Putins Tränen
Der russsiche Präsident Wladimir Putin hört „seine“ Hymne und weint. Das muss kein Zeichen von Schwäche sein.
Als Wladimir Putin vor fast 14 Jahren der mächtigste Mann Russlands wurde, änderte er als Erstes die Nationalhymne. Von nun an sollte wieder die alte Melodie gespielt werden, die schon zu Zeiten der Sowjetunion ertönte. Ein enthusiastisches Lied voller Pathos – auch wenn der Sowjet-Text leicht entglorifiziert wurde. Vor ein paar Tagen erklingt die neue alte Hymne in der Mongolei. Putin ist zu Gast. Er steht auf dem roten Teppich. Vielleicht denkt er in diesen Sekunden an seine Anfänge im Kreml, vielleicht denkt er sentimental an die großen Zeiten der Sowjetunion – jedenfalls kommen dem sonst so kühlen Präsidenten die Tränen.
Der ergriffene Putin wird ausgeblendet
Der 61-Jährige schluckt, sein Kinn vibriert, er reibt sich immer wieder die Augen. Kein Zweifel: Der Mann, der sich gerade mit der gesamten westlichen Welt anlegt, weint. Sein Volk bekommt davon nichts mit. Das russische Fernsehen blendet den ergriffenen Staatsmann aus. Nur die Mongolen zeigen die Szene. Wollen die von Moskau kontrollierten Medien das Bild vom furchtlosen Bärenbändiger Putin nicht gefährden? So einfach lässt sich diese Frage nicht beantworten. Der Machtmensch hat in der Vergangenheit immer wieder öffentlich Gefühle gezeigt. Als er 2012 in den Kreml zurückkehrt, lässt er sich von tausenden begeisterten Anhängern feiern. Seine Augen werden feucht.
Ein Sprecher schreibt die Tränen später dem eisigen Moskauer Wind zu, der Putin ins Gesicht geblasen habe. Sicher ist sicher. Dabei spiegelt der emotionale Ausbruch das Seelenleben vieler Russen wider. Sie sind gerührt. Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion hatten sie sich vom Westen gedemütigt gefühlt. Nun vermittelt dieser Mann der gebeutelten Nation endlich wieder ein Gefühl von Stärke. Und ein bisschen Pathos kann da nie schaden – nicht nur in Sachen Hymne.
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