Sonderabgabe für Autofahrer: Viel Häme für Albigs Vorschlag
Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig fordert eine Sonderabgabe für Autofahrer. Die deutschen Medien quittieren den Vorschlag des SPD-Politikers mit hämischer Kritik.
Schleswig-Holsteins SPD-Ministerpräsident Torsten Albig will die Sanierung deutscher Straßen mit einer Sonderabgabe für Autofahrer finanzieren. Das stößt nicht nur im Bundestag auf Kritik - auch die deutschen Medien finden keine freundlichen Worte. Hier ein Überblick über die Pressestimmen:
"Das "Osterloch"-Thema führt klar vor Augen, dass der Staat trotz sprudelnder Steuereinnahmen offenbar kein Geld für die dringend notwendige Sanierung von Straßen und Brücken aufbringen kann. Gehört das aber nicht zu den Kernaufgaben eines Staates - die Vorhaltung einer funktionierenden Infrastruktur?" Freie Presse
"Der Autofahrer zetert und zahlt; denn er hat keine Wahl. Das macht ihm die Politik klar. Die CSU will die Pkw-Autobahnmaut, der Kieler Regierungschef Torsten Albig (SPD) plötzlich eine Extra-Abgabe für die Reparatur kaputter Straßen. Aus beiden großen Parteien kommen Signale, die den Boden für die nächsten Zumutungen bereiten." Nordbayerischer Kurier
"Maut, Kfz-Steuer, nun eine Sonderabgabe namens "Reparatur Deutschland" - und welche wahnwitzige, kostspielige Idee kommt als nächstes? SPD-Minister Torsten Albig macht es sich ziemlich einfach. Es fehlt Geld, also greift der Staat den ohnehin schon arg geschröpften Autofahrern eben noch tiefer in die fast leeren Taschen." Nordkurier
"Wie hat die SPD doch vor der vergangenen Bundestagswahl vor einer Abzocke des deutschen Autofahrers gewarnt. Und nun fordert ausgerechnet einer ihrer Spitzenpolitiker einen Straßen-Soli für alle. Hält die SPD die Wähler für so vergesslich?" Neue Osnabrücker Zeitung
Kritik: "Albig ist auf der falschen Spur unterwegs"
"Nicht nur taktisch, auch inhaltlich irrlichtert der SPD-Querdenker aus Kiel. Eben erst hat Gabriel in einer Rede als Wirtschaftsminister auch für seine Partei höhere Steuern und Abgaben abgelehnt, da der Staat derzeit mehr einnehme denn je. Dieses Update hat Albig wohl verpasst." Hannoversche Allgemeine Zeitung
"Als sein eigener Kritiker würde Torsten Albig wohl ein eindeutiges Urteil zur Sonderabgabe fällen. Er würde sagen, sie sei sachlich zweifelhaft und politisch aussichtslos. Vermutlich würde der SPD-Mann es nur deutlich härter formulieren. Schließlich macht es sich für die SPD schlecht, die von der CSU gewünschte Pkw-Maut für ausländische Autofahrer abzulehnen und zugleich mehr Geld von den einheimischen zu fordern." Kölner Stadt-Anzeiger
"Albig ist auf der falschen Spur unterwegs, wenn er vorschlägt, den ohnehin schon stark belasteten Autofahrern weiter in die Tasche zu greifen und auf diese Weise einen Sonderfonds mit Milliarden zu füllen. Wer in Zeiten immer neuer Steuereinnahme-Rekorde eine weitere Abgabe erfindet, macht es sich zu einfach." Kieler Nachrichten
"Der Vorschlag einer Sonderabgabe aller Autofahrer für die Reparatur der Straßen hat alles, was es für einen hochschäumenden Aufreger braucht. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig fordert von Pkw-Besitzern tatsächlich einen Schlagloch-Soli gegen den Verfall der Infrastruktur. Das ist zwar etwas ehrlicher als die verschwurbelten Formulierungen im Koalitionsvertrag, dürfte aber viele Autobesitzer auf die Palme treiben. Frage: Werden sie mit der Kfz-Steuer und der hohen Mineralölsteuer nicht schon genug gemolken?" Heilbronner Stimme
Normale Kfz-Steuer sei schon eine Sonderabgabe
"Ein modernes Mautsystem hätte eine hohe Lenkungsfunktion und würde zur sozialen Ausdifferenzierung des Verkehrs in den Stoßzeiten führen. Konkret: Dann würden es sich nur wenige leisten können oder wollen. Für eine lebenswerte Stadt wäre es aber sinnvoll." Die Welt
"Wenn Albig nun aber von einer verursacherabhängigen Sonderabgabe spricht, dann scheint er die Autofahrer für allzu minderbemittelt zu halten. Wenn man so will, ist die "normale" Kfz-Steuer ja eine Sonderabgabe - der Staat müsste die Milliardeneinnahmen daraus nur zweckgebunden verwenden. Das könnte der Gesetzgeber quasi per Fingerzeig so beschließen." Offenburger Tageblatt
"Überzeugt sind die Sozialdemokraten noch immer nicht: Sie bezweifeln, dass eine Maut möglich ist, die keine Kosten für deutsche Autofahrer nach sich zieht und zugleich nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz der Europäischen Union verstößt. Genau mit diesen Bedingungen steht die Gebühr aber auf Druck von CSU-Chef Horst Seehofer im Koalitionsvertrag. Wenn nun ein prominenter Genosse - in anderem sprachlichen Gewand - offen eine Maut fordert, bei der auch die deutschen Autofahrer zahlen sollen, untergräbt das die Glaubwürdigkeit der SPD." Spiegel online AZ, dpa, afp
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