Protest mit Tradition
Nach mehreren FPÖ-Skandalen leben die Großdemos gegen die Regierung wieder auf
Fast ein Jahr lang schien es, als hätten sich die Österreicher an die Koalition zwischen der ÖVP und der rechtspopulistischen FPÖ gewöhnt. Doch nun, zehn Jahre nach dem Tod der einstigen FPÖ-Ikone Jörg Haider, wird das politische Klima immer giftiger, fast wie in Haiders politischen Hoch-Zeiten.
„Es ist wieder Donnerstag“ war vergangene Woche auf Protestplakaten vieler tausend Demonstranten auf dem Wiener Ballhausplatz zu lesen – die Bilder der sogenannten Donnerstag-Demonstrationen gingen im Jahr 2000 um die Welt. Wöchentlich demonstrierten Zigtausende gegen die erste ÖVP-FPÖ-Regierung. Letzten Donnerstag sind nun bis zu 20000 Österreicher dem Aufruf von Künstlern wie der Literatur-Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek und Tatort-Star Harald Krassnitzer gefolgt, an die alte Tradition anzuknüpfen.
Zulauf bekommen die Regierungsgegner durch einen neuen Skandal: FPÖ-Politiker wollten im Parlament der wegen rechtsextremer Inhalte umstrittenen österreichischen Zeitschrift Zur Zeit einen Medienpreis verleihen. Das Blatt wurde vielfach wegen Verharmlosung des Nationalsozialismus kritisiert. Die SPÖ-Abgeordnete Sabine Schatz erklärte, das Magazin habe „die NS-Pogrome 1938 verharmlost“ und ein Zur Zeit-Autor hat im Magazin Adolf Hitler als „großen Sozialrevolutionär“ beschrieben, der keine Schuld am Zweiten Weltkrieg trage.
Die Preisverleihung sollte in einem Palais des Parlaments auf Einladung der stellvertretenden FPÖParlamentspräsidentin Anneliese Kitzmüller stattfinden. Nach der Kritik wurde die Veranstaltung am Dienstag abgesagt, nicht aber die Auszeichnung als solche. Grund war die aktuelle Ausgabe.
Dort erschien ein zweiseitiger Artikel unter dem Titel „Mehr Recht, Ruhe und Ordnung im Land“, der sich schnell im Internet verbreitete. Darin wurden nicht nur Erleichterungen beim Waffeneinsatz der Polizei, Zwangsarbeit, ein Kopftuchverbot auf öffentlichen Straßen und Arrestzellen für Schüler gefordert, sondern man solle auch den öffentlichen Rundfunk von „linksextremen Elementen“ säubern. Nach der Kritik sprach die FPÖ-nahe Zur Zeit von einer Satire, die aus Versehen ungelesen ins Blatt gerutscht sei.
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