„Weckruf 2015“: Wie Bernd Lucke die AfD retten will
AfD-Chef Bernd Lucke versichert, dass er seine Partei nicht spalten wolle. Doch mit der Gründung des Vereins „Weckruf 2015“ werden die Gräben nur noch tiefer.
Im Zeitalter des Internets bleibt nichts geheim. Und über die sozialen Netzwerke erreichen Botschaften in Sekundenschnelle ein breites Publikum, das seinerseits unverzüglich darauf reagieren kann. So schlug am Sonntag der nordrhein-westfälische AfD-Chef und Europa-Abgeordnete Marcus Pretzell, Intimfeind von Bernd Lucke und enger Vertrauter der Co-Vorsitzenden Frauke Petry, Alarm.
Über Facebook verbreitete er das Gerücht, dass Lucke die AfD spalten wolle. Denn die schleswig-holsteinische AfD-Landeschefin und Europaabgeordnete Ulrike Trebesius, die ihrerseits als Vertraute Luckes gilt, habe schon vor einer Woche die Internetadresse „www.weckruf2015.de“ angemeldet. Dabei handele es sich, so Pretzell, um die Adresse „für die offenbar beabsichtigte Neugründung einer Partei“.
Damit stand der Vorwurf im Raum: Lucke, schon seit längerem unzufrieden über die Entwicklung der „Alternative für Deutschland“, setze sich von seiner Partei ab und strebe einen Neuanfang an.
Alles ein Versuch, die AfD zu retten?
Doch bei einer Pressekonferenz in der Parlamentarischen Gesellschaft in Straßburg wies Lucke am Dienstag diesen Vorwurf seiner innerparteilichen Gegner entschieden zurück. Er plane weder die Gründung einer neuen Partei noch rufe er zum Massenaustritt aus der AfD auf, erst recht wolle er die Partei nicht spalten. Im Gegenteil. Seine Initiative „Weckruf 2015“ sei einzig und allein „der Versuch, die AfD zu retten“ und sie vor einer Spaltung zu bewahren. Seine Anhänger wolle er in einem Verein innerhalb der AfD um sich scharen. Ihm gehe es darum, eine Diskussion über die grundsätzliche Ausrichtung der Partei einzuleiten, in der sich die eher wirtschaftsliberalen und die nationalkonservativen, rechtspopulistischen Kräfte unversöhnlich gegenüberstehen. Die AfD müsse das bleiben, was sie sei – „eine Partei aus der Mitte der Gesellschaft“.
Offen benannte Lucke die Probleme. Die AfD sei „gefährdet durch Ausfransungen an den Rändern“, sie dürfe daher nicht noch weiter nach rechts abdriften. Es bestehe die Gefahr, durch einen „falschen Zungenschlag“ viele Mitglieder zu verlieren. „Wir sind keine Protest- und Wutbürger-Partei. Dies ist nicht die Partei, die wir gegründet haben“, sagte Lucke. Der Dissens habe auch viel mit politischem Stil zu tun, es werde in den eigenen Reihen zu viel gepöbelt und polarisiert, es gebe feindliche E-Mails und wüste Beschimpfungen, man wolle eine Partei „ohne Karrieristen, Intriganten und Vertreter der Neuen Rechten“.
Lucke drohte mit Konsequenzen
Eindringlich appellierte Lucke an die eher moderaten und liberalen Mitglieder, die im innerparteilichen Machtkampf zu unterliegen drohen, nicht „tröpfchenweise und unbemerkt die AfD zu verlassen“, sondern sich seiner Initiative anzuschließen, „damit wir gemeinsam, überlegt und koordiniert handeln können“. Dennoch schloss Lucke indirekt einen Austritt aus der AfD nicht aus und drohte mit Konsequenzen, sollte er sich mit seiner Position nicht durchsetzen: „Vor einer Entscheidung sollten wir abwarten, welche Weichen auf dem Bundesparteitag am 13. Juni gestellt werden.“
Lucke lud auch seine Gegenspielerin Frauke Petry ein, sich dem „Weckruf“ anzuschließen. „Es wäre auch für sie ein Problem, wenn die Partei destabilisiert würde.“ Doch diese konterte kühl, Luckes „Weckruf“ sei nicht geeignet, die widerstrebenden Flügel zu vereinen, zudem verunsichere er die Mitglieder. Ob die Gründung eines eigenen Vereins mit den Statuten der AfD überhaupt vereinbar sei, müsse jetzt juristisch geprüft werden. Petry begrüßte zwar das Angebot Luckes zu Konsensgesprächen, stellte aber dessen Einigungswillen infrage. Eine Kampfkandidatur gegen Lucke bei der Wahl der neuen Parteiführung im Juni schloss sie nicht ausdrücklich aus.
Der AfD-Landesvorstand in Mecklenburg-Vorpommern rief seine Mitglieder auf, sich der Initiative Luckes nicht anzuschließen. In einem Schreiben des Vorstandes hieß es, die geplante „Säuberung“ der Partei von vermeintlich rechtsradikalen Elementen erinnere an DDR-Zeiten.
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