden, die den ganzen Kontinent erfasst hat. Es geht um einen autoritären Nationalismus. Aggressiv gestimmt gegen Muslime, gegen Schwule, gegen Feminismus, gegen die ganze liberale Demokratie mit ihren schwerfälligen Institutionen und mühsamen Kompromissen. Diese rechten Parteien sind entschlossen, die Systeme umzumodeln oder auch umzustürzen, hin zu präsidialen, plebiszitären und zentralisierten Staaten." Die Zeit
"Viele Menschen haben den Eindruck, keinen Einfluss mehr zu haben. Aber die Wahl in Österreich zeigt: Sie haben Einfluss und zwar gewaltigen. Die Wahl zeigt eine Renaissance für den Wähler. In Österreich hat jeder Wähler mit seiner Stimme darüber entschieden, ob Österreich ein weitgehend weltoffenes Land bleibt, in dem Einwanderer und Flüchtlinge willkommen sind. Die Wähler haben entschieden, wie groß die Rolle sein wird, die Österreich in Europa spielen will." Huffington Post
Pressestimmen zur Wahl in Österreich: Rechtsschwung werde international wahrgenommen
"Die meisten Wähler Van der Bellens war das wichtigste Motiv, ein Zeichen gegen rechts zu setzen. Viele haben nicht für Van der Bellen gestimmt, sondern gegen Hofer. Denn als Rechtsschwung ist schon das Ergebnis des ersten Wahlgangs international wahrgenommen worden." Der Standard (Österreich)
"Wirklich verheerend verlief die Debatte um die Kompetenzen des Bundespräsidenten. In einem wirren Wettlauf vor dem ersten Durchgang wurde über Notverordnungen, Krisenfälle, Entlassungen von Regierungen und Ministern sowie die Auflösung des Parlaments diskutiert, als stünde der Bürgerkrieg bevor. Van der Bellen ruderte inzwischen zurück und schließt einen FPÖ-Kanzler mit Mehrheit im Parlament nicht mehr aus. Auch Hofer dämmte seine Allmachtsfantasien zuletzt ein." Die Presse (Österreich)
Wahl in Österreich: Internationale Pressestimmen sprechen von "Lehre für Europa"
"Es war ein langer und hart geführter Wahlkampf. Einen strahlenden Sieger aber gab es am Wahlabend nicht. Nur ein Ergebnis steht fest: Österreich ist ein gespaltenes Land. So gespalten wie nie zuvor." Tagesanzeiger (Schweiz)
"Der Rest Europa muss bei Erfolgen von Rechtspopulisten kühlen Kopf bewahren. In der Vergangenheit gelang das nicht immer. Als es Jörg Haider im Jahr 2000 schaffte, die FPÖ in die Regierung zu lotsen, setzten die europäischen Partner die Beziehungen zu Österreich auf Sparflamme. So ein drastischer Schritt wäre bei einem Sieg Hofers nicht angebracht." de Volkskrant (Niederlande)
"Die einfache Tatsache, dass auf den letzten Stimmzettel gewartet werden muss für die Entscheidung, birgt eine Lehre für Europa. Seine Dirigenten sollten sich nicht zu sehr freuen, wenn (Grünen-Kandidat) Alexander Van der Bellen ihnen den Schock eines antieuropäischen Präsidenten in Wien erspart, weil fast ein von zwei Wählern immerhin einen deutlichen Warnschuss abgegeben hat." Le Figaro (Frankreich) dpa, AZ
Die Diskussion ist geschlossen.
Mittlerweile ist ja bekannt wer gewonnen hat. Es ging um einige wenige Stimme2n. Aber egal: Österreich ist gespalten - obwohl das Amt des Bundespräsidenten dort, ähnlich wie bei uns, fast nur repräsentataiver Art ist.