So hilft der Staat bei der Pflege
Bezahlte Auszeiten, Teilzeit, zinslose Kredite: Womit Angehörige rechnen können.
Die Zeit arbeitet gegen die Politik. Etwa 2,6 Millionen Menschen in Deutschland sind im Moment pflegebedürftig. Bis zum Jahr 2050 wird diese Zahl auf mehr als vier Millionen steigen. Mit einer Reihe von Reformen will die Koalition deshalb den drohenden Pflegekollaps verhindern: Beschäftigte, die einen Angehörigen pflegen, werden entlastet und die Leistungen der Pflegeversicherung ausgeweitet.
Wenn in ihrer Familie plötzlich ein Pflegefall auftritt, können Arbeitnehmer schon heute eine (unbezahlte) Auszeit von bis zu zehn Tagen nehmen. Vom nächsten Jahr an sollen sie dafür auch ein sogenanntes Unterstützungsgeld erhalten. Wie hoch es am Ende sein wird, ist offenbar noch unklar: Die Union spricht von 70 Prozent des Einkommens, die SPD von bis zu 90 Prozent. Den Steuerzahler und die Pflegekassen wird die Neuregelung pro Jahr etwas mehr als 100 Millionen Euro kosten. Einen entsprechenden Beschluss will das Kabinett heute in Berlin treffen. „Um eine akute Familienkrise zu managen“, lobt auch der Vorsitzende der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, „sind zehn Tage bezahlte Pflegezeit gut.“
Darüber hinaus sollen Beschäftigte einen Rechtsanspruch auf eine unbezahlte Auszeit von sechs Monaten bekommen. Außerdem können sie im Rahmen der 2012 eingeführten Familienpflegezeit für bis zu zwei Jahre ihre Arbeitszeit reduzieren. Wichtig zu wissen: Diese Regelung, für die es bislang keinen Rechtsanspruch gibt, wird nur in Betrieben mit mehr als 15 Mitarbeitern gelten und nur für Versicherte, die mindestens 15 Stunden pro Woche arbeiten. Betroffene, bei denen es während der Pflegezeit finanziell eng wird, können vom Bundesamt für Familie künftig ein zinsloses Darlehen erhalten, das sie anschließend innerhalb von vier Jahren zurückzahlen müssen. Gegenwärtig werden mehr als eine Million Pflegebedürftige ausschließlich von ihren Angehörigen versorgt.
Eine Milliarde für Vorsorgefonds
Die Beiträge zur Pflegeversicherung steigen im Januar um 0,3 Prozentpunkte auf 2,35 Prozent bzw. auf 2,6 Prozent für Kinderlose. In einem zweiten Schritt sollen sie noch einmal um 0,2 Punkte angehoben werden. Damit stünden den Pflegekassen jedes Jahr rund sechs Milliarden Euro mehr zur Verfügung.
Gut eine Milliarde aus der schon im Koalitionsvertrag vereinbarten Beitragserhöhung fließt Jahr für Jahr in einen sogenannten Vorsorgefonds. Vom Jahr 2035 an soll dieser Kapitalstock dann zur Stabilisierung der Beiträge für die folgenden 20 Jahre verwendet werden – dann kommen die geburtenstarken Jahrgänge 1959 bis 1967 allmählich ins pflegeanfällige Alter. Bis dahin soll der neue Fonds je nach Zinsentwicklung zwischen 37 und 42 Milliarden Euro angespart haben.
Mit den restlichen Mehreinnahmen sollen unter anderem die Leistungen für Demenzkranke verbessert und 20000 zusätzliche Betreuungskräfte in den Pflegeheimen eingestellt werden. Die gestaffelten Pflegesätze, die die Kassen bezahlen, werden um vier Prozent angehoben. Die Zuschüsse für Umbaumaßnahmen wie Rollstuhlrampen, begehbare Duschen oder breitere Türen steigen von maximal 2557 Euro auf bis zu 4000 Euro.
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