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Aus dem Archiv
23.11.2020

Welche Spuren die Geschwister Scholl hinterlassen haben

Weiße Rosen zieren die Gedenktafel mit den Fotos von Hans und Sophie Scholl in der Ulmer Olgastraße. Hier lebte die Familie sechs Jahre.
Foto: Alexander Kaya

1943 wurden die Mitglieder der NS-Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ hingerichtet. Warum sich nach dem Krieg viele Ulmer lange Zeit mit ihnen schwer getan haben.

Ein Druck auf einen Schalter – Orgelmusik erklingt. Und hinter der Glasscheibe in der Holztür geht Licht an. Ein unscheinbarer weißer Tisch mit einer Olympia-Schreibmaschine, dahinter in Papier verpackte Bündel. Dort, versteckt in der Pfeifenkammer unter der Orgel der Ulmer Martin-Luther-Kirche, saßen im Januar 1943 die beiden Abiturienten Hans Hirzel und Franz-Josef Müller nächtelang zusammen, kuvertierten und beschrifteten. Der verborgene Ort war überlebenswichtig: Denn die Briefe, die sie versandfertig machten, enthielten das fünfte, schärfste Flugblatt der „Weißen Rose“, verfasst von Hans Scholl unter dem Eindruck der Niederlage von Stalingrad, von Sophie Scholl im Rucksack nach Ulm gebracht. Hirzel und Müller gehörten zum Ulmer Unterstützerkreis der Widerstandsgruppe und gingen dafür später ins Gefängnis. Hans und Sophie Scholl bezahlten ihren Kampf mit dem Leben. Sie wurden, wie ihr Mitstreiter Christoph Probst, am 22. Februar 1943 hingerichtet.

Aber was heißt hingerichtet? Ermordet wäre das richtige Wort. Die NS-Justiz hatte kurzen Prozess gemacht, wohl auch, um Nachahmer durch ein brutales Strafverfahren abzuschrecken. Lächerliche dreieinhalb Stunden dauerte das Schauverfahren. Dafür war eigens der berüchtigte Präsident des Volksgerichtshofs, Roland Freisler, nach München gekommen. Das Urteil lautete: Tod durch Enthauptung. Zu vollstrecken noch am selben Tag im Gefängnis in Stadelheim.

„Freiheit“ hatte Sophie Scholl auf die Rückseite ihrer Anklageschrift geschrieben. „Freiheit“ stand auch auf den Flugblättern, die sie mit ihrem Bruder Hans und anderen Mitstreitern gegen die Diktatur von Adolf Hitler verteilt hatte. Das sechste wurde ihnen zum Verhängnis. An einem Donnerstagmorgen betraten Hans und Sophie mit einem Koffer in der Hand die Münchner Universität, an der er Medizin und sie Biologie und Philosophie studierte. „Im Namen des ganzen deutschen Volkes fordern wir vom Staat Adolf Hitlers die persönliche Freiheit, das kostbarste Gut der Deutschen, zurück“, hieß es auf den Blättern, die in dem Koffer steckten.

Hausmeister Jakob Schmid beobachtete, wie die Geschwister die Flugblätter von der Balustrade des Lichthofes im Foyer der Universität fallen ließen, und lieferte sie der Gestapo aus. Hans und Sophie Scholl waren 24 und 21 Jahre alt. Am 18. Februar 1943 war ihr Schicksal besiegelt. Es war zugleich der Anfang vom Ende der „Weißen Rose“.

Was die Volkshochschule mit den Scholls zu tun hat

Die Pfeifenkammer und das zu ihr führende Treppenhaus, die von April bis Oktober täglich besichtigt werden können, sind der einzig erhaltene Erinnerungsort an die „Weiße Rose“ in Ulm. Das liegt vor allem daran, dass die Gruppe in erster Linie in München operierte. Und doch ist ihre Geschichte und die der Geschwister Scholl heute vielfach in der Stadt präsent. Der Platz zwischen Rathaus, Sparkasse und Kunsthalle Weishaupt in der Neuen Mitte heißt seit 2006 Hans-und-Sophie-Scholl-Platz. An einem Haus in der Olgastraße, das die Familie sechs Jahre bewohnte, hängt eine Gedenktafel. Im Gebäude der Volkshochschule erinnert die „DenkStätte Weiße Rose“ an die Scholls und 22 weitere Jugendliche, die sich im Nationalsozialismus gegen das System wandten.

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Diese Tafel steht auf dem Hans-und-Sophie-Scholl-Platz vor dem Ulmer Rathaus.
Foto: Alexander Kaya

Doch die Spuren der Scholls sind tiefer, wenn auch erst auf den zweiten Blick. Die Existenz der Ulmer Volkshochschule hängt direkt mit dem Gedenken an Hans und Sophie Scholl zusammen. Denn mitgegründet wurde die Einrichtung von deren älterer Schwester Inge Aicher-Scholl am 24. April 1946 – ein Jahr nach der Befreiung der Stadt. Dort sollten, so der Gedanke, die Bürger „im Geiste der Gemordeten“ zum aktiven Mitgestalten der Gesellschaft ermuntert und erzogen werden. Eine ähnliche Idee, allerdings bezogen auf Design, stand hinter der Hochschule für Gestaltung, die Aicher-Scholl 1953 zusammen mit ihrem Mann Otl Aicher und dem Schweizer Architekten und Künstler Max Bill aus der Taufe hob. Der Name Scholl öffnete damals Türen, zumal bei den Alliierten, ohne deren Unterstützung aus dem – 1968 schon wieder gescheiterten – Projekt wohl nichts geworden wäre.

Dennoch taten sich die Ulmer Bürger lange schwer mit der Erinnerung an die „Weiße Rose“. Was zumindest in der unmittelbaren Nachkriegszeit nicht wirklich erstaunlich war. Denn in der Zeit, als Hans und Sophie Scholl verhaftet und hingerichtet worden waren, hatte die NS-Presse in Ulm eine groß angelegte Hetzkampagne veranstaltet. Die Familie, die 1932 mit fünf Kindern von Ludwigsburg nach Ulm gezogen war, musste aus ihrer Wohnung ausziehen. Vater Robert, ein Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, bekam ein Berufsverbot auferlegt und musste seine Kanzlei aufgeben. Im Mai 1943 kam er in Haft. Eine Mitarbeiterin seines Büros hatte ihn wegen regimekritischer Äußerungen denunziert.

Der Vater war kurze Zeit Oberbürgermeister

1944 wurde Robert Scholl aus dem Konzentrationslager Kislau in Baden entlassen, nach dem Kriegsende im Jahr darauf ernannten ihn die amerikanischen Besatzer zum Oberbürgermeister von Ulm. Gewählt wurde Robert Scholl nicht. Auf einmal sollten die, die eben noch Feinde und Volksverräter waren, als Vorbilder dienen? „Man muss sich diese Situation vor Augen führen“, sagt Nicola Wenge. Die Historikerin leitet das Dokumentationszentrum Oberer Kuhberg in Ulm, das das Gedenken an das dortige KZ aufrechterhält und Bildungsprojekte anbietet.

Verstanden hatten die meisten Ulmer den Widerstand von Hans und Sophie ohnehin nicht. Denn die Geschwister waren zunächst begeisterte Mitglieder der Nazi-Jugendorganisationen gewesen. Er gehörte der Hitlerjugend an, sie dem Bund Deutscher Mädel. Beide drängten andere Jugendliche aus Ulm dazu, ebenfalls beizutreten. Dass sie sich dann vom NS-Gedankengut entfremdeten, bekamen nur ein paar enge Freunde mit. Aus der damaligen Sicht vieler Ulmer schien die Vorbildrolle von Hans und Sophie Scholl also doppelt unverständlich. Eben noch Volksverräter, davor überzeugte Jung-Nazis.

Sophie Scholl kämpfte gegen die nationalsozialistische Diktatur und bezahlte dafür mit ihrem Leben.
Foto: dpa

Dass das Verhältnis der Bürger zur „Weißen Rose“ gespalten blieb, lag auch an denen, die zwischen 1933 und 1945 an der Macht gewesen waren. Sie lebten auch nach dem Krieg noch in Ulm. Manche prägten die Stadtgesellschaft weiterhin. Theodor Pfizer, Robert Scholls Nachfolger als Rathauschef, ließ sich dann von Inge Aicher-Scholl überzeugen. Sie setzte sich für das Gedenken an ihre ermordeten Geschwister ein und für Bildung und Aufklärung in der Stadt. Als diese den Geschwistern zehn Jahre nach deren Hinrichtung gedachte, betonte der Oberbürgermeister in seiner Ansprache: Von einem Hochverrat der Scholls solle in Ulm nicht gesprochen werden.

Doch das Verhältnis blieb schwierig. Der Vorschlag, die Schule neben der Martin-Luther-Kirche nach Sophie zu benennen, scheiterte. Lehrer und Eltern waren dagegen, auch fast 20 Jahre später noch. Dann war es wieder Pfizer, der sich entschied, ein Gymnasium nach den Geschwistern zu taufen. Wieder gegen den Willen von Eltern und Lehrern, dafür nach dem Wunsch der Schüler. Es ist auch der Wechsel der Generationen, der die Ulmer stolz werden ließ auf die beiden Mitglieder der „Weißen Rose“.

Heute jedenfalls ist von Vorbehalten nichts mehr zu spüren. Stattdessen ist das Interesse am Erbe der „Weißen Rose“ in Ulm groß wie nie zuvor, sagt Pfarrer Volker Bleil von der Martin-Luther-Kirche, auf dessen Betreiben die Erinnerungsstätte im Treppenhaus eingerichtet wurde. Besonders freut ihn, dass die Botschaft bei jungen Besuchern auf fruchtbaren Boden fällt. Die Identifikation der heutigen Schüler mit den mutigen Schülern von damals „funktioniert ganz hervorragend“, sagt er. Sie könnten an diesem Ort lernen, dass sie wachsam sein müssen – und selbst als Jugendliche etwas bewegen können.

Auch Pfarrer Bleil hat die Arbeit in dieser Kirche mit der besonderen Geschichte geprägt. „Das Evangelium komplett unpolitisch zu predigen, das geht nicht.“ Er spielt damit auch auf den religiösen Hintergrund von Hans und Sophie Scholl an. Sich für eine gerechte Sache einzusetzen, hätten sie aus ihrem liberal-protestantischen Elternhaus mitbekommen, sagt der Theologe Robert Zoske, der gerade eine Biografie über Hans Scholl veröffentlicht hat.

Eine Schwester lebt noch. Sie ist fast 98 Jahre alt

Dessen letzte Worte vor dem Fallbeil waren: „Es lebe die Freiheit.“ Den Eltern war erst kurz davor ein Besuch bei ihren Kindern gewährt worden. Elisabeth, eine der Schwestern, erfuhr sogar erst einen Tag später aus der Zeitung von der Hinrichtung. Da saß sie in einem Café in Ingolstadt, wie sie vor einigen Jahren unserer Zeitung erzählte. „Ich bin bis abends nur planlos herumgeirrt“, sagte sie. 1945 heiratete sie Sophies Freund Fritz Hartnagel.

Mit Hans und Sophie Scholl starb an jenem Spätnachmittag auch ihr Freund und Mitstreiter Christoph Probst. Später im Jahr töteten die Nazis dann die „Weiße Rose“-Mitglieder Alexander Schmorell, Willi Graf und Professor Kurt Huber, den Verfasser des schicksalhaften sechsten Flugblatts.

Das Fallbeil, unter dem die Geschwister Scholl ihr Leben verloren, wurde 2014 durch einen Zufall im Depot des Bayerischen Nationalmuseums wiederentdeckt; es galt als verschollen. Und ihr Henker Johann Reichhart sollte nach dem Krieg in Landsberg am Lech im Auftrag der Amerikaner NS-Schergen hinrichten. Bis er entnervt seinen Beruf aufgab. (mit dpa und epd)

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