Varoufakis hat sich verzockt: Wird er von Tsipras entmachtet?
Bei den EU-Partnern hat Gianis Varoufakis mit seinen ständigen Provokationen jeden Kredit verspielt. Nun betreibt sein eigener Chef die Entmachtung des umstrittenen Finanzministers.
Das Gezerre um Griechenland wird immer hektischer. Nach dem heftigen Streit, den sich Finanzminister Gianis Varoufakis am Wochenende mit seinen europäischen Kolleginnen und Kollegen bei einer Klausurtagung in Riga geliefert hatte, verdichteten sich am Montag die Anzeichen für eine baldige Ablösung des umstrittenen Politikers. „Der Mann tut uns nicht mehr gut“, heißt es sogar aus Kreisen der griechischen Verhandlungsdelegation, die gestern in Brüssel zur nächsten Gesprächsrunde eintraf.
Regierungschef Tsipras entmachtet Finanzminister Varoufakis
Ministerpräsident Alexis Tsipras zog bereits erste personelle Konsequenzen, die durchaus als Zeichen für eine schleichende Entmachtung seines Finanzministers gewertet werden können. So wurde der Varoufakis-Vertraute Nikos Theocharakis als bisheriger Chefunterhändler für die Gespräche mit den Geldgebern durch den erfahrenen früheren Delegationsleiter Giorgos Chouliarakis ersetzt.
Und das ist noch nicht alles: In einer Arbeitsgruppe, die sich künftig um die Gespräche mit den Gläubigern kümmern wird, ist Varoufakis nur einfaches Mitglied. Chef der Gruppe wird der stellvertretende Außenminister Euclid Tsakalotos. Und der ist – wie Varoufakis – Wirtschaftsprofessor. Ist die ökonomische Expertise des Finanzministers also gar nicht mehr gefragt? Fakt ist: Seine Bilanz fällt bescheiden aus. Richtig vorangekommen ist Athen nicht. Doch die Zeit drängt. „Ein rascher Fortschritt ist nötig“, bekräftigte eine Sprecherin der Europäischen Kommission.
Zwar bemühte sich gestern Griechenlands Staatspräsident Prokopis Pavlopoulos, die Bedenken der Geldgeber zu zerstreuen. Er sagte die Rückzahlung aller Kredite zu. Und auch an der Mitgliedschaft seines Landes im Euro gebe es keine Zweifel. Doch genau die werden immer größer.
Griechenland muss für Treffen der Euro-Finanzminister vorbereitet sein
Bis zur nächsten Sitzung der Euro-Finanzminister am 11. Mai müssen die Vereinbarungen mit Griechenland stehen, Details sollen dann bis Juni ausgehandelt werden. Bis dahin könnten die Griechen noch durch kurzfristige „Maßnahmen“ durchhalten, heißt es in Brüssel. Auch wenn Vizekommissionspräsident Valdis Dombrovskis schon am Wochenende angekündigt hatte, die Lage sei „dramatisch“. Man werde die Prognose für Griechenland senken. „Im Winter haben wir 2,5 Prozent Wachstum erwartet. Unsere Frühjahrsprognose wird pessimistischer ausfallen.“
Tatsächlich hatte die Kommission noch vor dem Regierungswechsel zuversichtlich geklungen, sogar den Abbau des Schuldenberges auf „nur“ noch 158 Prozent der Jahreswirtschaftsleistung (derzeit 177 Prozent) für 2016 vorausgesagt. Von diesem Optimismus ist nicht mehr viel übrig.
Am späten Freitagabend musste Premier Tsipras das Parlament dazu bewegen, die staatlichen Betriebe und Einrichtungen zu zwingen, ihre Guthaben der Regierung zur Verfügung zu stellen. 7,1 Milliarden Euro stehen Athen eigentlich noch aus diversen Töpfen des Euro-Raums und der Europäischen Zentralbank zu. Voraussetzung ist die berühmt-berüchtigte Liste mit Reformversprechen, die Finanzminister Varoufakis mal verspricht und dann wieder auf die lange Bank schiebt.
Längst werden in der Währungsunion die Rufe nach einer alternativen Lösung lauter: Kompromiss? Staatspleite? Austritt aus dem Euro? Als der tschechische Finanzminister Duan Mramor einen „Plan B“ ankündigte, machten die Kollegen schnell einen Rückzieher. Nein, ein Notfallplan existiere nicht. Doch die Zahl derer, die in Brüssel an Wunder glauben, wird immer kleiner.
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