Vorsitz Deutschland - Berlin strebt an Spitze des Menschenrechtsrats
Deutschland will zum ersten Mal den Vorsitz im Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen übernehmen. Am Mittwoch dürfte die Entscheidung fallen. Die Chancen stehen gut. Aber dann?
Mit den Menschenrechten ist das ja immer so eine Sache: Wer laut darüber redet, gehört nicht unbedingt zu den Leuten, die sich auch daran halten. Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen ist eines der besten Beispiele dafür. Unter den 47 Mitgliedern sind auch eine ganze Menge Staaten, die selbst immer wieder in der Kritik stehen. Nur einige davon, in streng alphabetischer Reihenfolge: China, Katar, Russland oder Saudi-Arabien.
Deutschland ist in dem Gremium seit dem vergangenen Jahr auch wieder dabei. Jetzt will die Bundesregierung ganz nach oben. An diesem Mittwoch dürfte sich in Genf entscheiden, ob Deutschland mit Botschafter Joachim Rücker am 1. Januar 2015 zum ersten Mal den prestigeträchtigen Vorsitz übernimmt. Die Aussichten sind bestens - was aber nicht heißt, dass das auch eine lohnende Aufgabe wird.
Deutschland hat gute Chancen den Vorsitz des Menschenrechtsrats zu übernehmen
Das Gremium wurde 2006 gegründet, als Nachfolger der UN-Menschenrechtskommission, wo es im Lauf der Zeit einfach zu oft zu Eklats kam. Inzwischen hat es aber ebenfalls an Ansehen verloren. Human Rights Watch sprach wegen der aktuellen Besetzung des Gremiums von einer "Farce". Die UN-kritische Organisation UN Watch urteilte: "Das ist, als würde man einen Brandstifter zum Chef der Feuerwehr machen." Hinzu kommt, dass das Gremium im Unterschied zum UN-Sicherheitsrat keinerlei Sanktionen verhängen kann.
Manches lässt sich in der Tat nur schwer vermitteln - wie zum Beispiel, dass ausgerechnet Saudi-Arabien, ein zuverlässiger Unterstützer der ägyptischen Militärs, für die Aufklärung eines Massakers 2013 mit Hunderten Toten in Kairo zuständig wurde. Solche Fälle gab es des öfteren. Allerdings hatte bislang auch niemand eine gute Idee, wie man von den 193 UN-Mitgliedsländern welche außen vor halten könnte.
Bundespräsident Joachim Gauck redete dem Rat bei einem Besuch vergangenes Jahr ins Gewissen: "Sprechen Sie Menschenrechtsverletzungen offen und ohne falsche Rücksichten an - auch wenn das manchmal bedeutet, Nachbarn und Freunde zu kritisieren. Alle Mitglieder sollten hier mit gutem Beispiel vorangehen."
Die Glaubwürdigkeit des Menschenrates ist jedoch umstritten
Umstritten ist auch, wie der Menschenrechtsrat mit Israel umgeht. Der Judenstaat wird wegen seines Umgangs mit den Palästinensern regelmäßig an den Pranger gestellt. In jeder Sitzung, als Tagesordnungspunkt sieben, gibt es dazu eine Debatte. Kein anderes Land der Welt wird so behandelt. Dies trug dazu bei, dass Israel so oft verurteilt wurde wie niemand sonst. Vermutlich wird sich auf absehbare Zeit daran auch nichts ändern - auch unter deutschem Vorsitz nicht.
Der Spitzenposten wechselt jedes Jahr zwischen fünf Ländergruppen. Derzeit ist Afrika mit Ghana an der Reihe, im nächsten Jahr stellt dann die "Westliche Gruppe" den Vorsitz. An diesem Mittwoch entscheidet sie, wer auf den Schild gehoben wird. Deutschlands Botschafter Rücker ist der einzige Bewerber. Perfekt gemacht würde der deutsche Vorsitz dann am 8. Dezember durch die große Runde aller 47 - nicht in geheimer Wahl, sondern per Akklamation. Ein offizielles Arbeitsprogramm gibt es bislang nicht.
Menschenrechtler nennen als wichtigstes Ziel, Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen - auch wenn die Hoffnungen nicht allzu groß sind. Die Generalsekretärin der deutschen Sektion von Amnesty International, Selmin Caliskan, meinte am Dienstag: "Der Menschenrechtsrat war in jüngster Zeit immer wieder mit einer Vielzahl von Aufgaben und Erwartungen konfrontiert, die kaum noch zu erfüllen sind." dpa
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