TV-Duell Trump gegen Clinton: Trumps böser Schachzug
Im letzten TV-Duell scheint Donald Trump zunächst Boden gutzumachen. Doch dann verbreitet er Verschwörungstheorien und erschüttert mit einem Satz die Grundfesten der US-Demokratie.
Am Tag nach der dritten und letzten TV-Debatte zwischen den beiden führenden US-Präsidentschaftskandidaten gibt es im ganzen Land nur eine Schlagzeile: Der Republikaner Donald Trump behält sich vor, die Wahl nicht anzuerkennen, falls Hillary Clinton gewinnt. „Ich werde Sie auf die Folter spannen“, beschied er dem TV-Duell-Moderator in Las Vegas. Der Satz könnte die Wahl am 8. November entscheiden.
Trumps Temperament ist Hauptthema im Wahlkampf
Bis dahin schien es noch Trumps bester Auftritt im direkten Aufeinandertreffen mit Hillary Clinton zu sein. Als die beiden Kandidaten über weite Strecken politische Sachfragen diskutieren, präsentiert sich Trump gemäßigter als in den beiden Debatten zuvor. Eine halbe Stunde lang trägt Trump ruhig und konzentriert Argumente vor und platziert mehrere wirkungsvolle Angriffe auf seine Gegnerin. Seine Basis wird sich zudem gewundert haben, dass über die Deportation von elf Millionen illegaler Einwanderer, anders als bislang versprochen, doch erst „später entschieden“ werden solle.
Doch als Clinton ihn als Marionette von Russlands Präsident Wladimir Putin bezeichnet, zeigt sein Nervenkostüm Risse. „Keine Marionette! Keine Marionette!“, fällt er ihr mehrfach ins Wort. „Du bist die Marionette! Nein! Du bist die Marionette!“ Dann brechen andere Untugenden wieder durch: „Falsch!“, schnauzt der Immobilienmogul ins Mikrofon, wenn Clinton ihn mit seinen eigenen Aussagen konfrontiert. Doch Clinton kann Trump nicht nur wörtlich zitieren. Die dazugehörigen Videos sind auch endlos durch alle Sender gelaufen. „Das habe ich nie gesagt!“ – Trumps beliebte Verteidigungsstrategie entlarvt ihn als Lügner.
Als die Rede auf neun Frauen kommt, die Trump beschuldigen, sie sexuell belästigt zu haben, lässt er sich zu einem sehr riskanten Satz verleiten: „Ich kenne diese Frauen nicht.“ Im Publikum brandet Gelächter auf, als er erklärt: „Niemand hat mehr Respekt für Frauen als ich.“ Nichtsdestotrotz beginnt er, sein Gegenüber als „diese Person“ zu titulieren. Als Clinton Trumps Finanzpläne auseinandernimmt, rutscht ihm sogar ein „So eine garstige Frau!“ heraus („such a nasty woman!“).
Keine Frage, Clinton provoziert diese Entgleisungen mit gezielten Nadelstichen. Ein US-Präsident muss aber beim Charaktertest auch unter Druck funktionieren, und Trumps Temperament ist Hauptthema dieses Wahlkampfs. Je mehr er sich angegriffen fühlt, desto mehr vergisst er seinen eigenen Text. Unter Stress wird aus vermeintlich differenzierter Kritik eine Beleidigung der Geheimdienste, des Militärs und überhaupt sämtlicher Entscheidungsträger bis zur Konservativen-Ikone Ronald Reagan. Clinton muss nicht viel tun, um das Bild eines Größenwahnsinnigen zu entlarven, der glaubt, er allein könne die Lage richten: Trump selbst hat das bei seiner Nominierung gesagt.
Trump wolle sich überlegen, ob er das Wahlergebnis anerkannt
Clinton gerät durchaus auch unter Druck, etwa bei den Themen Außenpolitik, Handel oder ihrem Umgang mit sexuellen Anschuldigungen gegen ihren eigenen Mann. Sie zeigt aber, wie man solche Phasen rhetorisch routiniert überbrückt, während Trump zu sehr mit sich beschäftigt ist, um die Löcher in ihrer Verteidigung zu bemerken.
Stattdessen vertieft er sich noch tiefer in Verschwörungstheorien, die selbst seine Parteikollegen entschieden zurückweisen: Die Wahl sei zugunsten Clintons manipuliert, raunt Trump seit Wochen. Ein solches Unterfangen wäre im dezentralisierten US-Wahlsystem extrem schwierig, es gibt keinerlei Anzeichen dafür.
Doch Trump legt nach: Selbst die aktuelle Militärkampagne gegen den Islamischen Staat im irakischen Mossul finde nur statt, um Clinton in ein günstiges Licht zu rücken, behauptet er. Dann versetzt er sich den entscheidenden Schlag selbst: Nein, er könne nicht versprechen, das Resultat der Präsidentschaftswahl anzuerkennen – das wolle er sich dann überlegen.
Das war am Ende nicht nur deshalb absurd, weil Trumps Vizekandidat, seine Kampagnensprecherin und die eigene Tochter Ivanka noch kurz zuvor versichert hatten, man werde das Ergebnis selbstverständlich akzeptieren. In einem Land, das sich als größte Demokratie der Erde begreift, tat Trump sich auch bei den meisten Wählern keinen Gefallen. Clinton hatte einen guten Abend, sie präsentierte sich als parteiübergreifende Stimme der Vernunft und gewann die Blitzumfragen im Anschluss. Aber das spielte so wenig eine Rolle wie Trumps bessere Phasen: Sein Angriff auf die Grundregel des Systems verdrängte alles aus den Schlagzeilen, was diesen Abend sonst noch geschah. Das könnte den Wahlkampf besiegeln.
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