Wähler im Iran stimmen über künftigen Präsidenten ab
Seit Freitagmorgen läuft die Wahl des iranischen Präsidenten. Wird der moderate Amtsinhaber Hassan Ruhani gewinnen oder setzt sich der Konservative Ebrahim Raisi durch?
Im Iran hat am Freitagmorgen die Wahl des nächsten Präsidenten begonnen. Der moderate Amtsinhaber Hassan Ruhani bewirbt sich um eine zweite Amtszeit. Er will seinen Kurs der Öffnung und Entspannung fortsetzen. Ruhanis Herausforderer Ebrahim Raisi gilt als Kandidat des erzkonservativen Klerus und präsentiert sich dagegen als Verteidiger der Armen und Arbeitslosen und wirbt für eine "Widerstandswirtschaft" und eine "Diplomatie der Stärke". Den anderen beiden Bewerben werden keine Chancen eingeräumt.
Die Wahllokale öffneten am Freitagmorgen um 5.30 Uhr unserer Zeit und sollen zehn Stunden später schließen. Allerdings werden im Iran die Öffnungszeiten häufig verlängert, um eine höhere Wahlbeteiligung zu erreichen. Voraussichtlich können Wähler noch bis Mitternacht der Ortszeit abstimmen, nach unserer Zeit ist das 21.30 Uhr. Mit ersten Ergebnissen wird nicht vor Samstag gerechnet. Erhält kein Kandidat bei der ersten Wahlrunde mehr als 50 Prozent, findet am 26. Mai eine Stichwahl statt.
Welchen Kurs bevorzugen die Menschen im Iran?
Zur Wahl aufgerufen sind mehr als 56 Millionen Iraner. Das Wahlergebnis wird zeigen, welchen Kurs die Menschen in dem arabischen Land bevorzugen. Ruhani ist Favorit, aber Raisi genießt die Unterstützung des Klerus sowie der staatlichen Medien.
Wichtigster Erfolg Ruhanis ist das internationale Atomabkommen. Als Folge dieser Vereinbarung wurden im Januar 2016 die Sanktionen aufgehoben, die im jahrelangen Streit um das iranische Nuklearprogramm verhängt worden waren. Raisi stellt zwar das Abkommen selbst nicht in Frage, da es die Billigung des geistlichen Oberhaupts Ayatollah Ali Chamenei hat. Doch wirft er Ruhani vor, zu wenig daraus gemacht zu haben.
Präsident Hassan Ruhani warnt vor seinem Gegenkandidaten
Neben Ruhani und Raisi tritt der Reformer Mostafa Haschemitaba an, doch rief er inzwischen selbst zur Wahl Ruhanis auf. Andere Kandidaten zogen sich im Vorfeld zurück und empfahlen ebenenfalls, Raisi oder Ruhani zu wählen auf. Der umstrittene frühere Präsident Mahmud Ahmadinedschad war wie hunderte andere Bewerber vom Wächterrat nicht zur Wahl zugelassen worden.
Der 68-jährige Ruhani bat im Wahlkampf die Iraner um mehr Zeit, um den Nutzen aus dem Atomabkommen und der Aufhebung der Sanktionen zu ziehen. Zudem versprach er eine Stärkung der Bürgerrechte und eine Lockerung der gesellschaftlichen Restriktionen. Sein konservativer Gegner stehe für eine "Logik des Verbots", warnte Ruhani, und er verstehe nichts von den Feinheiten der Diplomatie.
Ebrahim Raisi machte Karriere in der Justiz und in einer religiösen Stiftung
Der 56-jährige Geistliche Raisi, der eine lange Karriere in der Justiz hinter sich hat und seit vergangenem Jahr eine einflussreiche religiöse Stiftung in Maschhad leitet, warf dem Amtsinhaber vor, eine Politik für die Reichen zu machen. Er versprach, sich mehr um die Arbeitslosen zu kümmern und mit einem härteren Kurs gegenüber dem Westen "den Scheck" des Atomabkommens einzulösen.
Der Präsident hat im Iran als Chef der Exekutive eine wichtige Rolle in der Politik, doch liegt in vielen Fragen das letzte Wort beim geistlichen Oberhaupt Chamenei. Ruhani hatte die Wahl 2013 mit 50,7 Prozent gewonnen. Vier Jahre zuvor hatte die Wiederwahl des Hardliners Ahmadinedschad zu massiven Protesten der Reformer geführt, die ihm eine Manipulation des Urnengangs vorwarfen. Die Iraner wählen am Freitag auch die Stadt- und Gemeinderäte, wobei die Reformer besonders auf einen Sieg über die Konservativen in Teheran hoffen. AZ/AFP/dpa
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