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Frankreich
17.12.2018

Wie Emmanuel Macron vom Hoffnungsträger zum Feindbild wurde

Hat die Erwartungen vieler Franzosen enttäuscht: Präsident Emmanuel Macron.
Foto: Ian Langsdon, dpa (Archiv)

Die Wut der „Gelbwesten“ zeigt, wie sehr viele Franzosen Macron verabscheuen. Wie konnten sich Präsident und Volk so voneinander entfremden? Eine Spurensuche.

Emmanuel Macron wollte die Fensterscheibe seines Autos herunterlassen, um die Menge zu begrüßen. Ein paar nette Worte wechseln, wie er es so gerne tut bei Besuchen in der „Provinz“ fernab von Paris. Doch die Menge bejubelte den französischen Präsidenten nicht. Sie hieß ihn nicht einmal willkommen. „Rücktritt“, brüllten die Leute aus voller Kehle. Und: „Ihr seid alle verdorben!“ Schnell fuhr die Fensterscheibe wieder hoch und die Präsidentenlimousine weiter. Buhrufe hallten ihr hinterher.

Die Szene ereignete sich Anfang Dezember im ostfranzösischen Städtchen Puy-en-Velay. Macron besuchte dort eine Polizei-Dienststelle, die kurz zuvor bei einem Protesttag der „Gelbwesten“-Bewegung angezündet worden war. Es war einer dieser Termine, bei dem der Präsident eindrucksvoll vorgeführt bekam, wie heftig ihn viele Menschen gerade fernab der Metropolen ablehnen.

Die Zeiten scheinen vorbei, als der 40-jährige Staatschef wie im Sommer einem Schüler den Kopf waschen und ihn zu mehr Ehrfurcht auffordern konnte, weil der ihn bei einer historischen Gedenkfeier mit einem frechen „Wie geht’s, Manu?“ begrüßte. Heute begegnet Macron bei öffentlichen Auftritten und in den sozialen Netzwerken deutlich gröberen Respektlosigkeiten.

Mit den „Gelbwesten“ kam auch die Gewalt nach Frankreich

Das hat vor allem mit den „Gelbwesten“ zu tun, die seit genau einem Monat den Aufstand im Land proben. Jedes Wochenende sind seither zehntausende Unzufriedene auf die Straßen gegangen. Die Bewegung, so viel lässt sich sagen, hat zu einem Dammbruch der physischen und verbalen Gewalt geführt. Zwar hat sie entscheidend an Dynamik verloren, seit der Präsident vor einer Woche erste Zugeständnisse machte: Die geplante Ökosteuer auf Kraftstoff will er zurücknehmen, den Mindestlohn erhöhen und ärmere Rentner entlasten. Im ganzen Land demonstrieren am Samstag nur noch 66000 „Gelbwesten“. Am Wochenende zuvor waren es noch doppelt so viele, vor Wochen noch knapp 290.000 Protestierende. Zum Glück blieben dieses Mal die gefürchteten Krawalle aus. Doch das ändert nichts daran, dass weiter drei Viertel der Franzosen hinter den „Gelbwesten“ stehen.

Ein «Geldwesten»-Demonstrant mit einer Blume in der Hand vor Bereitschaftspolizisten. Um den Konflikt mit den «Gelbwesten» zu entschärfen, versprach Macron zu Wochenbeginn ein Paket mit Sofortmaßnahmen im Sozialbereich, darunter eine Erhöhung des Mindestlohns um monatlich 100 Euro.
Foto: Michel Euler, dpa

Dass der gelbe Aufstand an diesem Wochenende weniger lautstark ausfiel, hat auch mit dem Schock zu tun, unter dem Land nach wie vor steht. Wenige Tage nach dem Attentat von Straßburg mit vier Toten, einem Hirntoten und elf teilweise schwer Verletzten fühlt es sich für manche wohl falsch an, zur alten Wut zurückzukehren. Macron hatte an die „Gelbwesten“ appelliert, nicht zu demonstrieren.

Dieses Mal gibt es keine Buhrufe für Macron, sondern die Nationalhymne

Die Ereignisse von Straßburg, sie haben auch den Präsidenten mitgenommen. Es ist der erste größere Anschlag in seiner Amtszeit. Und er schafft es, in der Krise als Krisenmanager zu überzeugen. Am Freitag kommt er selbst nach Straßburg. Er gedenkt den Opfern des Anschlags, er legt eine weiße Rose an einer improvisierten Gedenkstätte ab. Er spricht mit Soldaten, die auf den mutmaßlichen Attentäter Chérif Chekatt geschossen haben. Er dankt den Helfern und Kräften, die nach dem Attentat im Einsatz waren. Und er sucht den Kontakt zu Bürgern, schüttelt Hände, sagt den Menschen tröstende Worte. Dieses Mal gibt es keine Buhrufe. Hunderte stimmen die Nationalhymne an, als Macron am Abend über den zentralen Kléber-Platz schreitet.

Einer der Termine, bei dem Emmanuel Macron keine Buhrufe zu hören bekommt: Am Freitag, drei Tage nach dem Terroranschlag von Straßburg, traf er dort Bürger auf dem Weihnachtsmarkt.
Foto: Jean-Francois Badias/AP/Pool/dpa

Auch wenn Macron zuletzt Vertrauen zurückgewinnen konnte – die Wut auf den Präsidenten ist noch immer da. Zuerst war es nur der Zorn über die steigenden Spritpreise im Land, der die „Gelbwesten“ auf die Straßen brachte. Aber bald sammelte sich in der Bewegung der Verdruss über generell zu hohe Lebenskosten, die Furcht vor sozialem Abstieg und die Wut der Landbevölkerung auf die politische Klasse in Paris. Und in erster Linie auf den Staatschef als Vertreter dieser abgehobenen Elite. „Der Anlasser der Bewegung waren die Steuern; der Motor war die Kaufkraft und das Gaspedal die Feindseligkeit gegenüber Emmanuel Macron“, fasst es der Meinungsforscher Bernard Sananès zusammen.

In nur anderthalb Jahren wurde der einstige Hoffnungsträger für viele zur Hassfigur. Seine Beliebtheitswerte, die zu Beginn seiner Amtszeit noch bei 40 Prozent lagen, stürzten auf 20 Prozent ab. Macron ist damit noch unbeliebter als seine beiden Vorgänger, François Hollande und Nicolas Sarkozy. Zwar ist es so, dass der Präsident mit seinen hohen Machtbefugnissen in Frankreich stets viel Kritik bekommt. Aber nun erfährt ausgerechnet Macron so harte Ablehnung, der andere immer mit seiner dynmischen-jugendlichen Art, mit seinen Charme-Offensiven für sich einzunehmen wusste. Der den Auftritt in der Menge genießt, bei denen er die Menschen herzt und küsst. Der, wie die Journalistin Anne Fulda in ihrer Macron-Biografie schreibt, „immer überzeugen, gefallen und jene ,umdrehen‘ wollte, die ihn eigentlich nicht mögen“. Nun aber gelingt ihm das nicht mehr. Und es bleibt die Frage: Wie konnten sich der Präsident und sein Volk derart voneinander entfremden?

Von der Macron-Euphorie, wie es sie in Deutschland gibt, ist in Frankreich nichts zu spüren

Eine erste Antwort lautet: Sie waren einander nie nah. Während Macron nach seiner Wahl im Mai 2017 im Ausland, gerade auch in Deutschland, von den Zeitungen als „Messias“ gefeiert wurde, blieb das Misstrauen in Frankreich groß. Dort heftete ihm das Bild eines arroganten Elitehochschul-Absolventen und reichen Ex-Investmentbankers an, der die alltäglichen Sorgen des Durchschnittsfranzosen kaum versteht. Hinzu kommt, dass Macron seinen Erfolg dem Versagen der Volksparteien verdankt: Die Sozialisten waren nach fünf Jahren unter Hollande am Boden, die Republikaner bezahlten für die Betrugsskandale ihres Kandidaten François Fillon. Die Rechtspopulistin Marine Le Pen schaffte zwar ein Rekordergebnis, aber ohne mehrheitsfähig zu sein. Es war Macrons Stunde. Und die einer neuen Art der politischen Repräsentation. Seine Bewegung „En marche“ befragte zehntausende Franzosen nach ihren Sorgen und Wünschen. Macron vermittelte Volksnähe und versprach Frankreich einen Neuanfang: Mit den alten Grabenkämpfen sei es vorbei, in seine Regierungsmannschaft kämen Persönlichkeiten verschiedener politischer Lager sowie aus der Zivilgesellschaft. Macron, der heute als Vertreter des Systems par excellence gilt, schaffte es, indem er sich außerhalb platzierte.

Seine Gegner verweisen gern darauf, dass Macron ohnehin keine Mehrheit geschafft hat – sondern nur 43,6 Prozent der Stimmen. Das war allerdings auch früher der Fall und liegt am französischen Wahlsystem mit zwei Urnengängen, wo letztlich die Stichwahl entscheidet. Die absolute Mehrheit seiner Partei „La République en marche“ bei der Parlamentswahl im Juni 2017 zeigt, dass die Wähler ihm eine Chance geben wollten. Doch Macron hat Fehler gemacht.

An diesem Wochenende gingen 66.000 „Gelbwesten“ in Frankreich auf die Straßen. Vor einem Monat waren es noch knapp 290.000.
Foto: Claude Paris, dpa

Statt das Amt als jüngster Staatschef seit Napoleon zu modernisieren, gab er sich monarchischen Allüren hin. Macron selbst hatte einst in einem Interview darüber philosophiert, dass die Franzosen dem König, dem sie einst den Kopf abhackten, nachtrauerten. Doch dann verstörte er selbst mit großem Zeremoniell: Seine salbungsvollen Reden, die Auftritte unter den Goldlüstern des Élysée-Palastes brachten ihm den Spitznamen „Jupiter“ ein.

Sein Regierungsstil tat ein Übriges. Hatte er vorher mehr bürgerliche Teilhabe und Arbeitsteilung innerhalb der Regierung versprochen, so entstand der Eindruck eines Alleinentscheiders, der nur auf seinen engsten Beraterzirkel hört. Seine Arbeitsmarktreform setzte Macron mit Dekreten durch, ohne das Parlament über Details verhandeln zu lassen. Ebenso kompromisslos ging er trotz massiver Proteste bei der Umsetzung der Bahnreform vor.

Politologe: Macron hat die sozialen Brüche im Land nicht gekittet, sondern vertieft

Indem Macron die Reichensteuer weitgehend abschaffte und zugleich die Wohnhilfe für sozial Schwache um fünf Euro pro Monat kürzte, brachte er die Linken gegen sich auf. Aber auch drei renommierte Ökonomen, auf die sein Wirtschaftsprogramm zurückgeht, forderten ihn in einem offenen Brief zu einer sozialeren Politik auf. Einer von ihnen ist Jean Pisani-Ferry. Er sagt, Macron verfolge nun den richtigen Ansatz, wenn er statt auf noch mehr Umverteilung auf höhere Chancengleichheit setze, indem er in Bildung investiere und die Qualität der beruflichen Ausbildung verbessere. Doch diese Philosophie habe er der Bevölkerung nie richtig erklärt: „So ist der Eindruck entstanden, der Präsident mache eine Politik für die Reichen.“ Der Politologe Jérôme Fourquet betont, Macron habe die seit Jahren wachsenden sozialen Brüche im Land nicht gekittet, sondern vertieft: „Unter ihm erreichte die Entkoppelung zwischen den Regierenden und den Franzosen ein nie dagewesenes Niveau.“

Ein Lächeln trotz der schwierigen Lage: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron vor seiner Fernsehansprache.
Foto: Ludovic Marin/AFP POOL, dpa

Eine Rolle spielt dabei Macrons Hang zu flapsig-unkontrollierten Sprüchen. Da war der Rat an einen arbeitslosen Gärtner, dieser brauche „nur über die Straße zu gehen“, um einen Job in der Gastronomie- oder Hotellerie-Branche zu finden. Oder dass er bei einer Rede in Kopenhagen über seine Landsleute spottete, sie seien „gegenüber dem Wandel widerspenstige Gallier“. Selbst Macrons einstiger Vertrauter der ersten Stunde, der inzwischen das Handtuch warf, warnte ihn öffentlich vor Überheblichkeit und „mangelnder Demut“.

Jetzt aber scheint die Botschaft angekommen zu sein. Bereits bei seiner Fernsehansprache vor einer Woche äußerte Macron Verständnis für die Wut der Bürger. Er gab sich zurückhaltend und ernst. Kurz vor Weihnachten kehrt nun etwas Ruhe im Land ein. Emmanuel Macron wird es kaum mehr gelingen, von den Franzosen geliebt zu werden. Doch dafür wurde er auch nicht gewählt. Sondern dafür, die wirtschaftliche und soziale Situation Frankreichs verbessern. Knapp dreieinhalb Jahre bleiben ihm dafür noch.

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17.12.2018

Ein kluger Artikel!
Letztlich zeigt sich wieder einmal: Über den Erfolg in einer Demokratie entscheidet das Zusammenspiel von inhaltlicher Ausrichtung, Stil und Kommunikation.
Ohne Akzeptanz in der Bevölkerung scheitert nicht selten selbst eine in der Sache richtige Politik.