Skandal bringt Ursula von der Leyen und Bundeswehr in Bedrängnis
Der Oberleutnant Franco A. gab sich als Flüchtling aus, schrieb eine rassistische Abschlussarbeit. Und plante womöglich einen Anschlag. Bei der Bundeswehr fiel all das nicht auf.
Jetzt also Illkirch. Als wäre die Liste der Skandale bei der Bundeswehr nicht schon lang genug: Bad Reichenhall, wo im März Fälle von Sex-Mobbing und Volksverhetzung bei den Gebirgsjägern öffentlich wurden; die Elitekaserne im baden-württembergischen Pfullendorf, wo sadistische Aufnahmerituale und Doktorspielchen mit Soldatinnen bis Januar wohl zum Alltag gehörten; Sondershausen, wo zwei Ausbilder Rekruten erniedrigt und gequält haben sollen. Es sind Geschichten von Schikane, von Erniedrigung und Herabwürdigung. Geschichten, die mancher Altgediente noch abtun mag. Als das, was jeder Soldat einmal mitgemacht hat.
Doch der Fall Franco A. sprengt diese Muster. Es ist der Fall eines Oberleutnants, der ein bizarres Doppelleben führt. Der es schafft, sich als syrischer Flüchtling registrieren zu lassen, obwohl er kein Wort Arabisch spricht. Eines Soldaten, der an einer Militärakademie eine Masterarbeit schreibt, in der er über Rassenreinheit fabuliert und gegen Migranten hetzt – und trotzdem befördert wird. Der, in der Kaserne im französischen Illkirch, wo er zuletzt stationiert war, Hakenkreuze an den Wänden und auf einem Sturmgewehr hinterlässt – ohne dass sich jemand daran stört. Dass der 28-Jährige einen Anschlag geplant haben soll, dass ein Bundeswehroffizier mit rechtsextremer Gesinnung seinen Dienst tut, ohne dass es auffällt – all das klingt auch eine Woche, nachdem Franco A. verhaftet wurde, unfassbar.
Ursula von der Leyen, die Verteidigungsministerin, ist da längst zum Angriff übergegangen. Hat der eigenen Truppe ein „Haltungsproblem“ bescheinigt, „Führungsschwäche auf verschiedenen Ebenen“ und „falsch verstandenen Korpsgeist“. Sie kündigt im Fernsehen an, dass die Affären in der Truppe rigoros aufgeklärt werden müssten. „Das Dunkelfeld auszuleuchten, das wird mühsam, das wird schmerzhaft, das wird nicht schön werden.“ Die CDU-Politikerin sagt eine lange geplante Reise in die USA ab, macht sich selbst auf die Spuren von Franco A.
Franco A.: "Unbescholten, sehr fleißig, hochintelligent"
Jetzt also Illkirch. Der Airbus sollte längst gelandet sein. Doch nun dreht er Extrarunden. Von der Leyen will noch klären, was an jüngsten Schlagzeilen rund um Franco A. dran ist. Und das dauert.
Vergangene Woche, kurz nach der Festnahme, bescheinigte man dem 28-Jährigen in der deutsch-französischen Brigade noch einen untadeligen Ruf. „Unbescholten, sehr fleißig, hochintelligent“, sei der Kamerad, meldeten seine Vorgesetzten. Einer, dem eine große Karriere als Berufssoldat offenstand. Gerade machte er eine Einzelkämpferausbildung im unterfränkischen Hammelburg. Das Gegenteil eines Rassisten oder Rechtsterroristen. In diese Richtung weisen indes die Ermittlungen des Bundeskriminalamtes. Auch eine Vernehmung durch den Militärgeheimdienst MAD bestätigt den Verdacht, dass der Offizier als rechtsextremistischer Einzeltäter eingestuft werden muss.
Und doch gibt es viele Fragen. Die Sache mit der Pistole etwa, die Franco A. am 20. Januar in Wien gefunden und im betrunkenen Zustand eingesteckt haben will und die er dann auf der Flughafentoilette versteckte. Warum er nicht die Behörden informiert, sondern zwei Wochen später erneut nach Wien fliegt, um sie aus dem Versteck zu holen, wirft mindestens so viele Fragen auf wie sein zweites Leben als „David Benjamin“. Am 19. Dezember 2015 beantragt er unter diesem Namen Asyl als syrischer Flüchtling, erhält später auch Schutz. Ab Februar 2016 wohnt er sowohl in einer Flüchtlingsunterkunft im Kreis Erding als auch in Illkirch.
Viel schwerer aber wiegt das, was aus den Bundeswehr-Akten hervorgeht – und zugleich die Verteidigungsministerin in Bedrängnis bringt. Schon im Januar 2014 gab es Hinweise auf eine rechtsextreme Gesinnung des Offiziers. Da hatte Franco A. dem Chef seiner französischen Division eine Masterarbeit vorgelegt. Dieser schildert damals dem Leiter der deutschen Studentengruppe, die Arbeit sei geprägt von Rassismus und Verschwörungstheorien über das Aussterben der europäischen Rassen. Seinem deutschen Kollegen rät er: „Wenn es ein französischer Lehrgangsteilnehmer wäre, würden wir ihn ablösen.“ So steht es in einem Aktenvermerk der Bundeswehr, aus dem der Spiegel zitiert.
Franco A. wird zu einem langen Gespräch gebeten. Der Soldat gibt an, die Arbeit unter massivem Zeitdruck geschrieben zu haben. Die Angelegenheit wird nach oben weitergereicht. Ans Streitkräfteamt nach Köln. Dessen Kommandeur entscheidet sich, der Empfehlung seines Rechtsberaters zu folgen und dem hoffnungsvollen jungen Mann die Karriere nicht zu verbauen. Er wird ermahnt. Keine Meldung an den MAD, keine Disziplinarstrafe, nicht mal ein Eintrag in die Personalakte. Franco A. schreibt eine zweite Masterarbeit. Und seine Karriere nimmt ihren Lauf.
Von der Leyen: Pauschalkritik an der Truppe
Und es tauchen weitere Fragen auf: Hat Franco A. die möglichen Anschläge allein geplant? Hatte er Mitwisser? Im Visier der Ermittler steht jetzt ein zweiter Soldat aus der Kaserne in Illkirch. Zugleich ist die Rede von einer Gruppe um Franco A., der mindestens vier weitere Soldaten angehört haben sollen, darunter ein Reservist aus Österreich.
Für Agnieszka Brugger, Verteidigungsexpertin der Grünen, wäre es ein „absolutes Horrorszenario, wenn über Jahre hinweg ein rechtes Netzwerk um Franco A. unbehelligt sein Unwesen treiben konnte.“ Sie nennt es einen „unverzeihlichen Fehler, dass trotz glasklarer Hinweise auf krudes rechtsextremistisches, menschenfeindliches und rassistisches Gedankengut in der Masterarbeit weggeschaut und relativiert worden ist“. So etwas dürfe sich „nicht wiederholen“. Dem SPD-Verteidigungsexperten Rainer Arnold missfällt von der Leyens Pauschalkritik an der Truppe. „Es war falsch, es hat Vertrauen zerstört und es war auch unnötig“, sagt er. Sie habe einen „schweren Fehler“ gemacht.
Am Nachmittag dann liefern Kameras die Bilder, die die Ministerin braucht: Von der Leyen landet in Straßburg, von der Leyen erreicht die Kaserne, von der Leyen betritt ein Dienstgebäude, von der Leyen kommt aus dem Dunkel des Flures wieder ans Licht. „Ich bin auch gekommen, um Ihnen den Rücken zu stärken“, sagt sie an die Soldaten gerichtet. Die ganz große Mehrheit arbeite tadellos.
Im Aufenthaltsraum des Jägerbataillons 291 gibt es keine Bilder mit der Ministerin. Zu klein sei der Raum. „Bunker“ heißt er, weil die Bar, in der Kameradschaftsabende gefeiert werden, wie ein Weltkriegsbunker dekoriert ist. An den Wänden hängen Säbel, Waffen, gemalte Wehrmachtssoldaten in Heldenposen, auf dem Regal liegt ein alter Helm. Von der Leyen gefällt das nicht. „Fragwürdig“ sei diese Vergangenheitspflege, betont sie. Die Wehrmacht könne, mit Ausnahme von Widerstandskämpfern, keinesfalls traditionsstiftend für die Bundeswehr sein.
Von der Leyen beraumt Krisengespräch an
An einem Seiteneingang beschreibt sich das Bataillon als „tapfer, treu und gewissenhaft“ und auch „tolerant und aufgeschlossen gegenüber anderen Kulturen und moralisch urteilsfähig“. Ein anderer Zettel auf einer anderen Türe spricht eine andere Sprache. „Eintritt verboten. Versiegelt“, steht auf dem Eingang zum „Bunker“.
Wie groß das Rechtsextremismus-Problem in der Truppe ist? Das Verteidigungsministerium erklärt, dass zwischen 2012 und 2016 18 Angehörige der Bundeswehr vorzeitig wegen Rechtsradikalismus aus der Armee entlassen wurden. Derzeit bearbeite der Militärgeheimdienst MAD 280 Verdachtsfälle aus dem Bereich Rechtsextremismus, auch Fälle aus den vergangenen Jahren.
Von der Leyen trifft in Illkirch einen Führungskreis. Heeresinspekteur Jörg Vollmer muss vortragen. Sie will wissen, welche Kontaktleute Franco A. hatte, mit wem er wo und wann sprach. Sie sucht nach Bruchstellen in der Berichtskette. Personelle Konsequenzen will sie „nicht ein- und nicht ausschließen“, derzeit stecke man aber „mitten in der Aufklärung“.
Für Donnerstag hat von der Leyen ein Krisengespräch mit rund 100 Generalen und Admiralen in Berlin anberaumt. Sie will klären, warum Informationen zu Verfehlungen an einzelnen Bundeswehrstandorten mehrfach nicht den Weg ins Ministerium gefunden haben. Eines ahnt sie auf dem Kasernenhof von Illkirch indes: „Es wird noch einiges hochkommen.“ mit dpa
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Tatsache ist, das diese Ministerin keine Ahnung von ihrer Tätigkeit hat und auch lernresistent ist, das hatte man doch schon bei dem Gewehrskandal gesehen. Alle Beteiligten und die halbe Welt waren mit dem Gewehr zufrieden nur die Ministerin nicht. Nun wird das Gewehr für zig Mio. ohne Not ausgetauscht. Es wird ja nur das Geld der Steuerzahler verbrannt und nicht ihre Diäten. Solche Unkenntnis hat sie nun bei diesem Skandal auch wieder.