Renate Künast: Macherin mit verlorenem Machtanspruch
Renate Künast zeigt sich im Berliner Wahlkampf als Macherin und harte Kämpferin. Doch selbst die Grünen wissen: "Renate zündet nicht".
Renate Künast will entweder Regierende Bürgermeisterin werden – oder nichts, auf keinen Fall Senatorin unter Wowereit. Renate Künast kämpft, sie ackert, sie legt ihre Finger in die offenen Wunden, benennt die Probleme der Stadt und die Defizite der zehnjährigen rot-roten Politik. Berlin, wird sie nicht müde zu kritisieren, müsse dringend die „rote Laterne“ loswerden. Die Stadt habe 62 Milliarden Euro Schulden und stehe vor einem harten Sparkurs, die Zahl der Langzeitarbeitslosen sei so hoch wie nirgendwo sonst, jedes vierte Kind aus einer Migrantenfamilie verlasse ohne Abschluss die Schule, in allen Bildungsstudien lande die Hauptstadt abgeschlagen ganz hinten, wegen stark steigender Mieten herrsche auf dem Wohnungsmarkt ein dramatischer Verdrängungswettbewerb. „Wir haben zehn Jahre Dornröschenschlaf hinter uns“, lamentiert sie. Dem Wähler präsentiert sie sich als entschlossene Macherin und harte Kämpferin, wild entschlossen, aufzuräumen.
Wowereits Vorteil: Er kämpft nicht, er umarmt
Nur, die Berliner wollen gar nicht, dass sich viel ändert in ihrer Stadt. So kann Künast kämpfen, so viel sie will, sie kommt bei den Menschen nicht an, während Wowereit bei seinen Berlinern ankommt, weil er nicht kämpft, sondern sie umarmt. Das mit Spannung erwartete Duell ist gar keines, jedenfalls keines auf Augenhöhe. Nur ein einziges Mal, im September vergangenen Jahres, lag Künast knapp vor dem Amtsinhaber, seitdem sinkt die Herausforderin in der Gunst der Berliner kontinuierlich, während die Beliebtheitswerte des Regierenden Bürgermeisters astronomische Höhen erreichen. „Renate zündet nicht“, heißt es mittlerweile selbstkritisch bei den Grünen, vor allem bei den Frauen, ergab eine Umfrage, kommt sie nicht an, sie gilt als spröde, hart, unnahbar, emotionslos, in jeder Beziehung das Gegenteil zu Wowereit.
Renate Künast kämpft für das letzte verbliebene Ziel: Rot-Grün
Nicht zuletzt scheint irgendwie auch die Zeit über die 55-jährige Juristin aus dem Ruhrpott hinweggegangen zu sein. Als sie im Herbst vergangenen Jahres ihre Kandidatur anmeldete, wirkte der Amtsinhaber seltsam ausgebrannt und lustlos. Das linke Berlin schien der richtige Ort zu sein für die erste grüne Ministerpräsidentin in der Geschichte der Bundesrepublik. Doch dann kam Fukushima – und plötzlich war ein Grüner Regierungschef in Baden-Württemberg. Und ein grün-schwarzes Bündnis, ebenfalls historische Premiere, war allenfalls eine rechnerische, nie eine wirklich politische Alternative, weder von den Grünen noch von der CDU wirklich gewollt. Seitdem die Schwarzen vor den Grünen liegen, hat sich das Thema ohnehin erledigt.
So kämpft Renate Künast für das letzte noch verbliebene Ziel – Rot-Grün. Wenn die Grünen in der Hauptstadt nach 21 Jahren in der Opposition wieder an die Macht kämen, wäre es ein großer Erfolg für die Partei. Auch wenn Renate Künast selber die Wahl verliert.
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