Wenn das "A" in AfD für "anders", "anti" und "abseits" steht
Die Partei, die den Dialog mit den anderen Parteien ablehnt, ist auch unfähig zum Dialog mit sich selber. Darum bricht auseinander, was nie zusammengehört hat.
Nun bricht schneller als erwartet auseinander, was noch nie zusammengehört hat – und auch nicht zusammenpasst. Für einen kurzen Moment schien es, als sei die AfD in der Lage, ihre innerparteilichen Konflikte und ihren programmatischen Richtungsstreit einvernehmlich lösen und sich als neue politische Kraft etablieren zu können. Auf dem Parteitag in Bremen Ende Januar setzten sich die gemäßigten Kräfte durch. Doch es war ein Sieg ohne Wert, ein Erfolg ohne Substanz, erst recht ohne Dauer. Denn Bremen befriedete die Partei nicht, sondern befeuerte die Konflikte, die nun geradezu eskalieren.
Jeder gegen jeden und alle gegen alle. Mit geradezu leidenschaftlicher Lust an der Selbstzerstörung bekriegen sich Liberale und Konservative, Westdeutsche und Ostdeutsche, Parteiführung und Basis. Die Partei, die den Dialog mit den anderen Parteien ablehnt, ist auch unfähig zum Dialog mit sich selber, erst recht zum Kompromiss. An der Spitze kämpfen Bernd Lucke und Frauke Petry offen um die alleinige Macht, in etlichen Landesverbänden drängt der rechtspopulistische Flügel die gemäßigten Kräfte aus der Partei, einige Länder haben sich bereits von Lucke losgesagt. Mit seinem „Weckruf 2015“, mit dem er die Kontrolle über die Partei wiedergewinnen wollte, hat der Wirtschaftsprofessor alles nur noch schlimmer gemacht. Zu dilettantisch war sein Vorgehen, zu naiv seine Vorstellung, er bräuchte nur mit einem Blatt Papier wedeln und schon würden ihm alle blind folgen.
Die AfD hat genug von Bernd Lucke
Im Gegenteil, die Partei hat genug von Bernd Lucke, seinen Alleingängen an der Spitze, seinem autoritären Führungsstil und seiner professoralen Abgehobenheit. Während Lucke glaubte, die Partei von oben auf Kurs – seinem Kurs – halten zu können, baute sich die deutlich kommunikativere Frauke Petry im Stillen ein Netzwerk von Verbündeten und Gleichgesinnten auf, schmiedete Bündnisse und sammelte Truppen. Möglich, dass Lucke die Frau aus dem Osten nicht ernst genug nahm und sie unterschätzte, weil sie sich lange seinem Machtanspruch unterordnete, den offenen Konflikt scheute und fügte. Doch damit ist nun Schluss. In Kassel will sie gegen die bisherige Nummer eins antreten.
Ohne Lucke aber würde die AfD zu einer völlig anderen Partei werden, rechter und radikaler, weniger bürgerlich, dafür rückwärtsgewandter, eben doch das, was sie unter Lucke nicht sein sollte, Partei der Zornigen, der Frustrierten und der Wutbürger, der Intoleranten und Rechthaber, die dem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat misstrauen, seine Repräsentanten verachten und die offene, plurale Gesellschaft ablehnen. Der Schwerpunkt der Partei würde sich nach Ostdeutschland verlagern, wo die Menschen nicht nur deutlich konservativer, nationalistischer sind als im Westen, sondern durch ihre DDR-Prägung auch die westlichen Errungenschaften wie offene Grenzen, die Anerkennung von Minderheitenrechten oder die Globalisierung teils offen, teils verdeckt ablehnen. Sie ätzen gegen die USA, gegen Europa, gegen Andersdenkende wie Andersaussehende und betrachten die Veränderung als Bedrohung.
Das A in der AfD stünde dann für „anders“, „anti“ und „abseits“ – eben doch anders als alle anderen und gegen alles, was eine offene, liberale Gesellschaft ausmacht. Als reine Außenseiterpartei, die damit kokettiert, das auszusprechen, was angeblich zu sagen verboten ist, mag sie eine gewisse Chance haben, und doch stellt sie sich ins Abseits. Denn unfähig zum Dialog und zum Kompromiss ist sie alles, nur nicht das, was sie in ihrem Namen vorgibt zu sein – eine echte Alternative für Deutschland.
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