Regierungschef fordert sofortiges Ende der Proteste
Spitzt sich in Hong Kong die Lage zu? Während Tausende für Demokratie auf die Straße gehen, fordert die Führung ein sofortiges Ende der Demonstrationen.
Die prodemokratischen Demonstranten und die Regierung in Hongkong steuern auf Kollisionskurs. Während Tausende am Dienstag den fünften Tag in Folge auf den Straßen demonstrierten, forderte Regierungschef Leung Chun-ying ein "sofortiges" Ende der Proteste in Chinas Sonderverwaltungsregion. Er deutete eine harten Kurs an: Peking werde nicht einlenken.
Zuvor hatten Studentenführer ein Ultimatum gesetzt. Sollten ihre Forderungen nach einem Rücktritt des Regierungschefs und einer Rücknahme der Wahlreform bis Mittwoch nicht erfüllt werden, wollen sie die Proteste noch ausweiten. Wie die Zentralregierung in Peking nannte Hongkongs Regierungschef die Blockaden "illegal".
Ein sofortiges Eingreifen scheint aber nicht bevorzustehen: Leung geht davon aus, dass die Occupy-Central-Bewegung "nicht eine Frage von Tagen ist, sondern ziemlich lange Zeit dauern" und das Leben in der asiatischen Wirtschaftsmetropole beeinträchtigen werde.
Aber auch die Proteste könnten Chinas Führer nicht dazu bewegen, die Entscheidung zurückzuziehen, nur begrenzte Wahlen in der früheren britischen Kronkolonie zu erlauben, sagte der Regierungschef. Nach dem umstrittenen Beschluss des Volkskongresses in Peking wird 2017 in Hongkong zwar erstmals eine direkte Wahl erlaubt, aber keine freie Nominierung der Kandidaten für das Amt des Regierungschefs.
Die Entscheidung im August hatte viele der sieben Millionen Hongkonger verärgert und den Studentenstreik ausgelöst, der in den laufenden Protesten mündete. Auch am Dienstag demonstrierten wieder Tausende und blockierten Hauptverkehrsadern in Admiralty and Wan Chai am Finanzbezirk in Central auf der Insel Hongkong und in Mong Kok auf der gegenüber liegenden Halbinsel Kowloon.
Zehntausende wieder in Hong Kong auf der Straße
In der Nacht waren sogar Zehntausende auf den Straßen gewesen, um mehr Demokratie zu fordern. Die Polizeikräfte hielten sich erkennbar zurück, um Konfrontationen zu vermeiden. Die Demonstrationen verliefen friedlich. Viele Menschen campierten auf den Straßen. Schulen und Kindergärten in betroffenen Stadtteilen waren geschlossen. Die Studenten boykottierten weiter den Unterricht.
Übernächtigte Demonstranten versicherten, nicht abziehen und den Protest "auf unbestimmte Zeit" fortsetzen zu wollen. Das geplante Feuerwerk zum chinesischen Nationalfeiertag am Mittwoch, dem 65. Jahrestag der Gründung der kommunistischen Volksrepublik, wurde abgesagt. Am Donnerstag ist auch Feiertag, so dass sich an beiden Tagen noch mehr Demonstranten versammeln könnten.
Seit der Rückgabe 1997 an China wird die ehemalige britische Kronkolonie nach dem Grundsatz "ein Land, zwei Systeme" als eigenes Territorium autonom regiert. Auch genießt die sieben Millionen Einwohner zählende Hafenmetropole Presse- und Meinungsfreiheit. Traditionell demonstrieren die Hongkonger sehr diszipliniert. Der anfängliche Einsatz von Tränengas gegen friedliche Demonstranten in der Nacht zum Montag trieb sie aber erst recht auf die Straßen.
Chinas Regierung verurteilte die Proteste als "illegale Aktivitäten". Die Zensur blockte Berichte aus Hongkong und strich Kommentare in Chinas sozialen Medien. Die Zensoren seien dreimal so beschäftigt wie etwa um den heiklen 25. Jahrestag der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung am 4. Juni 1989, berichteten Experten.
Hong Kong: Soziale Netzwerke nur über Umweg erreichbar
Auch der Satellitenempfang des US-Nachrichtensenders CNN in China war am Dienstag erstmals gestört, wenn über Hongkong berichtet wurde. CNN ist ohnehin meist nur in Hotels oder Ausländerwohnungen zu sehen. Offenbar um zu verhindern, dass sich Bilder von den Protesten in China verbreiten, ist seit Dienstag auch die Foto-Plattform Instagram gesperrt.
Soziale Medien wie Twitter, Facebook oder auch Youtube sind in China ohnehin nicht ohne technische Tricks erreichbar. In den Weibo genannten twitterähnlichen sozialen Netzen Chinas wurden Kommentare zu den Protesten gelöscht und schon Suchworte wie Hongkong, Tränengas oder auch Instagram geblockt. dpa
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