Rechnet Martin Schulz das Land schlecht?
Die Zahl der befristeten Jobs ist bei weitem nicht so hoch, wie der Kandidat der SPD, Martin Schulz, behauptet. Arbeitgeberverbände werten seine Ankündigungen als Kampfansage.
Mit den Zahlen stand Martin Schulz schon früh auf Kriegsfuß. Im Heilig-Geist-Gymnasium in Würselen sollte der Kanzlerkandidat der SPD seinen Mitschülern in der 9. Klasse einst die binomischen Formeln erklären, was er zwar wortreich versuchte, was ihm aber gleichzeitig so gründlich misslang, dass sein Lehrer ihn damals mit einem geradezu prophetischen Satz von der Tafel zurück an seinen Platz beorderte: „Mit Mathe wird das nichts, Schulz. Werd Politiker!“
45 Jahre später hat der ehemalige Präsident des Europaparlamentes sich erneut in einem Geflecht aus Zahlen verheddert. Seine Behauptung, fast 40 Prozent aller Beschäftigten im Alter von 25 bis 35 Jahren hätten nur noch einen befristeten Arbeitsvertrag, halten Deutschlands Arbeitgeber für einigermaßen gewagt, um nicht zu sagen für völlig überzogen. Nach ihren Berechnungen arbeiten in dieser Altersgruppe lediglich zwölf Prozent der Beschäftigten in einem befristeten Job.
Das Statistische Bundesamt, jeder Parteipolitik unverdächtig, kommt auf 18 Prozent, ebenfalls deutlich weniger als Schulz. Rechnet man daraus die Auszubildenden und die Teilnehmer an Weiterbildungsmaßnahmen heraus, deren Verträge per se befristet sind, bleiben 14 Prozent mit Zeitverträgen übrig. Über alle Altersgruppen hinweg sind es nicht einmal sechs Prozent. Mit den 40 Prozent, von denen Schulz spricht, ist vermutlich den Anteil der Befristungen – viele Verträge werden hier aber nach der Probezeit in klassische Arbeitsverhältnisse umgewandelt.
Martin Schulz kündigt Korrekturen an der Agenda 2010 an
Macht Schulz damit ein Problem größer, als es in Wirklichkeit ist? Mit seinem Auftritt bei einer Arbeitnehmerkonferenz in Bielefeld hat der 61-Jährige unter dem Beifall seiner Partei deutliche Korrekturen an den Sozialreformen des früheren Bundeskanzlers Gerhard Schröder und an der gegenwärtigen Arbeitsmarktpolitik angekündigt. Unter anderem will Schulz die Möglichkeit der „sachgrundlosen Befristung“ von Arbeitsverträgen abschaffen. Das heißt: Ein unbefristeter Arbeitsvertrag soll wieder die Regel sein, ein befristeter die Ausnahme, zum Beispiel bei Schwangerschafts- oder Krankheitsvertretungen.
„Die Möglichkeiten, befristete Verträge zu schließen und auf Leih- und Zeitarbeit zurückzugreifen“, sekundiert der SPD-Linke Matthias Miersch, „wurden inflationär ausgenutzt und haben zu großen Ungerechtigkeiten geführt.“ Die Wirtschaft dagegen fürchtet, ohne die Befristungen nicht mehr flexibel genug auf sich verändernde Auftragslagen reagieren zu können. Insgesamt ist die Zahl der befristeten Jobs in den vergangenen zehn Jahren übrigens leicht zurückgegangen – von 2,8 auf knapp 2,6 Millionen.
Nicht minder umstritten ist auch die Ankündigung von Schulz, nach einem Wahlsieg der SPD älteren Arbeitslosen länger als bisher Arbeitslosengeld I zu bezahlen, ehe sie ein Fall für die staatliche Fürsorge werden und auf Hartz IV angewiesen sind. „Wer länger in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat als andere, sollte auch mehr davon haben“, argumentieren einflussreiche Sozialdemokraten wie der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil, aber auch viele Grüne und Linke – und verweisen auf die mit gut elf Milliarden Euro prall gefüllte Kasse der Arbeitslosenversicherung. Die Wirtschaft dagegen betrachtet bereits den Gedanken an eine längere Alimentierung von Arbeitslosigkeit als Kampfansage.
Ein solcher Schritt würde nur die schnelle Wiederaufnahme von Arbeit erschweren, warnen die Arbeitgeberverbände in einem Positionspapier. Wie andere Vorschläge des Kandidaten Schulz sei auch dieser „ohne präzise Kenntnis der Zahlen oder der Rechtslage in Deutschland formuliert“. Der Ökonom Michael Hüther, Präsident des unternehmernahen Instituts der deutschen Wirtschaft, klagt in der Bild-Zeitung gar: „Die SPD malt ein verzerrtes Bild der Wirklichkeit.“ Den meisten Beschäftigten und Betrieben gehe es so gut wie seit Jahrzehnten nicht – auch dank Schröders Agenda 2010, die den Druck auf Arbeitslose, sich schnell einen neuen Job zu suchen, erhöht hat und die dessen Parteifreund Schulz nun in Teilen wieder zur Disposition gestellt hat. Nicola Beer, die Generalsekretärin der FDP, hat ihr Urteil daher schon gefällt: „Schulz ist ein Sozialpopulist reinsten Wassers.“
Umfragen: SPD profitiert vom Schulz-Effekt
In den Umfragen lässt der Schulz-Effekt offenbar schon etwas nach. Im aktuellen Stimmungsbild des Insa-Institutes ist die SPD in dieser Woche mit 30 Prozent wieder hinter die Union zurückgefallen, die auf 31,5 Prozent kommt. Auch für eine rot-rot-grüne Koalition nach der Bundestagswahl im September würde es danach nicht reichen, da die Zugewinne der Sozialdemokraten vor allem mit Verlusten bei Linken und Grünen erkauft sind – ein demoskopisches Nullsummenspiel.
Die Diskussion ist geschlossen.
Rudi Wais wirft Herrn Schulz vor, er sei im "Wahlkampfmodus". Hat sich Herr Wais jemals die Frage gestellt, ob es dem Redakteur einer angeblich parteipolitisch unabhängigen Zeitung gut zu Gesichte steht, im "Wahlkampfmodus" ausschließlich gegen unliebsame CSU-Konkurrenz zu wettern? Eine Anekdote am Rande: Auch der Wais Rudi hatte es vor vielen Jahren nicht so mit dem Rechnen und brach sein BWL-Studium ab, um... Journalist zu werden.
Der erste und letzte Absatz machen klar, welche Tendenz Herr Wais hier schon wieder vertritt. . Die SPD steigert, auch heute bei Allensbach und forsa, die Wahlzustimmung potentieller SPD-Wähler um ca. 50%. Und Herr Wais schreibt „vom schon etwas nachlassenden Schulz-Effekt.“
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Und wieder ist seine These, diese enorme Zustimmung, gemessen an der bisherigen, sei ein Schulz-Effekt.
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Das ist falsch. Gabriel hat mit seinen Personalrochaden erreicht, dass hochbelastete Schröder-Klientel in der SPD nicht mehr bestimmend sind. DAS ALLEINE reicht, dass ehemalige Sozialdemokraten und Wähler hoffen können, dass der sozialdemokratische Kern der SPD wieder erkennbar und wählbar wird.
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Die Zeit des „Kanzlers der Bosse“ Schröder und seines schiefen Konstruktes Hartz IV auch parteiintern abgeschlossen ist.
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Erst dann wirkt die Person des Martin Schulz. . Und Gabriel hat ein zweites Wunder bewirkt: der SPD Kandidat Steinmeier wird nächster Bundespräsident. Und er hat Kanzlerin Merkel dabei sehr schlecht aussehen lassen.
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Was Wais‘ kritische Sicht auf die 40% befristeten Verträge betrifft, in genanntem Alters-Segment, mag ja durchaus beispielsweise eine ergänzende Korrektur wünschenswert sein. Der Tatbestand, dass befristete Zeitverträge für Arbeitnehmer zu einer Seuche geworden sind, bleibt dabei bestehen.
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„ Die Zahl der Befristungen von Arbeitsverträgen hat sich in zwanzig Jahren mehr als verdreifacht. Mittlerweile sind 42 Prozent zeitlich begrenzt; vor allem Frauen, Jüngere und Ausländer sind betroffen.“ (https://www.welt.de/politik/deutschland/article126625402/Mehr-befristete-Arbeitsvertraege-in-Deutschland.html/6.4.2014).
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Dessen ungeachtet scheint es mir selbstverständlich, dass staatliche Regelungen immer wieder überprüft werden müssen und nicht in Stein gemeisselt sind.
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Die Arbeitgeberseite hat nun wirklich in vielen Jahren in Saus und Braus gelebt. Und dabei verzockt (z.B. bei VW/Deutscher Bank) was nur zu verzocken war. Der VW-Schaden in Höhe von vielleicht 30 oder 50 Milliarden € musste und muss erst einmal vom dortigen kleinen Arbeitnehmer wieder reingearbeitet werden. Die Herren sind ja weiterhin vor Gerichten ausgelastet.
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Die Bemerkung vom „demoskopischen Nullsummenspiel“ in Sachen öffentlicher Zustimmung zur SPD ist unterirdisch. Wo wäre, bei jetzigen Zahlen, eine Mehrheit für Kanzlerin Merkel? Oder ist es für Sie eine Selbstverständlichkeit, dass die SPD sich eine weitere Große Koalition antun MUSS?
Das Geschrei der Marktradikalen in BDI und BDA beweist nur, dass Schulz goldrichtig liegt mit seiner Abkehr von Gas-Gerd, dem Totengräber der SPD und dessen "Reformen". Diesen Verbandsfunktionären und ihren neoliberalen Vasallen in Union und FDP kann der Niedriglohnbereich nicht groß genug sein, Umwelt- und Arbeitsschutzgesetze gehören am besten in die Tonne und das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen halten sie für ein Naturgesetz.
Die gesellschaftlichen Folgen ihres Handelns gehen diesen sog. "Eliten" sowieso am A ...sch vorbei.
oh ja unserer so Glorreicher Brüsselheimkerer versucht sich gerade als der Große Zampano !!! aber er sollte aufpassen das im nicht seine Brüsseler vergangenheit einholt , denn dann könnten die ihn jetzt in den Himmel heben sehr schnel aufwachen !!! denn einmal Dampfplauderer ist immer Dampfplauderer