Venezuela am Abgrund
Präsident Maduro setzt auf Milizen
Bei einer Massendemonstration gegen eine drohende Diktatur in Venezuela ist es in der Hauptstadt Caracas zu schweren Ausschreitungen mit mindestens einem Toten gekommen. Ein Demonstrant wurde am Mittwoch von einem Schuss in den Kopf getroffen und kam schwer verletzt in ein Krankenhaus. Dort starb der 17-Jährige, der Wirtschaftswissenschaften in Caracas studierte. Die Opposition machte Motorrad-Milizen der Sozialisten für den Angriff verantwortlich. Viele Zufahrtsstraßen nach Caracas und Metrostationen waren geschlossen, um eine Anreise zu der Oppositions-Demonstration zu erschweren. Bei einer Gegendemonstration marschierten zehntausende Anhänger der Sozialisten.
Seit Ausbruch der Unruhen Anfang April kamen sieben Menschen ums Leben. Schlägerbanden auf Motorrädern versuchen immer wieder, die Aufmärsche der Opposition zu stören, und scheuen nicht vor dem Einsatz von Schusswaffen zurück.
Die Opposition fordert Neuwahlen und macht Präsident Nicolás Maduro für die schwere politische und ökonomische Krise in dem Land mit den größten Ölreserven der Welt verantwortlich. Auslöser der seit Anfang April andauernden Proteste war die zeitweise Entmachtung des Parlaments.
Präsident Maduro will als Antwort auf die angespannte Lage alle 500000 Mitglieder der Nationalen Miliz mit Gewehren ausrüsten. Die Reservistentruppe war nach dem Putschversuch 2002 gegen den damaligen Staatschef Hugo Chávez aufgestellt worden. Oppositionsführer Henrique Capriles sagte, das Land brauche nicht mehr Waffen, sondern Lebensmittel und Medikamente.
Wegen der Krise und der zunehmenden Gewalt hatten zuletzt tausende Menschen das Land verlassen und flüchteten vor allem in das Nachbarland Brasilien. Venezuela steht nach 17 Jahren sozialistischer Regierung vor dem Bankrott und muss fast monatlich mehrere Milliarden Euro an Auslandskrediten bedienen. Deshalb und wegen der hohen Inflation können kaum noch Lebensmittel und Medikamente importiert werden, die in Euro oder Dollar zu bezahlen sind. Der Internationale Währungsfonds (IWF) rechnet damit, dass die Wirtschaftsleistung 2017 um 7,4 Prozent schrumpft. Die Inflationsrate könnte bei 720 Prozent liegen. Für das kommende Jahr rechnet der IWF sogar mit einer Teuerungsrate von rund 2000 Prozent. Dadurch wird es für die Bürger immer schwieriger, an bezahlbare Lebensmittel zu kommen. (dpa)
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